Politik

Belgische Zeitung facht Debatte um Atomwaffen mit angeblichem Nato-Dokument an

Lesezeit: 2 min
18.07.2019 10:57
Das geleakte Dokument über die geheime Präsenz von Atomwaffen in Europa ist kein offizielles Nato-Dokument. Das bestätigte ein Nato-Sprecher den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.
Belgische Zeitung facht Debatte um Atomwaffen mit angeblichem Nato-Dokument an
Der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg. (Foto: dpa)

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Am 16. Juli 2019 hat die belgische Zeitung De Morgen ein angebliches Dokument der Nato veröffentlicht, in dem die geheimen Standorte von etwa 150 US-Atomwaffen in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei offengelegt werden.

“Diese Bomben werden in sechs US-amerikanischen und europäischen Stützpunkten gelagert - Kleine Brogel in Belgien, Büchel in Deutschland, Aviano und Ghedi -Torre in Italien, Volkel in den Niederlanden und Incirlik in der Türkei”, so die belgische Zeitung.

Ein Sprecher der Nato sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten in diesem Zusammenhang: “Wir äußern uns nicht zu Einzelheiten der nuklearen Lage der Nato. Das zitierte Dokument ist ein Berichtsentwurf von Parlamentariern der Nato-Staaten, die unter der parlamentarischen Versammlung der Nato zusammenkommen. Dies ist kein offizielles Nato-Dokument.”

Doch De Morgen zufolge sollte das Dokument als Anlass dafür genommen werden, um die Debatte über taktische US-Atomwaffen in Europa zu intensivieren, und die Parlamente darüber entscheiden zu lassen, ob belgische, niederländische und italienische F35-Jets diese Atombomben befördern sollen.

“In Belgien, den Niederlanden und Deutschland kann diese Debatte etwas ändern. Die Parlamente können abstimmen, um die Atomwaffen entfernen zu lassen (...) Das haben die Spanier und Griechen bereits in der Vergangenheit getan. Ob Mehrheiten gefunden werden, ist eine andere Frage. Die Gräben zwischen Anhängern und Gegnern scheinen genauso tief zu sein wie zuvor“, so Sico van der Meer vom Clingendael-Institut. 

Der Leak ist auch im Zusammenhang mit dem Abrüstungsvertrag INF   - Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty (INF) -, der 1987 vom ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michael Gorbatschow und dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan unterzeichnet wurde, interessant. Der INF-Vertrag läuft am 2. August 2019 aus. US-Präsident Trump hatte den Vertrag im Februar 2019 aufgekündigt.

Der Analyst van der Meer sagt dazu: “Der INF kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Es wird nicht sofort ein Wettrüsten geben, aber für die Zukunft kann das nicht ausgeschlossen werden. Nächstes Jahr droht auch das Ende des neuen START-Vertrags  - mit dem sich Russland und die USA verpflichtet haben, die Anzahl der Sprengköpfe auf jeder Seite auf 1.550 Sprengköpfe zu reduzieren - Dann dürfte die Bremse für die Produktion und den Vertrieb von Sprengköpfen verschwinden. Sie können nur hoffen, dass Erweiterungen oder Anpassungen gezielt vorgenommen werden."

Zeitpunkt des Leaks wurde bewusst ausgewählt

Eine Version des Dokuments mit dem Titel “Eine neue Ära der nuklearen Abschreckung? Modernisierung, Rüstungskontrolle und alliierte Nuklearkräfte" wurde bereits im April 2019 veröffentlicht. Der kanadische Vertreter des Verteidigungs- und Sicherheitskomitees der Parlamentarischen Versammlung der Nato, Joseph A. Day, berichtete damals über die Zukunft der nuklearen Abschreckungspolitik der Nato. 

Bemerkenswert ist, dass De Morgen das Dokument einen Tag vor Beginn des 17. europäisch-kanadischen Gipfels in Montreal veröffentlicht hat. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau wird den zweitägigen Gipfel unter Beteiligung von EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ausrichten. Auf dem Gipfel werden die Staats- und Regierungschefs untersuchen, wie Kanada und die EU bei gemeinsamen Prioritäten und zentralen Herausforderungen zusammenarbeiten.

Es soll unter anderem um die Frage der nuklearen Abrüstung und den Ausstieg der US-Regierung aus dem iranischen Atomabkommen gehen. Der kanadische Politiker Day ist ein enger Vertrauter von Trudeau, der wiederum  - im Gegensatz zur US-Regierung - ein Befürworter des Multilateralismus und der nuklearen Abrüstung ist.

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