Deutschland
Erste Politiker zittern vor Wahlen im Osten

Krisentreffen anberaumt: Widerstand gegen Windräder nimmt an Fahrt auf

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat wenige Wochen vor der Landtagswahl mit Blick auf den wachsenden Widerstand von Bürgerinitiativen gegen den Bau neuer Windräder ein Krisentreffen anberaumt. Die durch die EEG-Umlage verursachten extrem hohen Strompreise werden zum Politikum.
08.08.2019 08:55
Lesezeit: 2 min

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat angesichts anhaltender Proteste gegen den Bau neuer Windräder einen Kurswechsel gefordert. "Die Menschen vor Ort müssen Nutznießer der Energiewende sein - und nicht Opfer", sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur. "Der Widerstand gegen neue Anlagen ist mir bewusst. Die Verspargelung und die Stromkosten sind dafür Gründe. Deshalb muss sich hier etwas verändern." Es gehe um eine gerechte Verteilung der Stromkosten und eine gerechte Verteilung der konkreten Belastungen durch Windkraft - oder einen spürbaren Ausgleich dafür.

Die im Zuge des Erneuerbare Energien-Gesetzes von der Bundesregierung eingesetzte EEG-Umlage hat dazu geführt, dass die Strompreise in Deutschland inzwischen ein Allzeithoch erreicht haben.

"In der Stadt lässt sich lässig über mehr Windkraft auf dem Land plaudern", sagte Woidke. "Natürlich sind die Anlagen eine Belastung für Bürger und Kommunen im ländlichen Raum. Deshalb müssen sie Nutzen daraus ziehen können, zum Beispiel durch Einnahmen. Es darf nicht sein, dass Kapitalinvestoren eine große Rendite zu Lasten der ländlichen Bevölkerung beziehen."

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte wegen eines starken Rückgangs beim Ausbau der Windkraft ein Krisentreffen mit der Branche sowie den Ländern angekündigt. Woidke steht vor schwierigen Landtagswahlen Anfang September. In Brandenburg stehen nach Niedersachsen laut Branchenzahlen bundesweit die meisten Windräder.

Der SPD-Politiker sagte, er setze sich seit langem dafür ein, dass die Kommunen mehr Mitsprache durch eine Streichung des Windkraft-Privilegs im Baugesetzbuch bekämen. "Sie sollen mitentscheiden können und mit Genehmigungen Zahlungen des Betreibers an die Kommune erreichen." Dieses Geld könne dann direkt zum Beispiel für Kitas, Jugendarbeit oder Feuerwehr eingesetzt werden.

"Wenn die Kommunen wieder die Planungs-Hoheit haben, können Vor- und Nachteile einer Anlage direkt vor Ort und auch mit der Bevölkerung abgewogen werden", so Woidke. "Das heißt, die Entscheidungen werden demokratisiert. Und wir wollen, dass die Kommune dadurch Einnahmen hat."

Woidke sagte weiter: "Die Energiewende wird scheitern, wenn wir nicht dorthin zurückkehren, was damit anfangs beabsichtigt war - mehr Dezentralität: Zusätzlich zur dezentralen Stromproduktion brauchen wir auch dezentralen Stromverbrauch. Öko-Strom sollte dort, wo er produziert wird, in viel stärkerem Maße genutzt werden."

Die Umwandlung erneuerbaren Stroms in andere Energieträger müsse aber von staatlichen Strompreisbestandteilen befreit werden. "Das geltende System ist ein riesiger industriepolitischer Bremsklotz, weil es tragfähige Geschäftsmodelle verhindert. Hier muss auch der Bund dringend dran."

In Brandenburg gebe es sehr gute Ansätze auch zur Speicherung der Windkraft zu Wasserstoff. "Das ist ein Schlüssel für eine gesellschaftlich akzeptierte Energiewende. Das schafft zusätzliche Arbeitsplätze und völlig neue gesellschaftliche, wirtschaftliche und klimapolitische Perspektiven."

Woidke sagte, durch ein "ungerechtes System" des EE-Gesetzes zahlten die Brandenburger besonders hohe Energiepreise. "Die Brandenburger sind bereits heute die Gelackmeierten unseres unsozialen Systems der Förderung der Erneuerbaren mit Kosten von jährlich etwa 25 Milliarden Euro. Das müssen alle Stromkunden zahlen - egal ob arme Rentnerin in Brandenburg oder Millionär am Tegernsee."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Politik
Politik Schutz vor Einschüchterung: Bundesregierung beschließt besseren Schutz vor Schikane-Klagen
10.12.2025

Die Bundesregierung schützt Journalisten, Wissenschaftler und Aktivisten künftig besser vor sogenannten Schikane-Klagen. Mit dem Vorhaben...

DWN
Finanzen
Finanzen Kapitalmarkt 2026: Mehr Börsengänge in Deutschland und Europa erwartet
10.12.2025

Mit Ottobock, TKMS und Aumovio zählen drei deutsche Börsendebüts zu den gewichtigsten in Europa im laufenden Jahr. Doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Weihnachtsfeier steuerlich absetzen: So gelingt es – Tipps vom Steuerberater
10.12.2025

Viele Unternehmen möchten ihre Weihnachtsfeier steuerlich absetzen und gleichzeitig die Kosten im Blick behalten. Eine gut geplante Feier...

DWN
Politik
Politik „Reichsbürger“-Verfahren: Prinz Reuß wird zu Vorwürfen sprechen
10.12.2025

Der mutmaßliche „Reichsbürger“ Heinrich XIII. Prinz Reuß wird zu den Vorwürfen eines geplanten „Staatsstreichs“ Stellung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Warum die Rekordausgaben der Tech-Giganten zum Risiko werden
10.12.2025

Die Tech-Konzerne pumpen Milliarden in künstliche Intelligenz und treiben ihre Investitionslast auf historische Höhen. Doch aus dem...

DWN
Politik
Politik Kampf gegen den Klimawandel: EU-Einigung auf Klimaschutzziel für 2040
10.12.2025

Die neuen Klimaziele der EU stehen fest: Der Treibhausgasausstoß soll bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bei der...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsmarkt: Angebot an Mietwohnungen steigt in Ostdeutschland
10.12.2025

Angebot runter, Preise rauf. Doch jetzt dreht sich der Trend – zumindest in Ostdeutschland. Allerdings nicht im Berliner Umland, dafür...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Selenskyj will Neuwahlen möglich machen - Ukraine könnte binnen 60 bis 90 Tagen wählen
10.12.2025

Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 fanden keine Wahlen in der Ukraine statt. Die reguläre Amtszeit des Präsidenten lief im Mai...