Politik

EU und Großbritannien einigen sich über Gibraltar

Lesezeit: 2 min
24.11.2018 20:21
Die EU und Großbritannien werden am Sonntag den Vertrag über den Austritt unterzeichnen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden am Sonntag die Vereinbarungen zum Austritt Großbritanniens verabschieden. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez gab am Samstag nach einem Kompromiss mit London zur Gibraltar-Frage seinen Widerstand auf und kündigte an, den Brexit-Sondergipfel nicht zu blockieren. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, die 27 verbleibenden EU-Staaten hätten alle Verhandlungsziele erreicht und "den Test der Einheit und Solidarität bestanden".

"Spanien hat sein Veto aufgehoben und wird für den Brexit stimmen", sagte Sánchez in einer live übertragenen Fernsehansprache. Möglich mache dies die Einigung über Gibraltar im Süden der iberischen Halbinsel, das seit 1713 in britischer Hand ist, auf das Spanien aber Anspruch erhebt.

"Europa und Großbritannien haben Spaniens Forderungen akzeptiert", hob Sánchez hervor. Madrid bekam auch von der EU die schriftliche Zusicherung, dass Vereinbarungen Brüssels und Londons zu ihren künftigen Beziehungen nicht automatisch auf Gibraltar Anwendung finden. In einem AFP vorliegenden Brief von Ratspräsident Tusk wird Madrid garantiert, dass bei Vereinbarungen mit Blick auf das Gebiet vorher die Zustimmung Spaniens nötig ist.

Welche Zusagen, inbesondere finanzieller Art, Spanien bei dem Deal herausschlagen konnte bleibt vorerst unbekannt.

Ein britischer Regierungssprecher sicherte zu, Spanien nach dem Brexit in die Entscheidungen über Gibraltar einzubinden. Die britische Premierministerin Theresa May sagte am Abend in Brüssel, die Position Londons "zur Souveränität Gibraltars" habe "sich nicht verändert und wird sich nicht verändern". Großbritannien werde "immer für die gesamte Familie des Vereinigten Königreichs verhandeln, einschließlich Gibraltars".

Nach dem Gibraltar-Durchbruch versandte Ratspräsident Tusk die offizielle Einladung zu dem Sondergipfel. Die mit Großbritannien getroffenen Vereinbarungen dämmten "die Risiken und Verluste" durch den Brexit ein, schrieb er darin. Es sei nicht Ziel der Brexit-Verhandlungen gewesen, "irgendjemanden zu besiegen". Herausgekommen sei "der bestmögliche Kompromiss".

Der Austrittsvertrag sieht eine Übergangsphase bis Ende 2020 vor, in der Großbritannien vorerst noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion bleibt. Er regelt zudem die Rechte der Bürger auf beiden Seiten sowie die Finanzforderungen an London und definiert ein Verfahren zur Klärung der strittigen Grenzfrage zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland.

In der politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen bietet die EU Großbritannien eine "ehrgeizige" wirtschaftliche und politische Partnerschaft an. Dazu gehört die "Schaffung eines Freihandelsgebiets" ohne Zölle. Alle Abkommen dazu sollen nach dem Brexit am 29. März 2019 während der Übergangsphase bis Ende 2020 ausgehandelt werden.

May führte am Samstagabend in Brüssel letzte Gespräche vor dem Gipfel. Sie traf zunächst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dann Tusk. EU-Diplomaten zufolge standen aber keine substanziellen Verhandlungen mehr an.

Die getroffenen Vereinbarungen seien "fair für das Vereinigte Königreich, fair für die EU", erklärte ein Sprecher Junckers am Abend im Kurznachrichtendienst Twitter. Tusk gab dort als "Motto" für den Gipfel die "Queen"-Songzeile "Friends will be friends, right till the end" ("Freunde werden Freunde sein, bis zum Ende").

Nach dem Gipfel-Beschluss braucht May vor dem EU-Austritt noch die Unterstützung des britischen Parlaments. Dort gibt es große Widerstände gegen das Brexit-Abkommen, auch in Mays konservativer Partei.

Mays Finanzminister Philip Hammond warnte am Samstag in der BBC vor einem EU-Austritt ohne ein Abkommen. Er sei überzeugt, dass in diesem Fall "die Konsequenzen für die britische Wirtschaft in der Tat sehr ernst sein werden".


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Vanguard, iShares und Co.: Welcher ETF-Anbieter ist der beste?
08.09.2024

In Deutschland bieten mehr als ein Dutzend Unternehmen ETFs an. Doch manche können eine deutlich bessere Erfolgsbilanz vorweisen als...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdgas: Hohe Preise trotz voller Speicher
08.09.2024

Europa bereitet sich in Sachen Energieversorgung auf den Winter vor. Die Gasspeicher sind voll und die Nachfrage sinkt. Dennoch liegen die...

DWN
Politik
Politik Wer wird eine neue europäische Debattenkultur schaffen?
08.09.2024

Europas Zukunft steht auf dem Spiel: Präsident Macron warnt vor dem Zerfall des Kontinents. Während die alte EU-Ordnung erlahmt, wachsen...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Risiken: Verschlingt der Finanzsektor die Realwirtschaft?
08.09.2024

Das globale Derivate-Geschäft beträgt ein Vielfaches der Weltwirtschaft. Manche Experten sehen Optionen, Zertifikate, Swaps und CFDs als...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Vom Turing-Test zur Ära der Allgemeinen Intelligenz (AGI)
08.09.2024

Die weltbesten Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) können schwierige Prüfungen bestehen, überzeugend menschliche Aufsätze...

DWN
Politik
Politik Wie Indien zwischen Russland und dem Westen balanciert - und was das für Deutschland bedeutet
08.09.2024

Indiens hindunationalistischer Premierminister Narendra Modi bestimmt maßgeblich über die Zukunft des Landes. Sein Besuch in Kiew letzte...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilien: Brutalismus - die Renaissance der Betonriesen
08.09.2024

Potthässlich oder faszinierend? Der Brutalismus erlebt derzeit eine Renaissance und begeistert neue Anhänger dieses Baustils auf sozialen...

DWN
Politik
Politik Die EU sollte ukrainischen Flüchtlingen die Rückkehr nach Hause erleichtern
08.09.2024

Nach der Invasion der Ukraine im Februar 2022 fanden Millionen von Ukrainern Zuflucht in der EU, besonders in Deutschland und Polen. Diese...