Der weltgrößte Hedgefonds Bridgewater wettet Milliarden auf Kursverluste bei europäischen Großkonzernen. Seit Ende Januar hat der Investor Leerverkaufspositionen bei zahlreichen Dax-Konzernen aufgebaut, darunter Deutsche Bank, Allianz, BASF und Siemens, wie aus Veröffentlichungen im Bundesanzeiger hervorgeht. Die Wetten auf Kursverluste bei insgesamt 13 Dax-Konzernen beliefen sich zuletzt auf fast 6 Milliarden Euro.
Auch in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Spanien hat Bridgewater Milliarden auf sinkende Aktienkurse gesetzt. Der Gesamtumfang der Short-Wetten gegen Europas Unternehmen beträgt inzwischen rund 22 Milliarden Dollar, wie Medien am Donnerstag berichteten.
Bei Leerverkäufen leihen Investoren sich Aktien, um diese zu verkaufen. Dabei hoffen sie, die Papiere bis zum Ende der Ausleihfrist billiger zurückkaufen und die Differenz als Gewinn einstreichen zu können.
Die Konjunktur sei in der Spätphase des Aufschwungs, schrieb Bridgewater-Gründer Ray Dalio am Montag auf seiner Linked-In-Seite. „Wir wissen nicht genau, wie weit die Aktienmärkte und dann die Wirtschaft vom Gipfel entfernt sind, aber es ist klar, dass die Anleihenmärkte den Gipfel überschritten haben“, schrieb Dalio. „Ich sorge mich darum, wie der nächste Abschwung aussehen wird, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass er bald kommen wird.“
Dalio ist der Meinung, dass das Risiko einer Rezession in den nächsten 18 bis 24 Monaten deutlich steigen wird. „Wir befinden uns derzeit an der Stelle des Aktienmarkt-Zyklus, an der es schwierig ist, die richtigen geldpolitischen Entscheidungen zu treffen. Daher konzentriere sich Bridgewater auf einen langen Zeitraum, besonders im Hinblick auf die 2020 anstehenden Wahlen in den USA.“
Nach Dalios Meinung seien vor allem zwei Probleme eklatant: Zum einen sei dies die immer größer werdende Einkommensschere, die soziale und politische Risiken berge, und zum anderen verfügten die Zentralbanken über immer geringere Spielräume, wenn es darum gehe, die Auswirkungen einer nachlassenden Konjunktur abzufedern. Schließlich seien die Zinsen bereits sehr niedrig und die expansive Geldpolitik des so genannten Quantitative Easing (QE) habe sich als wenig wirksam erwiesen.
In Frankreich setzt Bridgewater unter anderem auf Kursverluste beim Ölkonzern Total, beim Lebensmittelkonzern Danone sowie den Großbanken BNP Paribas und Societe Generale. Insgesamt hält der Hedgefonds dort Leerverkaufspositionen im Wert von fast vier Milliarden Euro.
Vor den Wahlen in Italien am 4. März wettet Bridgewater insbesondere gegen italienische Finanzwerte. Hier hält der Hedgefonds Leerverkaufspositionen unter anderem bei Intesa Sanpaolo, Unicredit und Finecobank. In den Niederlanden setzt Bridgewater mehr als eine Milliarde Euro auf Kursverluste etwa bei der Großbank ING, bei der Supermarktkette Ahold und dem Chip-Ausrüster ASML. In Spanien sind unter anderem die Großbanken BBVA und Santander sowie der Telefonkonzern Iberdrola betroffen.
Allein beim Münchener Technologiekonzern Siemens hat Bridgewater aktuell rund 800 Millionen Euro im Feuer. Laut Bundesanzeiger hielt Bridgewater am Montag Leerverkaufs-Positionen im Volumen von 0,86 Prozent des Grundkapitals von Siemens. Bei der Deutschen Bank waren es 0,78 Prozent, bei der Allianz 0,87 Prozent, bei BASF 0,84 Prozent. In den anderen europäischen Ländern liegen die Leerverkaufspositionen von Bridgewater meist zwischen 0,5 und 0,8 Prozent.
Bridgewater Associates LP ist eine US-amerikanische Hedgefonds-Gesellschaft mit Sitz in Westport, Connecticut. Nach Schätzungen verwaltet Bridgewater ein Vermögen in Höhe von etwa 169 Milliarden US-Dollar. Gründer des Unternehmens, das rund 1.500 Mitarbeiter beschäftigt, ist Ray Dalio.