Politik

Finanzminister Scholz holt Goldman-Banker als Staatssekretär

Finanzminister Scholz holt Goldman-Banker Kukies als Staatssekretär.
19.03.2018 14:08
Lesezeit: 2 min

Der Ko-Chef von Goldman Sachs in Deutschland, Jörg Kukies, wechselt als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium. Kukies werde die Bereiche Finanzmarkt- und Europapolitik verantworten, teilte das Ministerium am Montag mit. Das Bundeskabinett muss der Berufung des 50-Jährigen noch zustimmen.

Kukies war 17 Jahre lang für die US-Investmentbank tätig und zuletzt mit Wolfgang Fink Ko-Chef von Goldman Sachs in Deutschland und Österreich.

Wie das Ministerium weiter mitteilte, kommt Werner Gatzer als Staatssekretär zurück ins Finanzministerium und ist dort für Haushaltsfragen zuständig.

Der Wechsel von Goldman-Bankern in die Politik ist mittlerweile sehr üblich geworden: In den USA kommt Finanzminister Mnuchin von der Bank, in Italien hatte es mit Mario Monti ein Goldman-Banker sogar bis zum Ministerpräsidenten-Job geschafft. Auch umgekehrt gibt es einen regen Austausch: So wurde der frühere Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, Berater für Goldman in London. Die Ombudsfrau der EU fand den schnellen Seitenwechsel problematisch, die EU-Kommission findet den Wechsel dagegen unproblematisch.

Kukies wird als Europa-Verantwortlicher an entscheidender Stelle mit einem weiteren Ex-Goldman-Banker zu tun haben: Mario Draghi war Europachef der Bank, bevor er in die italienische Politik, die italienische Zentralbank und heute an die Spitze der EZB gelangte. Draghis Rolle bei der Griechenland-Rettung und der Banken-Krise bei der Monte dei Paschi ist bis heute ungeklärt.

Reuters schreibt über die bisherige Karriere von Kukies:

Vom Juso-Chef zum Investmentbanker - diese Laufbahn ist eigentlich schon ungewöhnlich genug. Doch damit nicht genug: Nun wechselt der ehemalige Chef der SPD-Nachwuchsorganisation in Rheinland-Pfalz, Jörg Kukies, nach fast zwei Jahrzehnten bei der weltgrößten Investmentbank Goldman Sachs in die Bundesregierung. Das ist ein in Deutschland bisher fast einmaliger Schritt. Der 50-Jährige wird beamteter Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und ist dort künftig für Finanzmärkte und Europa zuständig. Finanziell ist es ein Abstieg: Bei Goldman kam er auf ein Millionengehalt.

Als "sehr politisch, bauernschlau und bodenständig" beschreibt ihn ein langjähriger Weggefährte. Mitglied der SPD, in die Kukies vor mehr als 30 Jahren eintrat, ist er immer geblieben. Bei den Jusos war Kukies als Landeschef Anfang der 1990er-Jahre Vorgänger von Andrea Nahles. Er gehört dem SPD-Wirtschaftsforum an, das sich als "unternehmerischer Berufsverband an der Seite der Sozialdemokratie" versteht und die Interessen der Wirtschaft gegenüber der Politik vertreten soll.

Bei Goldman Sachs gehörte Kukies zu den jungen Bankern, die schnell Karriere machten. 2010 stieg er als Leiter des deutschen Geschäftes mit strukturierten Produkten zum Partner auf, dem erlesenen Führungskreis weniger hundert Banker weltweit. 2014 erklomm er dann die vorläufige Spitze der Karriere-Leiter: Als Co-Chef für Deutschland und Österreich trat er in die Fußstapfen von Alexander Dibelius, einem der sehr wenigen Investmentbanker hierzulande, die über die Branche hinaus bekannt sind. Doch in die Klatschspalten wie Dibelius schaffte es Kukies nicht. Er litt eher darunter, dass er in der Öffentlichkeit im Schatten seines Co-Chefs Wolfgang Fink stand, der das prestigeträchtigere Fusions-Beratungsgeschäft führte. Fink übernimmt künftig Kukies' Aufgaben mit.

Kukies hat sein gesamtes Berufsleben bei Goldman Sachs verbracht. International war er von Anfang an: Der Pfälzer studierte an der Pariser Sorbonne und in Harvard. Ein Sommer als Praktikant bei Goldman Sachs in New York und London reichte, um ein Job-Angebot der Bank im Handel zu bekommen. Kurz vor seinem endgültigen Einstieg bei Goldman promovierte Kukies 2001 an der Universität Chicago. Der damals für den Wertpapierhandel zuständige Philip Holzer holte Kukies nach Deutschland, um die Sparte auf Vordermann zu bringen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...