Finanzen

Amtsgericht München eröffnet Insolvenz-Verfahren gegen P&R Container

Das Amtsgericht München hat die Insolvenzverfahren gegen die Münchner P&R-Gesellschaften eröffnet. Seit Jahren wurden keine Container angeschafft, für die Anleger viel Geld zahlten.
26.08.2018 00:43
Lesezeit: 2 min

Eigentlich finden in der Münchner Olympiahalle Sport-, Musik und andere Großevents statt. Am 17. und 18. Oktober treffen sich dort allerdings bis zu 54.000 Anleger, die Container bei dem Grünwalder Anbieter P&R gekauft haben. Wie bei einem Sportevent wird es emotional hoch her gehen.

Denn die Containerkäufer wurden offenbar seit langem betrogen, wie die als Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwälte Dr. Michael Jaffé und Dr. Philip Heinke in einer Pressemitteilung erklärten: „Tatsächlich zeigen die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchungen, dass die deutschen Gesellschaften offensichtlich über viele Jahre hinweg Verträge mit Anlegern über Container geschlossen haben, die es de facto nie gegeben hat und die auch nicht angeschafft wurden. Vielmehr wurden die neu eingeworbenen Gelder dazu genutzt, laufende Verbindlichkeiten aus Mietzahlungen und Rückkäufen gegenüber Altanlegern zu begleichen.“ In einfache Worte übersetzt bedeutet dies, dass offenbar ein Schneeballsystem betrieben wurde.

Untermauert wird diese Aussage durch konkrete Zahlen. Eigentlich sollten 1,6 Millionen Container vorhanden sein, für die Anleger rund 3,5 Milliarden Euro nach Grünwald überwiesen. Tatsächlich vorhanden sind allerdings nur 618.000 Stahlboxen. Da diese auch noch deutlich weniger Wert sind als von P&R beim Kauf in Rechnung gestellt wurde, müssen sich die Anleger auf herbe Verluste einstellen. Eine genaue Abschätzung ist derzeit schwierig, weil die Insolvenzverwalter bisher keine Angaben zur Altersstruktur und den Größen machten. Auch bei anderen Themen müssen die Investoren noch bis Oktober Geduld aufbringen, bis sie vermutlich mehr erfahren.

Zum Beispiel sprechen die Insolvenzverwalter zwar von einem stabilen Vermietungsgeschäft bei den vorhandenen Boxen, die Höhe der monatlichen Mieteinnahmen beziffern sie hingegen nicht. Das gilt ebenso für eine erste Zahlung aus der Schweiz. P&R hat nämlich zur Verschleierung ihr tatsächliches Containergeschäft aus dem steuergünstigen Zug betrieben. Die dortige P&R-Gesellschaft hat zumindest bisher noch keinen Konkursantrag gestellt. Sollte das passieren, könnte sich die Insolvenzquote zusätzlich vermindern und damit der Schaden weiter vergrößern.

Welche Hiobsbotschaften die gutgläubigen Investoren noch erwartet, ist längst nicht klar. In vielerlei Hinsicht gibt es beim größten Anlageskandal in der Geschichte Deutschlands noch rechtlichen Klärungsbedarf. Das fängt ganz vorne mit der Frage an, ob die Anleger überhaupt Eigentum erworben haben. Die Insolvenzverwalter sagen ganz klar nein, was zumindest für den Großteil gelten dürfte. Jeder zehnte Anleger hat hingegen ein Eigentumszertifikat angefordert, weshalb in diesen Fällen eine eindeutige Zuordnung in Form von Containernummern möglich ist.

Diese Anleger müssen sich sehr gut überlegen, wie sie ihre Forderung in den nächsten Wochen anmelden. Bis zum 14. September hat das Amtsgericht München dafür vorerst Zeit eingeräumt. Bis dahin müssen sie sich entscheiden, ob sie eine Aussonderung beantragen oder ihre Forderungen wie alle anderen Gläubiger zur Insolvenztabelle anmelden.

Für Anwälte bedeutet das Hochkonjunktur. Wer bei Suchmaschinen P&R eingibt, wird mit Werbung überschüttet. Nicht alle der Anwälte besitzen hingegen das dafür notwendige Fachwissen. Ohne Spezialwissen im Kapitalanlage- und Insolvenzrecht ist eine Beurteilung der sehr komplexen Sachverhalte nicht möglich. Das gilt auch für eventuelle Schadensersatzansprüche. Wer das Glück hat, seine Anteile über eine Bank oder einen versicherten Finanzdienstleister erworben zu haben, der kann in diese Richtung Regressforderungen prüfen lassen. Gegen die Geschäftsführer als Hauptverursacher übernehmen dies bereits die Insolvenzverwalter. Erste Ansprüche wurden bereits durchgesetzt, weitere sollen folgen. „Die Anleger haben ein Recht darauf, dass die Verantwortlichen auch zivilrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden“, so Dr. Jaffé. Angesichts des Milliardenschadens wird das allerdings nur einen Bruchteil der Fehlbeträge ausgleichen können.

Zum Autor:

Stefan Loipfinger hat kürzlich das Buch „Achtung, Anlegerfallen!“ veröffentlicht. In diesem beim Finanzbuch Verlag erschienen Werk (ISBN: 978-3-95972-087-8) wurde schon vor P&R gewarnt. Ein Grund dafür waren aufgezeigte Mietunterdeckungen in dreistelliger Millionenhöhe, die nur durch neues Anlegergeld ausgeglichen werden konnten. Mit konkreten Zahlen und Fakten wurde aber nicht nur das zweifelhafte P&R-Modell entlarvt. Von Anleihen über Lebensversicherungen, Zertifikaten und Immobilienfonds bis zu modernen Crowdinvestments werden konkrete Beispiele beim Namen genannt, die häufig unterschätzte Risiken in sich bergen. In seinem Blog [www.investmentcheck.de] berichtet er regelmäßig über den grauen Kapitalmarkt.

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