Politik

Trump rudert bei Sanktionen gegen Rusal zurück

Lesezeit: 2 min
19.05.2018 22:37
Aufgrund schwerer Verwerfungen im Aluminium-Markt rudert die US-Regierung bei den Sanktionen gegen den Rusal-Konzern zurück.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Viel Getöse um nichts? Die US-Sanktionen gegen den Aluminium-Riesen Rusal und seinen Eigentümer Oleg Deripaska sollten die härtesten sein, die je einen russischen Oligarchen getroffen haben. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump wollte dem weltgrößten Aluminium-Hersteller außerhalb Chinas den Zugang zu den internationalen Märkten versperren. Doch 17 Tage später kam die Kehrtwende - die Sanktionen wurden wieder gelockert. Schon die Ankündigung des Handelsstopps sandte Schockwellen durch den globalen Aluminium-Markt. Der Rohstoff verteuerte sich auf einen Schlag, die Preise von tausenden Produkten - von Dosen bis zu Autos und Flugzeugen - drohten nach oben zu schießen. Auch in den USA waren damit Jobs in Gefahr. Schließlich knickte die US-Regierung ein und denkt nun sogar darüber nach, die Sanktionen ganz aufzuheben.

Der Schwenk in der US-Politik sagt viel über die Hebelwirkung eines so gängigen Rohstoffs wie Aluminium aus - und zeigt, dass wirtschaftspolitische Schnellschüsse nach hinten losgehen können. "Sie destabilisierten die weltweite Aluminium-Industrie. Das ist beispiellos und massiv über das Ziel hinaus geschossen", beurteilt etwa Anders Aslund vom US-Think-Tank Atlantic Council die Sanktionen der US-Regierung gegen Rusal.

Die am 6. April vom US-Finanzministerium verhängten Sanktionen sollten den Kunden von Rusal ursprünglich nur 30 Tage Zeit lassen, die Verbindung mit dem russischen Unternehmen auslaufen zu lassen. Danach würden Firmen oder Personen bei Geschäften mit Rusal riskieren, aus dem Finanzsystem ausgeschlossen zu werden. Weiter drohte das US-Finanzministerium damit, Dollar-Zahlungen an Rusal zu beschlagnahmen. Rusal stellte seine Lieferungen ein um zu verhindern, dass Zahlungen konfisziert würden. Industriekreisen zufolge waren von den Stopps auch Lieferungen von Roh-Aluminium an die Aluminiumhütte von Rio Tinto im französischen Dünkirchen betroffen, der größten Produktionsstätte von Aluminium in Europa. Zudem kappte Rusal Lieferungen an Trimet Aluminium für Aluschmelzen in Deutschland und Frankreich. Die Aluminiumpreise schnellten unmittelbar nach der Ankündigung um 15 Prozent nach oben.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Nicht nur in europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Irland setzten sich Lobbyisten in Bewegung, wie die Agentur Reuters von mehr als einem Dutzend Regierungsinsidern in den USA und der EU sowie aus Industriekreisen erfuhr. Auch US-Unternehmen wie Boeing und weltweit aufgestellte Firmen wie der Bergbaukonzern Rio Tinto liefen Sturm. Alle hatten das gleiche Argument im Gepäck: Den russischen Aluminium-Riesen in die Mangel zu nehmen, würde den Markt durcheinanderwirbeln, Fabriken lahmlegen und Arbeitsplätze gefährden. Die Autoproduzenten befürchteten zudem Ausfälle bei Palladium, das für den Bau von Abgaskatalysatoren gebraucht wird. Rusal produziert das Metall zwar nicht selbst, ist aber ein Zulieferer des weltgrößten Palladium-Herstellers Norilsk Nickel.

Nur gut zwei Wochen später, am 23. April, wurden die Sanktionen gelockert. Statt 30 Tagen gab die US-Verwaltung Rusal-Kunden nun sechs Monate Zeit, die Geschäftsbeziehungen mit Rusal zu kappen. Zugleich stellte die Regierung unter Präsident Donald Trump den Unternehmen in Aussicht, die Sanktionen ganz aufzuheben, falls Oligarch Deripaska die Kontrolle über Rusal aufgebe. Auch diesmal reagierte der Markt sofort: Aluminiumpreise fielen um zehn Prozent. "Man darf nicht vergessen, dass Sanktionen angepasst werden können, wenn ihre Wirkung stärker als gewünscht ist", betonte David Mortlock, der bis 2015 selbst im Weißen Haus Strafmaßnahmen gegen Russland schmiedete und nun für eine Anwaltskanzlei arbeitet. "Man lernt jedes Mal aus der Erfahrung."

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...