Nach der Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten hat der venezolanische Präsident Nicolás Maduro den US-Diplomaten bis zum Sonntag Zeit gegeben, das südamerikanische Land zu verlassen. US-Außenminister Mike Pompeo konterte, die Anweisungen des Präsidenten seien gegenstandslos, da die USA dessen Regierung nicht mehr anerkennten. „Was denken sie, wer sie sind?“, fragte Maduro am Donnerstag aufgebracht in einer Rede vor dem Obersten Gerichtshof. „Denken sie, sie hätten eine koloniale Enklave in Venezuela?“
Am Vortag hatte Parlamentschef Juan Guaidó sich selbst zum Interimspräsidenten erklärt und damit Maduro offen herausgefordert. Die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder erkannten den Gegenpräsidenten als legitimen Staatschef an. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief zu „freien und glaubwürdigen Wahlen“ in Venezuela auf und sagte dem von der Opposition geführten Parlament die Unterstützung der Europäischen Union zu. Maduro hingegen kann auf die Unterstützung des mächtigen Militärs sowie seiner Verbündeten in Russland, Iran, Türkei, Kuba, Bolivien und Nicaragua zählen.
Am Donnerstag brachten sich die Kontrahenten in Stellung. „Die Streitkräfte werden niemals einen Präsidenten akzeptieren, der von dunklen Mächten eingesetzt wird, oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt“, sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino. „Wir erkennen unseren Chefkommandeur Nicolás Maduro als legitimen Präsidenten an.“
Guaidó hingegen stellte in seiner neuer Funktion als Interims-Präsident bereits einen Antrag auf humanitäre Hilfe aus den USA. Er bitte um die Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischen Artikeln, schrieb er am Donnerstag an US-Außenminister Pompeo. Auch die Entsendung eines Klinikschiffs sei wünschenswert.
Zuvor hatte Pompeo bereits humanitäre Hilfslieferungen in Aussicht gestellt, sobald das logistisch möglich sei. Die USA seien bereit, 20 Millionen Dollar für Lebensmittel und Medizin zu schicken, sagte er.
Angesichts der Pattsituation warnte das venezolanische Militär vor einer gewalttätigen Lösung des Konflikts. „Ein Bürgerkrieg wird die Probleme Venezuelas nicht lösen“, sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino. Es bedürfe eines Dialogs zwischen der Regierung und der Opposition, „denn ein Krieg ist nicht unsere Wahl, sondern ein Instrument vaterlandsloser Gesellen, die nicht wissen, was das bedeutet.“
Bei den Massenprotesten am Mittwoch war es bereits zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Vermummte Demonstranten schleuderten Steine auf die Beamte. Mindestens 26 Menschen seien dabei ums Leben gekommen, teilte die Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) mit. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Foro Penal wurden zudem 332 Personen festgenommen.