US-Sanktionen gegen europäische Firmen, die mit dem Iran Geschäfte machen, treffen auch den deutschen Mittelstand. Vor allem Maschinen- und Anlagenbauer, Auto-Zulieferer sowie Elektro-Unternehmen werden Geschäftsanteile verlieren, wenn sie aus Furcht vor amerikanischen Vergeltungsmaßnahmen ihre Iran-Geschäfte ruhen lassen. Darüber hinaus könnten ihnen zukünftige lukrative Aufträge entgehen.
Die iranische Wirtschaft entwickelt sich derzeit anderes als prognostiziert. Das letztjährige Wachstum von 3,4 Prozent war enttäuschend, die iranische Regierung hatte eine Steigerung von acht Prozent anvisiert. Die Arbeitslosenquote ist nach wie vor hoch und liegt tatsächlich noch um einiges höher als es die offizielle Quote von 12,1 Prozent glauben machen will. Die private Nachfrage wird also auch in absehbarer Zukunft verhältnismäßig bescheiden sein und als Wachstumsmotor ausfallen.
Umso höher ist der Bedarf an Investitionen. Für den Zeitraum von 2017 bis 2022 visiert die iranische Regierung Direkt-Investitionen ausländischer Firmen in Höhe von 50 Milliarden Dollar an. Einen besonders großen Bedarf hat dabei die Automobil-Industrie. Mit über einer Million produzierten Fahrzeugen im Jahr ist sie die größte ihrer Art im Nahen und Mittleren Osten. Allerdings sind Entwicklung und Produktion vollkommen veraltet, die Produktionsauslastung liegt bei lediglich 60 Prozent. Die beiden größten Fahrzeugbauer des Landes, die staatseigenen Iran Khodro und SAIPA, haben bereits Kooperationsverträge mit Renault und Peugeot abgeschlossen, um sich grundlegend zu modernisieren. Deutschen Zulieferern winken lukrative Aufträge.
Das gilt auch für Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Elektrotechnik. Die Öl- und Gasindustrie ist der mit Abstand bedeutendste Wirtschaftszweig des Irans. Teheran plant eine Steigerung der Förderkapazität von derzeit vier Millionen Barrel pro Tag (bpd) auf 4,7 Millionen im Jahr 2021 und will seine Anlagen dementsprechend modernisieren. Darüber hinaus sollen 14 Milliarden Dollar in die Modernisierung der neun bereits vorhanden Öl-Raffinerien gesteckt sowie zwölf neue Raffinerien gebaut werden. Modernisiert werden müssen auch viele Industriebetriebe, die daher einen großen Bedarf nach Werkzeugmaschinen besitzen. Nachdem dieser in den letzten Jahren zumeist von chinesischen Anbietern gedeckt wurde, haben viele iranische Unternehmen begonnen, in teurere – aber qualitativ hochwertigere – Maschinen aus westlicher Produktion zu investieren.
Vertreter der deutschen Wirtschaft haben die Bundesregierung und die EU dazu aufgefordert, die Aufrechterhaltung der Iran-Geschäfte zu gewährleisten. Unter anderem sagte der Außenwirtschafts-Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, „Bundesregierung und EU sind gefragt, das europäische Iran-Geschäft zu schützen und verlorenes Vertrauen wieder herzustellen“. Die Bundesregierung hat gesagt, dass dies nicht in ihrer Macht stünde.
Exporte über Drittländer abzuwickeln und die US-Sanktionen damit zu umgehen, seien für mittelständische Unternehmen „zu teuer und zu umständlich“, so ein Sprecher der Deutsch-Iranischen Handelskammer (Teheran) im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.
Im Jahr 2017 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von fast drei Milliarden Euro in den Iran. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 50 Prozent innerhalb der letzten vier Jahre.
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