Finanzen

US-Amerikaner bekommen Sanktionen gegen China zu spüren

Die ersten negativen Auswirkungen der angekündigten Sanktionen gegen China werden in den USA sichtbar.
21.04.2018 19:44
Lesezeit: 3 min

Im Handelsstreit mit China hat US-Präsident Donald Trump bislang Zölle angekündigt, die den amerikanischen Verbraucher eher weniger getroffen haben. So wurde bei den Maßnahmen im Januar und März darauf geachtet, den größten Teil der Unterhaltungselektronik auszuklammern. Aber dann ordnete Trump Anfang April an, weitere Abgaben auf chinesische Güter mit einem Wert von 100 Milliarden Dollar vorzubereiten.

Nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters dürfte es bei diesem Umfang unausweichlich sein, dass auch auf den US-Verbraucher Preiserhöhungen zukommen. Die amerikanische Regierung steht vielmehr vor der Entscheidung, ob es Wal-Mart oder eher Apple stärker treffen soll.

Das ist auch dem amerikanische Einzelhandel bewusst. „Wenn man sich 100 Milliarden Dollar an Einfuhren aus China vornehmen will, kommt man an den Konsumgütern nicht vorbei“, sagt Hun Quach vom Branchenverband Retail Industry Leaders Association. Beispielrechnungen von Reuters zufolge könnte die US-Regierung allein mit Mobiltelefonen (44 Milliarden Dollar Einfuhren), Computerausrüstung (37 Milliarden Dollar) und diversen Aufnahmegeräten (22 Milliarden Dollar) schnell auf die 100 Milliarden Dollar kommen. Allerdings wären davon auch amerikanische Lieferketten betroffen: Bei vielen Geräten werden die Einzelteile von den USA nach China geschickt, dort zusammengesetzt und wieder zurückgeliefert.

Ähnliche Probleme würden sich für US-Verbündete wie Südkorea, Japan und Taiwan ergeben, die etwa Displays und Software für Apple-Geräte beisteuern. Quach weist zudem darauf hin, dass es für viele Produkte aus China kaum alternative Bezugsquellen gibt. Dazu dürften schon die Weihnachtsbaumbeleuchtungen im Wert von 402 Millionen Dollar gehören, die die USA aus China importieren.

Entsprechend sehen einige Experten die Maßnahmen skeptisch. Der Wirtschaftwissenschaftler Chad Bown vom Peterson Institute greift auf das englische Gegenstück zur deutschen Redewendung zurück, sich selbst ins Knie zu schießen: „Am Ende schießt man sich selbst in den Fuß, und man schießt seine Verbündeten in den Fuß“, warnt er. „Und China würde man dabei vielleicht am großen Zeh verletzen.“

Der eskalierende Handelsstreit mit China gefährdet inzwischen auch die politische Unterstützung für Trump bei der traditionell republikanischen Wählerschaft der Landwirte. „Wir würden einen Handelskrieg nicht überleben“, sagte eine von Reuters befragte Politikerin aus North Dakota jüngst vor einem Treffen mit Unternehmerinnen in Jamestown, einer Stadt mit 16.000 Einwohnern.

Die USA exportierten im vergangenen Jahr allein Sojabohnen im Wert von mehr als zwölf Milliarden Dollar nach China. Der Agrarsektor gehört zu den US-Branchen, bei denen die Regierung in Peking mit Vergeltungsmaßnahmen droht, sollte Trump neben Stahl und Aluminium weitere Zusatzzölle erheben. Das könnte für die Menschen in den ländlichen Republikaner-Hochburgen hart werden – Bundesstaaten wie North Dakota, Kansas und Iowa. In einigen von ihnen sehen Umfragen einen knappen Wahlausgang bei einer Abstimmung, in der den Republikanern Senat und Repräsentantenhaus entgleiten könnte. Sollten die Demokraten eine der beiden Kammern gewinnen, könnten sie große Teile von Trumps Programm blockieren.

Dass sich die Bundespolitiker in Washington solche Sorgen über den Wahlausgang in eher kleineren Staaten wie North Dakota machen müssen – Nebraska mit 1,9 Millionen Einwohnern ist etwa so bevölkerungsreich wie Hamburg, Iowa hat mit 3,1 Millionen weniger als Berlin – liegt im Wahlsystem begründet. Jeder Bundesstaat erhält im Senat unabhängig von seiner Größe zwei Sitze – egal, ob es sich um Kalifornien mit fast 40 Millionen Einwohnern oder Wyoming mit 580.000 handelt. In der Kongresskammer halten die Republikaner zurzeit eine Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen. Im November steht ein Drittel der Sitze zur Wahl.

Die Republikaner sind sich der Gefahr bewusst. Steve Fitzgerald, der sich für einen freigewordenen Sitz des Bundesstaates Kansas im Repräsentantenhaus bewirbt, befürchtet einen Verlust des Vertrauens in Trump, sollte es zum Handelskrieg kommen. „Er ist der Kapellmeister. Keine Frage, das trifft uns.“ Auch sein Parteifreund Craig Robinson, der früher in Iowa für die Republikaner arbeitete, zeigt sich besorgt. „Trump verlangt den Bauern ziemlich viel ab mit dieser verbalen Handelseskalation gegenüber China.“ Im Falle eines Handelskriegs würden sich die Farmer denen zuwenden, die sich für sie einsetzten. „Wenn das die demokratische Partei sein sollte, werden sie nicht lange nachdenken.“

Der republikanische Herausforderer um den Senatorsposten in North Dakota, Kevin Cramer, sieht die Lage nicht so dramatisch. Die demokratische Amtsinhaberin habe „hysterisch“ versucht, den Landwirten Angst zu machen, sagt er. Der aggressive Ton des Präsidenten sei als Auftakt der Verhandlungen zu verstehen, an denen am Ende ein besseres Handelsabkommen mit China stehen werde. „Wir müssen darüber nachdenken, wie wir als Land unsere Handelsbilanz austarieren.“

Tatsächlich ist unklar, welche Chancen die Demokraten in den als „farm belt“ bezeichneten Bundesstaaten haben. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge blieb Trumps Beliebtheit dort im vergangenen Jahr vergleichsweise hoch. Demokratische Strategen hoffen, wenigstens die Wahlbeteiligung bei den Republikanern drücken zu können. Für die Wähler, die bereits unter wirtschaftlichen Sorgen und den Kosten des Gesundheitssystems ächzten, sei der Handelsstreit „ein weiterer Ziegelstein im Rucksack“, sagt der Demokrat Tyler Law.

Trump selbst hat signalisiert, dass er die Sorgen der Bauern versteht. „Sie wollen die Farmer treffen, weil sie glauben, dass es mich trifft“, sagte er über China. Der Präsident hat versprochen, die Landwirte zu entschädigen und verspricht auch, dass sie am Ende gestärkt aus der Sache herauskommen werden. Die Farmer seien „gute Patrioten“.

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