Politik

EU kämpft um Ausnahmen bei US-Schutzöllen

US-Präsident Trump hat Schutzzölle gegen Stahl- und Aluminium-Importe verhängt.
08.03.2018 23:36
Lesezeit: 3 min

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US-Präsident Donald Trump hat am Donnerstag neue Schutzzölle für die amerikanische Stahl- und Aluminiumindustrie verkündet. Im Beisein von Arbeitern aus der US-Metallbranche unterzeichnete der Republikaner am Donnerstag im Weißen Haus die entsprechenden Dekrete. Die Maßnahmen würden frühestens in 15 Tagen greifen, sagte Trump. Von ihnen ausgenommen seien zunächst Kanada und Mexiko, mit denen die USA einen Umbau des Nafta-Handelsabkommens aushandeln. Die Europäische Union und China hatten vor der Ankündigung mit Gegenmaßnahmen gedroht. Experten befürchten, dass der Streit sich zu einem Handelskrieg ausweiten könnte.

Die EU-Kommission kämpft um Ausnahmen von den US-Zöllen. Die EU sei ein enger Verbündeter von Amerika und sollte von den Maßnahmen ausgeklammert werden, teilte Handelskommissarin Cecilia Malmström am Donnerstagabend mit. Sie werde versuchen, in den nächsten Tagen mehr Klarheit in die Sache zu bringen. Gelegenheit biete sich beim Besuch des US-Handelsbeauftragen Robert Lighthizer am Samstag in Brüssel.

Der EU-Außenpolitiker David McAllister bezeichnete die Maßnahme als "Belastungsprobe" für die transatlantischen Beziehungen. In den Funke-Zeitungen mahnte McAllister aber dennoch zu Besonnenheit: "Wir sollten jetzt umsichtig vorgehen und alles tun, um eine Eskalation des Handelsstreits und schon gar einen Handelskrieg zu vermeiden", sagt der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im EU-Parlament. Frankreichs Außenminister Bruno Le Maire zeigt sich enttäuscht von Trumps Dekret. In einem Handelskrieg gebe es nur Verlierer, sagte er laut Reuters.

EZB-Präsident Mario Draghi sagte am Donnerstag in Frankfurt, es gebe eine gewisse Sorge über den Stand der internationalen Beziehungen. "Wenn man Zölle gegen Verbündete erhebt, wundert man sich, wer die Feinde sind." Solche Konflikte müssten im Dialog miteinander gelöst werden. "Denn einseitige Entscheidungen sind gefährlich."

Zur Deeskalation im Streit über die US-Schutzzölle hat sich Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer für eine Senkung der europäischen Importzölle auf Autos ausgesprochen. "Um einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden, sollte die EU ihre Autozölle von zehn Prozent auf die 2,5 Prozent senken, die die USA derzeit erheben", sagt Krämer der "Rheinischen Post". Das würde US-Präsident Donald Trump den Wind aus den Segeln nehmen. Trump habe insofern recht, als dass die EU durchschnittlich höhere Importzölle verlange als die USA. Vergeltungsmaßnahmen würden Trump nur dazu herausfordern, "sich bei seinen Anhängern durch noch mehr Zölle zu profilieren.

Die deutsche Wirtschaft fürchtet nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump eine Eskalation des Handelsstreits mit unabsehbaren Folgen. Der deutsche Außenhandelspräsident Holger Bingmann äußerte sich am Donnerstagabend "bitter enttäuscht" von Trump. "Jetzt kann man nur hoffen, dass niemand überreagiert", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei aber zu befürchten, dass nun "Dinge ins Rollen kommen, die wir uns nicht wünschen". Nach Bingmanns Worten dürfte die EU nun zu Gegenmaßnahmen greifen, die der deutsche Außenhandel nicht gewollt habe. "Trumps Handeln untergräbt das Vertrauen in die USA als verlässlichen Partner", klagte er. Damit füge er seinem eigenen Land massiven Schaden zu. "Wir raten dringend zur Besonnenheit", unterstrich er.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Martin Wansleben äußerte sich kritisch. "Die EU sollte gemeinsam mit internationalen Partnern bei der WTO Klage erheben", forderte er. Zugleich sollten in enger europäischer Abstimmung auch kurzfristig WTO-konforme Maßnahmen vorbereitet werden, um den USA ein europäisches Signal für Freihandel zu senden. "Dabei ist Augenmaß wichtig", warnte Wansleben. Eine Eskalation mit gegenseitigen Strafzöllen gelte es auf jeden Fall zu vermeiden. Wansleben warf den USA vor, mit den verhängten Strafzöllen und der Begründung dafür gegen die Regeln des Welthandelssystems WTO zu verstoßen, das sie selbst initiiert habe. Damit würden die USA "vom Paulus zum Saulus". Die USA schadeten nicht nur dem Welthandel, sondern auch sich selbst.

Die Arbeiter in der US-Stahl- und Aluminiumbranche seien "das Rückgrat des Landes", erklärte Trump. Die Zölle seien wichtig, um die Wirtschaft zu schützen, aber auch aus Gründen der nationalen Sicherheit notwendig. "Ohne Stahl hat man keinen Staat", sagte er. Neben Kanada und Mexiko könnten andere Länder Ausnahmen beantragen, sagte er weiter. Dabei würden unter anderem die Verteidigungsausgaben der Verbündeten berücksichtigt. Trump hat wiederholt Nato-Staaten kritisiert, die - wie Deutschland - weniger für Rüstung ausgeben als von der Allianz vereinbart.

Trump unterzeichnete seinen Erlass faktisch zeitgleich mit dem Ende des Handels an den New Yorker Börsen. Die Wall Street schloss leicht im Plus. Am Markt hätten die Ängste vor einem weltweiten Handelskrieg etwas nachgelassen, sagten Marktteilnehmer laut Reuters. Die Regierung in Washington hatte zunächst angedeutet, gegen alle Staaten Zölle verhängen zu wollen.

In ersten Reaktionen kritisierten Trumps Parteikollegen die Zölle. Der Senator Jeff Flake kündigte umgehend eine Gesetzesvorlage an, um sie aufzuheben. Der ranghöchste Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, zeigte sich besorgt wegen möglicher "unbeabsichtigter Konsequenzen" der Entscheidung. Er werde die Regierung dazu drängen, die Maßnahmen enger zu fassen. Ähnlich äußerte sich der republikanische Senator Orrin Hatch, Vorsitzender des Finanzausschusses. Er wolle der Regierung dabei helfen, "den Schaden zu begrenzen".

Der chinesische Außenminister Wang Yi sagte, sollte es zu den Schutzzöllen kommen, sei sein Land vorbereitet. Die Volksrepublik werde eine gerechtfertigte und notwendige Reaktion darauf zeigen. Die scheidende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries forderte Trump auf, sein Vorhaben fallenzulassen. Andernfalls sollte vor der Welthandelsorganisation (WTO) dagegen geklagt werden. Im exportstarken Deutschland herrscht besondere Anspannung, seit Trump auch Schritte gegen die europäische Autobranche ins Spiel gebracht hatte.

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