Gemischtes

Mexiko: Nafta-Verhandlungen sind Risiko für deutsche Autobauer

Lesezeit: 2 min
29.04.2018 21:59
Deutsche Autobauer haben aufgrund der Nähe zu den USA in den vergangenen Jahren stark in Mexiko investiert. Die Strategie könnte an den Nafta-Nachverhandlungen scheitern.
Mexiko: Nafta-Verhandlungen sind Risiko für deutsche Autobauer

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der weltgrößte Automobilzulieferer Bosch baut im mexikanischen Celaya ein neues Werk für Elektronik-Komponenten. Das berichtet das Online-Portal „Produktion“. Das Unternehmen wird mehr als 100 Millionen Euro investieren und 1200 neue Arbeitsplätze schaffen. Celaya hat 340.000 Einwohner und liegt rund 250 Kilometer nordwestlich von Mexiko City im Bundesstaat Guanajuato (Zentral-Mexiko). „Bosch setzt auf Mexiko“, sagte Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung. Das Unternehmen mit Sitz in Stuttgart hat in dem mittelamerikanischen Staat bereits zwölf Standorte mit insgesamt 16.000 Beschäftigten.

Boschs Entscheidung, in Mexiko zu investieren, kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Zukunft des Landes als Fertigungsstandort ungewiss ist. US-Präsident Donald Trump sieht das Nachbarland im Handel mit den USA durch das Freihandelsabkommen NAFTA auf unfaire Weise bevorzugt und droht damit, das Abkommen aufzukündigen. Sollte dies geschehen, würden mexikanische Importwaren in den USA in Zukunft mit Steuern belegt werden. Im März ging die siebte Runde der Gespräche zwischen den drei NAFTA-Mitgliedern USA, Kanada und Mexiko über eine Anpassung und Modernisierung des Handelsabkommens zu Ende. Ob und wann es zu einer Einigung zwischen den Gesprächspartnern kommen wird, ist ungewiss.

Sowohl die deutschen Autobauer als auch die Zulieferer sind in Mexiko stark vertreten. VW baut dort den Jetta, den Beetle sowie den Golf Variant und beschäftigt 16.4000 Mitarbeiter. Audi fertigt die Geländewagen Q5 sowie SQ5 und beschäftigt 6700 Mitarbeiter. BMW begann im März 2016 mit dem Bau eines über 800 Millionen Euro teuren Werks, in dem ab 2019 pro Jahr 150.000 3er-Limousinen hergestellt werden sollen. Die Belegschaft soll mindestens 1500 Mitarbeiter stark sein. Daimler errichtet derzeit im Rahmen eines Joint Ventures zusammen mit Renault/Nissan ein Werk, in dem im Frühjahr dieses Jahres die Produktion von Kompaktwagen der neuen A-Klasse sowie dem Kompakt-Geländewagen GLA starten soll. Die neue Fabrik soll ab 2020 3600 Mitarbeiter beschäftigen und über eine Jahres-Kapazität von 230.000 Fahrzeugen verfügen. Zusammen haben die deutschen Autobauer letztes Jahr 620.000 Autos in Mexiko produziert – ein Plus von 46 Prozent zum Jahr davor. Insgesamt wurden in Mexiko letztes Jahr 3,9 Millionen Autos hergestellt.

Die deutschen Zulieferer haben die Zahl ihrer Standorte in Mexiko seit 2010 von rund 40 auf derzeit über 150 erhöht. Die Palette reicht von Großkonzernen wie Bosch (400.000 Beschäftigte, 78 Euro Milliarden Umsatz) über sehr große Mittelständler wie Mahle (78.000 Beschäftigte, zwölf Milliarden Euro Umsatz) bis hin zu kleineren Mittelständlern wie der Halder KG aus Laupheim (Oberschwaben) mit 200 Beschäftigten und 38 Millionen Euro Umsatz.

Für ausländische Unternehmen ist Mexiko ein attraktiver Standort. In den letzten zehn Jahren investierten Autobauer dort mehr als 20 Milliarden Euro. Das Ausbildungsniveau ist relativ hoch, die Infrastruktur solide, die Löhne niedrig. Ein mexikanischer Automobil-Facharbeiter verdient zwischen 500 und 600 Euro im Monat. Der Mindestlohn beträgt 80 Pesos am Tag – das sind knapp vier Euro. Mehr als ein Viertel der in dem mittelamerikanischen Staat produzierten Fahrzeuge wird ins Nachbarland USA exportiert – dementsprechend niedrig sind die Transportkosten.

Die deutschen Autobauer und Zulieferer beobachten die NAFTA-Neuverhandlungen genau. Über zwei Drittel aller deutschen Firmen erwarten, dass ein Scheitern der Verhandlungen negative Auswirkungen auf ihr Geschäft hätte. So wie sich die Situation im Augenblick darstellte, könnten die Unternehmen diese Auswirkungen allerdings wohl verkraften. Bei einem NAFTA-Aus würde der Freihandel durch die Zollregeln der Welthandelsorganisation (WTO) ersetzt. Dann wären mexikanische Autoimporte in den USA nur um durchschnittlich 2,5 Prozent teurer als jetzt. Darauf dass die USA Strafzölle auf in Mexiko gefertigte Autos erheben wollen, gibt es augenblicklich keine Hinweise.

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...