Politik

Türkei entsendet Menschenrechts-Beobachter nach China

Lesezeit: 2 min
20.08.2019 17:05  Aktualisiert: 20.08.2019 17:05
Die Türkei wird zehn Menschenrechtsbeobachter nach China entsenden, um die Lage der muslimischen Uiguren zu überwachen. Der Vorstoß erfolgt auf Wunsch von Peking. Offenbar versuchen beide Regierungen damit, ihr Verhältnis zu verbessern und in angelsächsischen Medien geäußerte Vorwürfe zu entkräften.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im Zusammenhang mit der türkisch-uigurischen Minderheit in China haben die Regierungen von Ankara und Peking einen Entschluss gefasst, um die weltweite Kritik an der Menschenrechtspolitik Chinas zu zerstreuen. Die Türkei wird Menschenrechtsbeobachter in die westliche Provinz Xinjiang, die von den Uiguren bewohnt wird, entsenden, um die Lage dort zu beobachten.

“Unsere Erwartung ist, dass unsere uigurischen Geschwister im Rahmen der Ein-China-Politik in Frieden leben. Während des Besuchs unseres Präsidenten in China hat der chinesische Präsident vorgeschlagen, eine Gruppe von türkischen Beobachtern zu entsenden. Am 24. Juli 2019 erfolgte diese Einladung schriftlich durch die chinesische Botschaft in Ankara. Wir werden eine Gruppe von zehn Beobachtern entsenden, um die Lage vor Ort zu beobachten”, zitiert die Nachrichtenagentur Anadolu den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu.

Die Minderheitenpolitik Chinas steht international unter Beschuss. Aus diversen internationalen Berichten geht hervor, dass China Umerziehungslager betreibe, in denen Uiguren angeblich willkürlich inhaftiert und misshandelt werden. Weibliche Insassen sollen einem Vorwurf zufolge sogar sterilisiert werden, berichtet news.com.au. “Eine Frau, die länger als ein Jahr inhaftiert war, berichtete dem französischen Fernsehen, dass ihr in einem Gefängnis im äußersten Westen von Xinjiang wiederholt von Ärzten eine Substanz injiziert wurde. ,Wir mussten unsere Arme durch eine kleine Öffnung in der Tür strecken’, sagte Gulbahar Jalilova, eine 54-jährige ehemaliger Häftlingsfrau, gegenüber France 24. ,Wir stellten schnell fest, dass wir nach unseren Injektionen keine Regelblutung mehr hatten.’”, so news.com.au.

Der Vorwurf der Zwangssterilisation von muslimischen Uiguren wurde erstmals vom Population Research Institute mit Hauptsitz in Virginia (USA) erhoben. “Die gegenwärtige uigurische Bevölkerung macht weniger als 1 Prozent der Gesamtbevölkerung Chinas aus. Das natürliche Wachstum einer Bevölkerung dieser Größe in einem beliebigen Land einzuschränken und zu kontrollieren, bedeutet, sie vollständig zu vernichten und Völkermord zu begehen. Daher ist die chinesische Geburtenkontrollpolitik der Zwangsabtreibung und Sterilisation von Uiguren keine Politik zur Sicherung der Gesamtqualität der uigurischen Bevölkerung. Im Gegenteil, es geht darum, sie schrittweise auszurotten, indem ihnen alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Mittel und Beschränkungen auferlegt werden”, so das Population Research Institute in einer Mitteilung.

Nicht nur die chinesischen, sondern auch die türkischen Medien stufen diese Berichte als Propagandakampagne ein, um eine politische und wirtschaftliche Annäherung zwischen China und der Türkei - und damit das Projekt der Neuen Seidenstraße - zu verhindern. Denn für die türkische Bevölkerung sind die Uiguren ihre kultur- und blutsverwandten Landsleute. Angriffe auf die Uiguren nimmt die türkische Bevölkerung persönlich und reagiert mit Demonstrationen. In der Vergangenheit hatten Unruhen zwischen Uiguren und Han-Chinesen in Xinjiang dazu geführt, dass auch zwangsläufig das Verhältnis zwischen Peking und Ankara gestört wurde.

Am 8. November 2018 titelte die britische BBC: “China-Uiguren: Alles, was Sie über das Vorgehen gegen Muslime wissen müssen.” Der ebenfalls britische Guardian titelte am 4. Mai 2019: “Die USA werfen China vor, Konzentrationslager gegen muslimische Minderheiten einzusetzen.”

Die Regierungen beider Länder sind derzeit sehr darum bemüht, um Provokationen, die das Verhältnis zwischen Türken und Chinesen stören könnten, zu unterbinden. Anfang Juli 2019 besuchte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seinen chinesischen Amtskollegen in Peking. Erdoğan machte deutlich, dass die Türkei die Ein-China-Politik Pekings unterstützt. “Die Ein-China-Politik ist von strategischer Bedeutung für die Türkei”, zitiert die Pressestelle des türkischen Präsidenten Erdoğan. Der türkische Präsident fügte hinzu, dass das Verhältnis zwischen Türken und Chinesen Tausende von Jahren alt ist. Dieses Verhältnis beruhe auf dem Vorteil der Seidenstraße, die verschiedenste Zivilisationen miteinander verbunden hatte.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Der betagte Präsident? Joe Bidens Zustand beim G7-Gipfel sorgt für Gesprächsstoff
15.06.2024

Das Alter von Joe Biden spielt eine zentrale Rolle im US-Präsidentschaftswahlkampf. Auch beim G7-Gipfel in Italien wird über seinen...

DWN
Politik
Politik Inflationsausgleichsprämie: Bis zu 3.000 Euro steuerfrei - wer bekommt sie tatsächlich?
15.06.2024

Seit dem 26. Oktober 2022 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Betrag bis zu 3.000 Euro gewähren. Das...

DWN
Politik
Politik Unser neues Magazin ist da: Das neue digitale Gesundheitswesen – Fluch oder Segen für Deutschland?
15.06.2024

Das deutsche Gesundheitssystem kriselt. Lauterbachs Krankenhausreform ist womöglich nicht der Ausweg, stattdessen könnte eine umfassende...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Weinbauern reüssieren im Export - starke Nachfrage aus China 
15.06.2024

Deutschland ist berühmt für seine vorzüglichen Riesling-Weine. Das wird auch international anerkannt. Und es scheint so, als ob...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung bedrohen den ehrlichen Mittelstand: Welche Lösungen gibt es?
15.06.2024

Der Zoll geht aktuell deutschlandweit gegen Schwarzarbeit vor - und das ist dringend notwendig: Deutschen Unternehmen gehen jährlich 300...

DWN
Politik
Politik Deutsche Investitionen bedroht: Würth äußert sich besorgt über AfD-Erfolg
15.06.2024

Der Unternehmer Reinhold Würth äußerte Enttäuschung über das Abschneiden der AfD bei der Europawahl, insbesondere in Künzelsau, wo...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt weiter - Hoffnung auf Trendwende schwindet
15.06.2024

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland steigt weiter an, ohne Anzeichen einer baldigen Trendwende. Experten prognostizieren...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hauptquartier: Amerikaner übergeben Nato-Mission ausgerechnet Deutschland
14.06.2024

Die Nato plant, die internationalen Waffenlieferungen und Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte zu koordinieren. Deutschland fällt...