Politik

Italien will mit neuen Anleihen Rechnungen bei Unternehmen zahlen

Lesezeit: 2 min
18.05.2018 17:06
Im Regierungsprogramm der möglichen nächsten italienischen Regierung finden sich interessante Finanzinstrumente.
Italien will mit neuen Anleihen Rechnungen bei Unternehmen zahlen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Italien  

In Italien sieht das Regierungsprogramm der beiden Parteien Fünf Sterne und Lega die Ausgabe bestimmter Staats-Anleihen vor, die einige Kritiker als Parallelwährung zum Euro gebrandmarkt haben. Lega-Wirtschaftspolitiker Claudio Borghi sagte am Freitag auf die Frage, ob solche Bonds Teil des Programms seien: „Ja.“ Mit diesen, in Anlehnung an bereits bestehende Anleihen mit kurzer Laufzeit „Mini-BOTs“ genannten Papieren könnte der Staat ausstehende Rechnungen bei Unternehmen begleichen.

Der scheidende Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan hatte schon bei Bekanntwerden der Pläne im Februar gewarnt, derartige Bonds gefährdeten die Finanzstabilität und das Wirtschaftswachstum.

Die Anhänger der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung haben das Regierungsprogramm ihrer Partei mit der Rechtsaußen-Partei Lega mit großer Mehrheit abgesegnet. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio sagte am Freitag in einem auf Facebook veröffentlichten Video, das Regierungsprogramm sei mit einem "hervorragenden Ergebnis" gebilligt worden. "Von den 44.796 Menschen, die abgestimmt haben, haben 42.274 für das Programm gestimmt", hob der Chef der populistischen Partei hervor. Dies sei eine Zustimmungsrate von mehr als 94 Prozent.

Auch die Lega will ihre Anhänger über das Programm abstimmen lassen. Teilnehmen kann jeder, der zu den Ständen der Partei kommt, die am Wochenende landesweit in den Straßen aufgebaut werden sollen.

Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl hatten die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega am Freitag ihr gemeinsames Regierungsprogramm vorgestellt. Der 58 Seiten lange "Vertrag für eine Regierung des Wandels" sieht unter anderem eine vollständige Abkehr vom Sparkurs der Vorgängerregierung vor. Die zuvor befürchtete Zielsetzung eines Austritts aus der europäischen Währungsunion ist in dem Programm nicht enthalten. Allerdings kündigen die Parteien darin an, "mit den europäischen Partnern die Wirtschaftspolitik überprüfen" zu wollen.

Die beiden Parteien wollen die immensen Staatsschulden durch Wirtschaftswachstum und die "Wiederbelebung der Inlandsnachfrage" abbauen. Experten gehen davon aus, dass die geplanten Maßnahmen mindestens 100 Milliarden Euro kosten.

In dem Dokument findet sich sowohl die Rhetorik der Fünf-Sterne-Bewegung zu Umweltthemen und neuen Technologien, als auch die anti-islamistischen und einwanderungsfeindlichen Parolen der Lega wieder. Auch die wichtigsten Versprechen der Parteien - eine "mutige und revolutionäre" Finanzreform sowie ein Grundeinkommen von 780 Euro - stehen im Regierungsprogramm. Ein Ende der Sanktionen gegen Russland, Volksentscheide, Rentenreform und Mindestlohn sind weitere Themen.

Sollten auch die Anhänger der Lega das Regierungsprogramm absegnen, wird es Italiens Präsident Sergio Mattarella vorgelegt. Das Treffen mit Mattarella ist laut Lega-Chef Matteo Salvini für Montag geplant. Bis dahin soll auch ein Kandidat für den Posten des Regierungschefs feststehen. Der Präsident muss die Nominierung absegnen, bevor das Parlament darüber abstimmen kann.

Salvini versicherte, dass weder er noch Di Maio Regierungschef würden. Di Maio zog dies nun aber wieder in Zweifel: "Ich weiß nicht, ob ich am Ende Regierungschef werde, aber unser echter Anführer, das Programm, wird das Land regieren", sagte er.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...