Politik

Italien: Regierung will Finanzämter mit Armee gegen Anschläge schützen

Die normalen Protestkundgebungen gegen das Sparprogramm waren bisher weitgehend friedlich. Doch Anschläge auf das Rüstungsunternehmen Finmeccanica und die Steuerbehörde Equitalia zwingen die italienische Regierung zum Handeln. Am Freitag kam es auch zu Ausschreitungen zwischen Protestlern und Polizei.
14.05.2012 01:33
Lesezeit: 2 min

Nach einer Serie von Anschlägen auf das Rüstungsunternehmen Finmeccanica und die Steuerbehörde Equitalia sorgt sich die italienische Regierung über die Zunahme politischer Gewalt in Italien. Bisher waren die Proteste gegen Mario Montis Sparpaket weitgehend friedlich verlaufen, doch die Regierung fürchtet eine Eskalation und erwägt nun den Einsatz der Armee zum Schutz vor Anschlägen.

Die Anschläge der vergangenen Wochen zwingen „uns, unsere Wachsamkeit zu erhöhen, um eine Eskalation zu vermeiden, die leider ein mögliches Szenario ist“, sagte die Innenministerin Anna Maria Cancellieri der Tageszeitung La Repubblica. „Jeder Angriff gegen Equitalia ist ein Angriff gegen den Staat“. Am Montag wird sich das nationale sicherheitspolitische Komitee zu Beratungen treffen. Um potentielle Ziele zu schützen, sei der Einsatz der Armee „eine mögliche Lösung“, erklärte die Innenministerin.

In der vergangenen Woche wurde bei einem Anschlag dem Chef des Unternehmens Ansaldo Nucleare, Roberto Adinolfi, vor seinem Haus in Genua ins Bein geschossen. Der Mutterkonzern von Ansaldo Nucleare, Ansaldo Energia, gehört zum Rüstungsunternehmen Finmeccanica. Eine anarchistische Gruppe, ein Seitenarm der Informellen Ararchistischen Föderation, bekannte sich zu der Tat und teilte mit, dass sie noch sieben weitere Male zuschlagen wolle. Auf ihr Konto sollen auch zahlreiche Briefbomben und Brandsätze gehen, deren Ziel die Steuerbehörde Equitalia geworden war.

„Ich hoffe das bedeutet keine Rückkehr in die tragische Vergangenheit“, erklärte Guiseppe Orsi von Finmeccania der Zeitung Corriere della Sera. In den siebzieger Jahren, den „bleiernen Jahren“, verbreiteten die extrem linken Roten Brigaden Gewalt und Terror mit ihren Angriffen auf das politische, militärische und industrielle Establishment in Italien.

Der Widerstand gegen die Sparmaßnahmen der italienischen Regierung hat in den vergangenen Wochen auch an Fahrt gewonnen. Die Selbstmordrate vor allem auch unter gescheiterten Unternehmern nahm deutlich zu. Gerade die Steuerbehörden werden derzeit zum Hass-Symbol. Ein 54-jähriger, gescheiterter Geschäftsmann drang im Mai in ein Büro der Steuerbehörde Equitalia ein und hielt für mehrere Stunden Beamten als Geisel fest, bevor er ihn der Polizei übergab.

Vergangenen Freitag versuchten hunderte Demonstranten während eines Protests gegen die Sparmaßnahmen in die Steuerbehörde Equitalia in Neapel zu gelangen. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei. Sie warfen Flaschen und Steine auf die Polizisten. Die Demonstranten sagten, so die Nachrichtenagentur Ansa, sie hätten die Steuerbehörde angegriffen, weil sich der Direktor geweigert hatte, das Steuerbüro zu schließen, nachdem sich erneut ein Mensch Selbstmord begangen hatte. Kurz zuvor soll er eine Rechnung von der Steuerbehörde erhalten haben. Ebenfalls am Freitag, etwas früher, kam eine Briefbombe in der Zentrale der Equitalia in Rom an, sagte ein Polizist.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
download.macromedia.com] name="src" value="[rt.com] />
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.