Der Währungsverfall der Türkischen Lira bereitet auch den Top-Clubs der türkischen Fußballiga (Süperlig) finanzielle Probleme. Die „Drei Großen“ Fenerbahçe Istanbul, Beşiktaş Istanbul und Galatasaray Istanbul sind hochverschuldet. Fenerbahçe hat Schulden in Höhe von 621 Millionen Euro, Galatasaray in Höhe von 470 Millionen Euro und Beşiktaş in Höhe von 360 Millionen Euro.
Burhan Karaçam, Vizepräsident von Fenerbahçe, zufolge steigen die Schulden seines Clubs bei jedem Währungsverfall um eine Lira auf eine weitere negative Summe zwischen umgerechnet 43,48 und 50,55 Millionen Euro. „80 Prozent unserer Schulden sind Fremdwährungsschulden. Um dieses Problem zu lösen, müssen wir uns über die Türkische Lira verschulden“, zitiert CNN Türk Karaçam.
Ali Koç, der im Sommer zum Präsidenten von Fenerbahçe gewählt wurde, hat seinem Club 50 Millionen US-Dollar aus der eigenen Tasche zukommen lassen, um eine Insolvenz abzuwenden. Koç ist gleichzeitig der Vize-Vorsitzende der Koç-Gruppe, die einen jährlichen Umsatz von etwa 43 Milliarden US-Dollar hat.
UEFA-Strafen für Vereine
Nach Informationen des türkischsprachigen Diensts der BBC besteht die Gefahr, dass der Club aufgrund der Schuldenkrise im kommenden Jahr von den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen wird. Erschwerend hinzu kommt, dass Fenerbahçe, Beşiktaş und Galatasaray wegen Verstößen gegen die Financial Fairplay-Regelung von der UEFA mit Transferstrafen belegt wurden. So darf beispielsweise Galatasaray das Geschäftsjahr 2019 mit einem maximalen Verlust von 20 Millionen Euro und das Jahr 2020 mit einem Verlust von maximal zehn Millionen Euro abschließen, so CNN Türk. Das Geschäftsjahr muss anschließend mit einem Gewinn abgeschlossen werden. Wenn diese Ziele nicht erreicht werden sollten, muss der Club Strafen in Millionenhöhen bezahlen. Im Verlauf dieser Phasen kann der Club nur dann einen Spieler kaufen, wenn zuvor ein Spieler mit einem höheren Gewinn verkauft wurde. Deshalb sind die drei Clubs darauf angewiesen, Spieler zu leihen.
Der Harvard-Absolvent und ehemalige Analyst von Morgan Stanley, Koç, liefert eine betriebswirtschaftliche Sicht auf die Schuldenkrise des türkischen Fußballs.
Die Sportzeitung Fanatik zitiert den Unternehmer und Fußball-Präsidenten: „Es muss sich alles ändern: vom Fußballverband bis zu den Medien. Bei den großen Clubs gibt es keine Unternehmensbeteiligungen. Deshalb ist es nicht möglich, den Clubs Mittel zufließen zu lassen (...) Wir sollten darüber nachdenken, die europäischen Wettbewerbe um fünf Jahre zu meiden (...) Wir sollten eine viel strengere eigene Disziplinierung als das Financial Fairplay vornehmen. Ausländische Spieler verdienen hier zwei bis dreieinhalb so viel wie im Ausland. Deshalb gehören wir auch zu den Ligen mit den ältesten Spielern (...) Die UEFA will, dass der türkische Fußball gesundet, um den Marktwert der UEFA zu steigern. Der AS Monaco hat zu seinen besten Zeiten 30.000 Trikots pro Jahr verkauft. Bei uns liegt dieser Anteil bei 250.000 bis 300.000 (...) In den kommenden Jahren wird die Kluft zwischen zehn bis 15 Top-Clubs und den restlichen Clubs drastisch größer werden. Vielleicht werden auch 95 Prozent der Gesamteinnahmen an diese zehn bis 15 Clubs gehen.“
Kritik am Fußballverband TFF
Mit der Forderung nach einer Veränderung innerhalb des türkischen Fußballverbands (TFF) zielt Koç offenbar auf den aktuellen TFF-Präsidenten Yıldırım Demirören ab. Demirören war zuvor Präsident des Clubs Beşiktaş. Die Enthüllungs-Plattform Football Leaks führt aus: „Als der türkische Geschäftsmann Yıldırım Demirören am 27. Februar 2012 als Präsident des Istanbuler Fußballklubs Beşiktaş aufgab, hinterließ er ein Erbe der Zerstörung. Die Finanzen des Clubs waren in einem schlechten Zustand, mit Schulden in Höhe von 200 Millionen Euro, einem kumulierten Budgetdefizit von über 160 Millionen Euro und einem wachsenden Stapel unbezahlter Rechnungen. Beşiktaş, einer der großen historischen Istanbuler Teams, neben Fenerbahçe und Galatasaray, wurde daraufhin ein zweites Mal von der Teilnahme an der UEFA Champions League ausgeschlossen und war tief in einen Wettskandal verwickelt. Aber der scheidende Häuptling fiel nicht in Ungnade.
Sein Ausscheiden führte ihn zu einem besseren Job. Er wurde Präsident des türkischen Fußballverbandes (TFF) (...) Er besetzt diesen Posten noch heute (...) Ein Teil der finanziellen Probleme von Beşiktaş war auf fragwürdige Transfergeschäfte zurückzuführen, die Demirören mit Spielern ermöglichte, die mit der irischen Fußballagentur Gestifute verbunden waren. Gestifute wird vom portugiesischen Spielervermittler Jorge Mendes geleitet. In etwas mehr als einem Jahr, hauptsächlich in einem Zeitraum von sechs Monaten, unterschrieb Demirören persönlich geheime Provisionsvereinbarungen mit Gestifute, die der weltgrößten Spieleragentur sechs Millionen Euro an Gebühren einbrachten und den Club über 60 Millionen Euro an Transfers und Spielergehältern kosteten.“
Football Leaks zufolge sollen die lukrativen Provisionsverträge von Gestifute mit Beşiktaş unrechtmäßig gewesen sein. Sie sollen gegen die Regeln der FIFA und des türkischen Fußballverbandes verstoßen haben. In diesen Skandal soll auch der türkische Spielervertreter von Gestifute, Ahmet Bulut, verwickelt gewesen sein.
Der ehemalige türkische Nationalspieler Sergen Yalçın hatte bereits im Jahr 2014 Demirören, Mendes und Bulut für die Missstände bei Beşiktaş verantwortlich gemacht, berichtet die Zeitung Hürriyet.