Politik
Opposition spricht von Putsch

Großbritannien: Wirbel um überraschende Verlängerung der Parlamentspause

In Großbritannien gibt es großen Wirbel um eine von Premierminister Johnson erlassene und von der Königin unterstützte Verlängerung der Sitzungspause des Parlaments. Es wird von einem „Putsch“ gesprochen.
28.08.2019 17:05
Lesezeit: 2 min

Der britische Premierminister Boris Johnson kappt die Beratungszeit des Parlaments im Brexit-Streit vor dem EU-Ausstieg und löst damit Empörung im Unterhaus aus, berichtet Reuters. Parlamentspräsident John Bercow sprach am Mittwoch von einem verfassungsrechtlichen Skandal, die oppositionelle Labour-Partei von einem "Putsch gegen das Parlament".

Die gewöhnlich zweiwöchige Sitzungspause ab Mitte September solle auf rund vier Wochen bis zum 14. Oktober verlängert werden, kündigte Johnson an. Er wies Vorwürfe zurück, damit das Parlament bei seinem Vorhaben zu umgehen, den Brexit notfalls auch ohne Abkommen mit der EU am 31. Oktober durchzuziehen. Königin Elizabeth stimmte den Plänen für eine verlängerte Sitzungspause zu, die frühestens am 9. und spätestens am 12. September beginnen soll.

Die britischen Abgeordneten kehren am 3. September aus der Sommerpause zurück. Dann folgen gewöhnlich zwei Sitzungswochen, bevor es eine neue Unterbrechung gibt, um Parteitage abzuhalten. Diese Pause endet gewöhnlich Anfang Oktober. Nun verlängerte Johnson aber die Pause bis zum 14. Oktober, für den er eine Regierungserklärung von Königin Elizabeth ankündigte. Diese mit großem Pomp zelebrierte sogenannte "Queen's Speech" eröffnet eine neue Parlamentsperiode, zuvor gibt es üblicherweise eine längere Sitzungspause.

Johnson verteidigte die Terminierung der "Queen's Speech" kurz vor dem Brexit-Datum. Sie sei nach seinem Amtsantritt nötig, um die Pläne der neuen Regierung vorzulegen. Die Abgeordneten bekämen ausreichend Zeit, um sich mit dem Brexit zu befassen. Hintergrund ist, dass die Abgeordneten sich schon unter Johnsons Vorgängerin Theresa May grundsätzlich gegen einen ungeregelten EU-Ausstieg ausgesprochen haben, bei dem schwere wirtschaftliche Folgen befürchtet werden.

Zudem haben die Oppositionsparteien erst am Dienstag ein gemeinsames Vorgehen vereinbart, um einen EU-Austritt ohne Abkommen zu verhindern. Dazu könnten neuen Gesetze oder ein Misstrauensvotum genutzt werden. Labour-Chef Jeremy Corbyn drohte am Mittwoch, seine Partei werde zu gegebener Zeit ein solches Votum einbringen. US-Präsident Donald Trump twitterte, ein solches Vorhaben werde "sehr schwierig" für Corbyn: "Besonders, wenn man die Tatsache in Betracht zieht, dass Boris genau dem entspricht, was das Vereinigte Königreich gesucht hat." Auch wenn Johnson einen Misstrauensantrag nicht überstehen sollte, könnte er im Herbst durch geschicktes Taktieren einen Brexit ohne Vertrag über die Zeit retten: Beispielsweise, indem er seinen Rücktritt um einige Tage hinauszögert und eine Neuwahl für die Zeit nach dem 31. Oktober ansetzt.

Der konservative Abgeordnete Dominic Grieve, der allerdings dem pro-europäischen Lager seiner Partei angehört, kritisierte das Vorgehen Johnsons als beispiellosen Versuch, am Parlament vorbei zu regieren. Dies würde es Abgeordneten wie ihm schwerer machen, der Regierung das Vertrauen zu schenken, und ein Misstrauensvotum wäre wahrscheinlicher. Der Kurs des britischen Pfundes rutschte als Reaktion auf die Verlängerung der Parlamentspause ab.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Optimismus für europäische Banken und der Auftakt zu 2026
09.12.2025

Die Wall Street steht vor Rekorden. Analysten sehen starke Impulse für 2026, doch warnen vor Risiken. Banken glänzen, Bitcoin sorgt für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Voith: Maschinenbauer streicht 2.500 Stellen
09.12.2025

Der Maschinenbauer Voith plant in Deutschland den Abbau von bis zu 2.500 Stellen. Grund sind strukturelle Probleme wie hohe Energie- und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Feiertage killen fürs BIP: Ist das wirklich eine gute Idee?
09.12.2025

Mehr Arbeitstage, mehr Wachstum – so lautet das einfache Versprechen für 2026. Doch die Debatte über einen möglichen Wegfall eines...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exporte: USA- und China-Geschäft bricht im Oktober ein
09.12.2025

Die deutschen Exporte geraten in ihren wichtigsten Absatzmärkten ins Rutschen, und die Zahlen aus den USA und China zeichnen ein klares...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Engpässe treiben Aufwärtsrallye – warum Anleger jetzt wachsam sein müssen
09.12.2025

Der Silberpreis jagt von Rekord zu Rekord und übertrifft selbst den Hype um Gold, folgerichtig gibt es am Dienstag ein neues...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
09.12.2025

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milan Nedeljkovic BMW: Er folgt auf Oliver Zipse
09.12.2025

BMW bekommt einen neuen Chef: Milan Nedeljkovic übernimmt das Ruder von Oliver Zipse. Der Produktionsvorstand bringt Erfahrung aus fast...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie im Fokus: Allianz-Kooperation mit Oaktree – was der Syndikat-Pakt für Anleger bedeutet
09.12.2025

Ein neuer Deal in London, ein bestätigtes Top-Rating und höhere Gewinnziele treiben die Allianz-Aktie bis an das Jahreshoch. Doch hinter...