Politik

Nato eröffnet Aufnahme-Verfahren für Mazedonien

Die Nato setzt ihre Erweiterungspolitik in Europa fort.
12.07.2018 23:05
Lesezeit: 4 min

Die Nato hat den Balkan-Staat Mazedonien zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen eingeladen. "Die Tür der Nato ist und bleibt offen: Wir sind übereingekommen, die Regierung in Skopje einzuladen, Beitrittsgespräche zu beginnen", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch beim Nato-Gipfel in Brüssel. "Wenn alle nationalen Verfahren abgeschlossen sind, um die Namens-Vereinbarung zu besiegeln, wird das Land der Nato als 30. Mitglied beitreten".

Griechenland hatte wegen des Namensstreits den Beitritt Mazedoniens zur Nato, aber auch zur EU, blockiert. Athen befürchtete, dass der Nachbar mit der Landesbezeichnung Mazedonien Ansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz erheben könnte. 1993 wurde Mazedonien deshalb auch nur unter dem vorläufigen Namen Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien (englisch abgekürzt FYROM) Mitglied der UNO. Im Juni beendeten Athen und Skopje schließlich nach 27 Jahren ihren Streit und einigten sich darauf, dass das Land künftig "Republik Nord-Mazedonien" heißen soll.

Allerdings sind noch einige formelle Hürden zu nehmen: Das Parlament in Skopje hat zwar schon zugestimmt. Es fehlt aber noch ein Referendum zur Änderung der mazedonischen Verfassung. Dieses soll voraussichtlich im September oder Oktober stattfinden. Erst danach würde auch das griechische Parlament endgültig grünes Licht geben. Mazedonien könnte dann in ein bis zwei Jahren 30. Nato-Mitglied werden.

Der mazedonische Premier Zoran Zaev hatte im vergangenen Jahr der Tageszeitung Pobjeda gesagt, dass die Mitgliedschaft in der NATO für Mazedonien wichtig sei, “weil das militärische Bündnis, insbesondere für uns auf dem Balkan, Stabilität, Sicherheit und Unverletzlichkeit der Grenzen bedeutet”.

B92 zitiert Zaev: “Darüber hinaus ist die NATO eine Garantie für wirtschaftliches Wachstum, wirtschaftliche Entwicklung und einen Zustrom ausländischer Investitionen. Schließlich, wenn Mazedonien Mitglied der NATO wäre, hätte das diktatorische Regime von Nikola Gruevski es nicht gewagt, zusammen mit seinen Sponsoren die Krisen und die Unruhen, die wir leider in den vergangenen Jahren erlebt haben, auszulösen.

Griechenlands Unterstützung für den NATO-Beitritt Mazedoniens löste Spannungen zwischen Moskau und Athen aus. Russland befürchtet, dass durch den Beitritt der Balkanländer sein Einfluss auf dem Balkan schrittweise zurückgehen wird. So beschloss die Regierung in Athen am 10. Juli 2018, vier russische Diplomaten auszuweisen. Der Guardian führt dazu aus: “Vier russische Diplomaten werden aus Griechenland verbannt, nachdem bewiesen wurde, dass Russland versucht, Widerstand gegen ein historisches Abkommen zwischen Griechenland und Mazedonien (Beilegung des Namensstreits, Anm. d. Red.) zu schüren, das den Weg für Mazedoniens NATO-Mitgliedschaft ebnen und so den russischen Einfluss auf den westlichen Balkan schwächen könnte (...) Zoran Zaev, der mazedonische Premierminister, der auf dem NATO-Gipfel in Brüssel sprach, sagte, er wisse, dass Russland hinter einigen Protesten vor seinem eigenen Parlament stehe, aber er sagte, sein Land werde keinen Konflikt suchen. “Wir sind ein kleines Land. Wir wollen eine Freundschaft mit allen aufbauen. Es gibt keine Alternative als die Nato-Mitgliedschaft”, sagte er.”

Die russische Nachrichtenagentur RIA zitierte einen Abgeordneten des Parlaments in Moskau, wonach Russland auf die Ausweisung reagieren und zwei griechische Diplomaten des Landes verweisen werde.

Länder wie Bulgarien hätten es geschafft, ausländische Direktinvestitionen zu verdreifachen, nachdem sie der NATO beigetreten seien, und er hoffe, dass dies seinem Land den gleichen Auftrieb geben werde.

Hintergrund

Im Jahr 2008 hatte Griechenland auf dem Nato-Gipfel in Bukarest ein Beitrittsangebot der Nato an Mazedonien blockiert, meldet die mazedonische Armee auf ihrer Webseite. Auslöser war der Namensstreit mit der ehemaligen jugoslawischen Republik. Ab 2002 nahm Mazedonien an der Nato-Einsatz (ISAF) in Afghanistan teil.

Mazedonien kooperiert im Rahmen der Nato insbesondere mit den USA. So nahm das Land auch von 2003 bis 2008 an der „Operation Iraqi Freedom“ mit 500 Soldaten teil, so EUCOM.

Der ehemalige Ministerpräsident und VMRO-DPMNE-Chef Nikola Gruevski gilt als pro-russisch. Die sozialdemokratische Oppositionspartei SDSM unter Zoran Zaev und die Albaner-Parteien PDSH und BDI gelten als pro-EU und pro-Nato, so The New Balkan Politics.

Mazedonien als Energiekorridor

Mazedonien spielt auch energiepolitische eine wichtige Rolle. Denn Mazedonien gilt als wichtige Transit-Route auf dem europäischen Energiemarkt. Für den Kreml steht fest, dass die USA im Zuge eines „Regime-Change“ den aktuellen Präsidenten Gjorge Ivanov stürzen wollen, um eine pro-westliche Regierung einzusetzen. Tatsächlich gelten Ivanov und der ehemalige Regierungschef Nikola Gruevski als pro-russische Politiker. Die USA möchten, dass Europa über die Trans-Adria-Pipeline (TAP), die durch Mazedonien verlaufen soll, mit Gas versorgt wird.

Die Jamestown Foundation führt aus: “Die Sicherheitsbedenken für die NATO bestehen darin, dass Moskau alternative Energieprojekte blockiert, um die Abhängigkeit vieler europäischer Länder von Russland als einzigen oder wichtigsten Kohlenwasserstofflieferanten aufrecht zu erhalten, was es für Moskau einfacher machen würde, wirtschaftlichen und politischen Druck auf sie auszuüben.”

Im Rahmen des Southern Gas Corridor (SGC), eine Initiative der EU, um Gas vom Kaspischen Meer und Nahen Osten nach Europa zu transportieren, soll nicht-russisches Gas nach Europa fließen. Die TAP ist ein wichtiger Bestandteil des SGC.

Die Regierung in Athen ist ein vehementer Unterstützer des Baus der TAP. In diesem Zusammenhang macht die plötzliche Aussöhnung zwischen Mazedonien und Griechenland Sinn. Anteilseigner an der TAP sind mit 19 Prozent der belgische Fernleitungsbetreiber Fluxys, mit 20 Prozent BP, mit 20 Prozent der italienische Fernleitungsbetreiber Snam, mit 16 Prozent der spanische Fernleitungsbetreiber Enagas, mit fünf Prozent der Schweizer Energiedienstleister Axpo. Europetrole zitiert Ian Bradshaw, Geschäftsführer des TAP-Projekts: “Dank unserer beispielhaften Zusammenarbeit mit der griechischen Regierung und den zuständigen Behörden auf allen Ebenen verläuft unsere Projektabwicklung weiterhin wie erwartet.”

Doch Mazedonien spielt auch beim Verlauf der russischen Pipeline Turkish Stream eine wichtige Rolle. Turkish Stream soll von Russland aus in die Türkei, und von da aus nach Griechenland, Serbien und Mazedonien verlaufen. bne intellinews führt in einem Bericht vom Dezember 2017 aus: “Die russische Botschaft in Skopje hat Turkish Stream als Lösung für die extreme Luftverschmutzung in Mazedonien vorgeschlagen - ein Problem, mit dem das Land, insbesondere die Hauptstadt, seit einigen Jahren konfrontiert ist.

Dies kam als Antwort auf einen Tweet der US-Botschaft in Skopje vom 14. Dezember: “Die Luftverschmutzung in Skopje war heute so hoch, dass man die Botschaft kaum sehen konnte! Welche Ideen gibt es für eine sauberere Luft in #Mazedonien?”

Die Luftverschmutzung in der Hauptstadt war besonders am 14. und 15. Dezember sehr hoch (...) Die russische Botschaft antwortete in einem Tweet: “@usembassymkd sucht nach Ideen für die Luftverschmutzung in Mazedonien, wir wollen mit einer Lösung helfen. #TurkishStream”. Turkish Stream ersetzt South Stream, eine Pipeline, die über das Schwarze Meer und Bulgarien nach Mitteleuropa fließen sollte.”

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