Politik

Russland: Haben Beweise, dass Giftgas-Angriff britische Inszenierung war

Lesezeit: 3 min
13.04.2018 21:31
Russland beurteilt den angeblichen Giftgas-Einsatz in Syrien als eine von Großbritannien inszenierte Provokation.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Erstmals berichten westliche Nachrichtenagenturen ausführlich über eine russische Mitteilung, wonach der angebliche Giftgas-Angriff in Syrien eine Inszenierung Großbritanniens gewesen sein könnte. Sie soll von den unter anderem vom deutschen Steuerzahler, der britischen Regierung und der US-Regierung finanzierten Weißhelmen ausgeführt worden sein.

Konaschenkow präsentierte bei einer Pressekonferenz laut russischen Staatsmedien in Moskau ein Video, auf dem zwei angebliche Ärzte eines Krankenhauses berichten, dass in einem Haus in Duma ein Brand ausgebrochen sei. Mehrere Personen, darunter Kinder, hätten Atemprobleme wegen der Rauchentwicklung gehabt. Sie seien im Krankenhaus behandelt worden, Plötzlich seien fremde Personen mit Videokameras aufgetaucht, die gerufen hätten, es handle sich um Giftgas. Darauf sei Panik unter den Patienten ausgebrochen. Einige Personen, die nicht medizinisch ausgebildet waren, hätten die Kinder mit Asthma-Spray behandelt. Andere hätten die Kinder mit Wasser übergossen.

Ob diese russische Darstellung zutreffend ist, ist von unabhängiger Seite nicht zu verifizieren.

Die US-Regierung reagierte erstaunlich zurückhaltend: Man sei "in höchstem Maße überzeugt", dass "Syrien eine Verantwortung bei den Ereignissen" trage. Auch Russland trage eine Verantwortung dafür, dass solche Anschläge verhindert werden müsste. Die russische Behauptung, der Angriff sei lediglich inszeniert worden, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, am Freitag: "Unsere Geheimdienste sagen uns etwas anderes", sagte Sanders mit Blick auf die russische Darstellung. "Mehr kann ich dazu nicht sagen."

Ähnlich allgemein äußerte sich die Sprecherin des US-Außenministeriums. Es bestehe ein "sehr hohes Maß an Überzeugung", dass Syrien für den Angriff verantwortlich sei, sagte Heather Nauert. "Wir können sagen, dass die syrische Regierung hinter dem Angriff steckt." Auf die Frage, ob es Beweise dafür gebe, sagte sie "ja". Es werde aber noch geprüft, welche Chemikalien verwendet worden seien.

Bisher hatten die internationalen Agenturen derartige Mitteilungen aus Russland kaum beachtet, mit spitzen Fingern angefasst oder aber in die Berichterstattung so eingebettet, dass der Eindruck einer russischen Übertreibung entstehen könnte.

Nun berichtet die AFP:

Die russische Armee beschuldigt Großbritannien der "direkten Beteiligung" am mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien. Sie habe "Beweise", die eine "direkte Beteiligung Großbritanniens an der Organisation dieser Provokation in Ost-Ghuta belegen", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow, am Freitag in Moskau. London habe bei der Inszenierung des mutmaßlichen Giftgasangriffs "starken Druck" auf die syrische Zivilschutzorganisation der Weißhelme ausgeübt.

Die Hilfsorganisation hatte am vergangenen Samstag als erste im Kurzbotschaftendienst Twitter mitgeteilt, mehr als 40 Menschen seien bei einem "Chlorgasangriff" getötet worden.

Konaschenkow führte aus, den Weißhelmen sei gesagt worden, dass die islamistischen Kämpfer der Organisation Dschaisch al-Islam vom 3. bis 6. April Damaskus mit Artillerie beschießen würden. Darauf würden die Regierungskräfte reagieren, was wiederum die Weißhelme für ihre "Provokation" nutzen sollten.

Moskau verfüge über "Interviews von direkt an der Erstellung von Videos beteiligten Personen", mit denen habe glauben gemacht werden sollen, dass es einen Chemiewaffenangriff gegeben habe. Einwohner der mittlerweile von syrischen Regierungstruppen eingenommenen Stadt Duma hätten "detailliert erzählt, wie die Videoeinstellungen vonstatten gingen und an welchen Episoden sie teilgenommen" hätten.

Zuvor hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow mitgeteilt, es gebe Beweise, wonach der mutmaßliche Chemiewaffenangriff in Syrien mit Hilfe eines ausländischen Geheimdienstes inszeniert worden sei. "Wir haben unwiderlegbare Beweise dafür, dass dies ein weiterer inszenierter Vorfall war", sagte er. Der Geheimdienst eines "bestimmten Staates, der jetzt an vorderster Front einer antirussischen Kampagne" stehe, sei in die Inszenierung verwickelt.

Die dpa berichtet deutlich knapper, aber immerhin auch:

"Wir haben Beweise, dass Großbritannien an der Organisation dieser Provokation in Ost-Ghuta direkt beteiligt ist", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit Blick auf den Vorfall in Duma. Die britische UN-Botschafterin Karen Pierce bezeichnete den russischen Vorwurf als "grotesk", "bizarr" und "offenkundige Lüge". "Es ist die schlimmste Fakenews, die wir bisher von der russischen Propagandamaschine gesehen haben."

Ermittler der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) wollen von Samstag an in Duma untersuchen, ob ein Giftgasangriff stattgefunden hat. Die Verantwortlichen ermitteln sollen sie aber nicht.

Die britische Nachrichtenagentur Reuters berichtet über die russische Mitteilung dagegen nicht, sondern kolportiert eine etwas kryptische Spekulation, die angeblich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verbreitet haben soll: "Der französische Präsident Emmanuel Macron verfügt nach eigenen Angaben über Beweise, dass bei dem Angriff Chlorgas eingesetzt wurde. Ein C-Waffen-Experte, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Spuren von Chlorgas seien weit schwieriger nachzuweisen als etwa der Kampfstoff Sarin: "Chlor ergibt in der Umwelt Chlorid, und das ist überall - als Kochsalz, im Schweiß und so weiter.""

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...