Gemischtes

Bundesgerichtshof: Aufnahmen von Auto-Minikameras zulässiges Beweismittel

Der Bundesgerichtshof hat Video-Aufnahmen von Auto-Minikameras als Beweismittel anerkannt.
16.05.2018 17:25
Lesezeit: 2 min

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Grundsatzentscheidung Videoaufnahmen von Auto-Minikameras als Beweismittel in Verkehrsprozessen für zulässig erklärt. Zwar verstießen die Aufnahmen gegen das Datenschutzrecht, da Autofahrer nach Unfällen jedoch ohnehin eine ganze Reihe von persönlichen Informationen (unter anderem Namen, Adresse, Versicherung) preisgeben und ihren Führerschein vorzeigen müssten, komme dem Datenschutz in solchen Fällen nachrangige Bedeutung zu, so die Richter.

Im vorliegenden Fall hatte das BGH über die Klage eines Mannes aus Sachsen-Anhalt zu entscheiden, dessen Auto beim Abbiegen mit einem parallel fahrenden Fahrzeug seitlich zusammengestoßen war. Mit den Aufnahmen von sogenannten Dash-Cams, die auf dem Armaturenbrett seines Autos befestigt werden können, hatte der Mann beweisen können, dass der andere Fahrer für den Unfall verantwortlich war. Dennoch hatten sowohl das Amts- als auch das Landgericht Magdeburg ihm eine Mitschuld zugesprochen. Begründung: Die Aufnahmen könnten nicht in die Urteilsfindung mit einbezogen werden. Sie verstießen nämlich gegen das Datenschutzrecht, weil die Kamera ohne konkreten Anlass ständig den öffentlichen Raum gefilmt habe. Das BGH sah das anders.

Juristen hatten die Entscheidung mit Spannung erwartet. In der Vergangenheit hatten Gerichte den Einsatz von Dash-Cams im Straßenverkehr unterschiedlich bewertet. Eindeutig ist die Rechtslage allerdings auch jetzt noch nicht. Der BGH hat Autofahrern nämlich keinen generellen Freibrief für den Gebrauch von Minikameras erteilt. Permanentes Filmen bleibt – aus datenschutzrechtlichen Gründen – weiterhin verboten. Entschieden hat der BGH nur, dass Aufnahmen in Einzelfällen als Beweismittel erlaubt sind. Richter müssen also in Zukunft abwägen, was in dem ihnen vorliegenden Fall höher wiegt: Der Datenschutz oder die Beweissicherung.

Polizei-Gewerkschafts-Chef Oliver Malchow bezeichnet die Videoaufzeichnungen als „hilfreich“. Der Deutsche Verkehrsgerichtstag – eine jährlich stattfindende Konferenz von Juristen, Psychologen und Verkehrs-Sachverständigen – empfiehlt, dass die Kamera nur „anlassbezogen“, also bei drohenden Unfällen, eingeschaltet werden darf. Das wiederum hält Constantin Hack vom Automobilclub ACE für „weltfremd“. In gefährlichen Situationen habe kein Autofahrer die Zeit, den Auslöser der Kamera zu betätigen.

Außerhalb Deutschland ist der Einsatz von Minikameras im Straßenverkehr unterschiedlich geregelt. In Österreich sind sie verboten, in der Schweiz ist die Rechtslage ungeklärt. In England sind die Kameras erlaubt, ebenso in den meisten osteuropäischen Staaten. In den USA ist die Rechtslage je nach Bundesstaat unterschiedlich.

Nach einer Umfrage des IT- und Telekommunikation-Branchenverbands „Bitkom“ nutzen acht Prozent aller deutschen Autofahrer diese Dash-Cams. 38 Prozent können sich eine Nutzung vorstellen. Fast drei von vier Fahrern halten sie für ein geeignetes Beweismittel.

Die Überwachung im öffentlichen Raum allgemein sowie im Autoverkehr speziell nimmt kontinuierlich zu. In Berlin gibt es rund 15.000 öffentliche Kameras, also eine Kamera pro 240 Einwohner. In London sind es zwei Millionen Kameras, das entspricht einer Kamera pro 4,4 Einwohner.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...