Politik

Türkei soll nicht Teil der EU-Armee werden

Lesezeit: 2 min
02.12.2018 19:46
Die Türkei soll offenbar kein Mitglied des EU-Militärpakts PESCO werden. Ihre militärischen Beziehungen mit den USA und Russland sind zu eng.
Türkei soll nicht Teil der EU-Armee werden

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der gemeinsame militärische Pakt der EU (Permanent Structured Cooperation - PESCO) wird nach dem Brexit auch Ländern außerhalb des Blocks offenstehen. Dazu gehören die USA, Großbritannien, Norwegen und die Türkei. Allerdings soll die Teilnahme nur im Einzelfall erfolgen, berichtet Politico. PESCO zielt darauf ab, die Streitkräfte der EU-Mitgliedsländer viel stärker miteinander zu verbinden. Neben der Stärkung der Unabhängigkeit der EU in der Verteidigungspolitik sollen auch die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovation in der Verteidigungsindustrie des Kontinents verbessert werden.

Im Mai 2018 brachten Litauen, Estland, Lettland, die Niederlande, Polen, die Slowakei, Tschechien, Bulgarien, Finnland, Schweden und Portugal ein Dokument ein, wonach auch Nicht-EU-Mitglieder an PESCO mitwirken sollen. Frankreich hatte hingegen Vorbehalte, da eine Öffnung von PESCO nach außen dazu führen könnte, dass britische und US-amerikanische Rüstungsunternehmen europäischen Rüstungsunternehmen ihren Binnenmarkt streitig machen. Österreich und Griechenland hatten hingegen Vorbehalte für eine Kooperation mit der Türkei.

Federica Mogherini, EU-Außenamtschefin, schlug anschließend einen Kompromiss vor. Dem Kompromissvorschlag zufolge soll die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Mitgliedern "von Fall zu Fall" stattfinden, wenn dies erforderlich ist. Sie fügte hinzu, dass die Teilnahme eines Nicht-EU-Landes „nicht zu Abhängigkeiten führen darf, die möglicherweise die (gemeinsame) Verwendbarkeit oder den operativen Einsatz der in einem Einzelprojekt entwickelten Fähigkeit behindern oder blockieren" könnte. "Der eingeladene Drittstaat“ müsse einen erheblichen Mehrwert für die Erreichung der Ziele des einzelnen Projekts bieten. Allerdings gehört für eine Mitwirkung an PESCO das Bekenntnis "zu den Werten der EU".

Ein hochrangiger EU-Diplomat sagte Politico, dass dieser Satz speziell hinzugefügt wurde, um den Ausschluss der Türkei zu ermöglichen. Der aktuelle türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan steht in Westeuropa in der Kritik.

Im Rahmen von PESCO hat jedes Projekt normalerweise ein Hauptland, wobei andere Länder beitreten. Siebzehn PESCO-Projekte wurden bereits vereinbart, weitere 33 wurden vorgeschlagen. Es ist Sache der Länder, die an jedem einzelnen Projekt teilnehmen, zu entscheiden, welches Drittland gemäß dem Arbeitspapier gegebenenfalls eingeladen wird.

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu führt aus: "PESCO ist hinsichtlich der Zusammenarbeit bei der neuen Verteidigungsintegration recht flexibel, da nicht alle EU-Mitgliedstaaten teilnehmen müssen. Ebenso müssen nicht alle PESCO-Staaten an allen Projekten teilnehmen. PESCO hat das Potenzial, innovative technologische Programme von Rüstungsunternehmen in der EU voranzutreiben. Es fördert auch die Zusammenarbeit durch multilaterale Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Dies ist, was die Türkei für ihre Verteidigung sucht (...) Vielleicht ist es an der Zeit zu prüfen, ob PESCO in den Beziehungen zwischen der Türkei und der EU eine Rolle spielen könnte."

Doch die militärischen Beziehungen der Türkei mit den USA und Russland sind weitaus ausgeprägter als mit der EU. Die Türkei ist sowohl über die NATO als auch auf der bilateralen militärischen Ebene mit den USA verzahnt. Mit Russland wurde angesichts der Syrien-Krise eine enge Kooperation begonnen. Die Türkei plant, russische S-400-Luftabwehrraketensysteme zu kaufen. Im Syrien-Konflikt erfolgen durchgehende Absprachen zwischen Washington, Moskau und Ankara - ohne die Einbeziehung Deutschlands, Frankreichs oder eines anderen EU-Vollmitglieds.

Es bleibt unklar, ob die EU die Türkei, die derart enge militärische Beziehungen mit zwei Nicht-EU-Mächten führt, auch wirklich in das PESCO-Konzept einbeziehen kann.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Dublin-Abkommen vor dem Aus: EU plant verschärfte Regeln für Asylbewerber
07.06.2023

Am Donnerstag sollen die EU-Innenminister in der Frage der strittigen Reform des EU-Asylsystems zusammenkommen. Noch kurz vor den...

DWN
Politik
Politik „Air Defender 2023“: Nato startet größtes Luft-Manöver seiner Geschichte
07.06.2023

Das westliche Militärbündnis startet das größte Luftmanöver seiner Geschichte. Deutschland fällt dabei eine Schlüsselrolle zu.

DWN
Politik
Politik ARD-Chef Gniffke: „Wir werden für eine Erhöhung der Rundfunkbeiträge kämpfen“
06.06.2023

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk will den Beitrag ab 2024 erhöhen – trotz Gesamteinnahmen von über 8 Milliarden Euro im Jahr....

DWN
Immobilien
Immobilien US-Banken verkaufen eilig Gewerbeimmobilien-Kredite
06.06.2023

Auch wenn Kreditnehmer ihre Rückzahlungen pünktlich geleistet haben, wollen große US-Banken Hunderte von Millionen Dollar an...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ende der Rezession „nicht absehbar“: Industrieaufträge fallen erneut
06.06.2023

Die Auftragslage der deutschen Industrie war auch im April enttäuschend. Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession fest – und...

DWN
Marktbericht
Marktbericht Staudamm in der Ukraine schwer beschädigt: Sprengung oder Beschuss?
06.06.2023

In der von Russland kontrollierten Region Cherson ist ein wichtiger Staudamm schwer beschädigt worden. Kiew und Moskau machten sich...

DWN
Finanzen
Finanzen Der große Schuldenerlass wirft seinen Schatten voraus
05.06.2023

Angesichts stark steigender Schulden erwarten einige Analysten einen großen Schuldenerlass. Möglich sei, dass dieser global ausfällt....

DWN
Politik
Politik Ukraine-News Mai 2023: Der Ukraine läuft die Zeit davon
31.05.2023

Das Ende der Waffenlieferungen für die Ukraine rückt unaufhaltsam näher, sagen Beamte in den USA und Europa. Damit droht Kiew der...