Noch ist Borussia Dortmund offiziell amtierender Fußballmeister. Damit auch in Zukunft sportliche Erfolge gefeiert werden können, setzt man auch auf Hightech. Offenbar aber hat auch das modernste Gerät nicht gereicht, um in diesem Jahr die Bayern vom vorzeitigen Gewinn der Meisterschaft abzuhalten: Seit vergangenem Herbst trainieren die Spieler mit dem sogenannten Footbonauten. Dabei handelt es sich um ein knapp 14 mal 14 Meter großes Kunstrasenfeld, das von vier Wänden und acht ansteuerbaren Ballwurfrobotern umgeben ist. Der Spieler steht in der Mitte des Feldes und wird aus allen Richtungen und in verschiedenen Höhen mit Bällen beschossen. Nach der Ballannahme muss er diesen dann in eines von 72 plötzlich aufleuchtenden Feldern versenken. Durch aufwendige opto-elektronische Sensoren kann die Leistung des Spielers anschließend analysiert werden. Vor allem Passpräzision und Reaktionsvermögen sollen mit dem wohl teuersten Trainingsgerät der Fußballgeschichte geschult werden. Auf der Website der Firma erfährt man nicht viel über das Gerät: Lediglich ein verschwommenes Fußball-Feld ist zu sehen.
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert nun, dass zwei Hochschulen großzügige Förderungen in Zusammenhang mit dem Footbonauten erhielten: „Dem Bundesministerium für Bildung und Forschung liegt ... ein Upgrade der Trainingswunderwaffe auf die Version 2.0 am Herzen.“ Die private BiTS Hochschule Iserlohn und die ebenso private Berliner Hochschule für Gesundheit und Sport erhielten dafür unter dem klingenden Projektnamen „Computeradaptive Leistungsdiagnostik im Profifußball“ 572.000 Euro an Steuergeldern.
Es handelt sich mitnichten um die Verschwendung von Steuergeldern, entgegnet der Geschäftsführer der Firma CGoal GmbH, Christian Güttler: Die Studenten würden den von seiner Firma entwickelten Footbonauten lediglich als „Tool“ verwenden, um damit sportwissenschaftliche Studien anzustellen. Ob die Forschungen zu Ergebnissen kommen, die das Unternehmen am Ende nützen kann, könne er nicht sagen - die Forschungen seien streng wissenschaftlich und daher objektiv. Natürlich würde er sich freuen, wenn die Ergebnisse dazu beitragen könnten, das Gerät weiterzuentwickeln.
Die Forscher haben jedoch erkannt, dass „individualisiertes Training, Talentsichtung, Rekuperation und Nachwuchsförderung im Profifußball derzeit gekennzeichnet durch rasante Entwicklungsschübe. Zu einem der technikgetriebenen Katalysatoren dieses Wandels könnte der Footbonaut werden“.
Vorrangiges Forschungsziel ist die Gewinnung zusätzlicher Stresstestdaten und die Erweiterung verschiedener Trainingskonzepte. Auf der BiTS-Homepage heißt es zu den erhofften Ergebnissen: „Computerunterstützte Auswertungen erlauben augenblickliche Marktwertanalysen von Nachwuchsspielern“, der „repetitive Drill“ soll verbessert werden. Nach Einschätzung der BiTS bleibt „das Gerät hinter dem heutigen Entwicklungsstand der schließenden Statistik insbesondere im Bereich der Prozessdiagnostik und -steuerung zurück“:
Die Kritik der BiTS:
Bislang beschränkt sich der Footbonaut auf die Messung von Ballverarbeitungsgeschwindigkeit und Passpräzision. Der Footbonaut könnte auf Grundlage von Trainingslehre und Sportpsychologie weit mehr Leistungsmerkmale messen und in sein Trainingsprogramm integrieren, um so das mögliche Potential voll auszuschöpfen. Zudem werden die Prozesse des Footbonaut trotz aller ingenieurstechnischer Raffinesse bislang auf Basis einer reinen Datendeskription und heuristischen Datenanalyse gesteuert.
Das soll sich nun ändern, indem die Hochschulen mit Steuermitteln dem Gerät alle sportwissenschaftliche Raffinesse zuführen,um dafür zu sorgen, dass der Footbonaut tatsächlich zu einem technikgetriebenen Katalysatoren des Wandels im Profi-Fussball werden kann.
Die BiTS beschäftigt sich mit dem Gerät in drei Phasen. „In der ersten Projektkomponente werden wir unter dem Blickwinkel der Sportwissenschaft den Footbonaut als Diagnoseinstrument nutzen. In der zweiten Projektkomponente widmet sich das Vorhaben der Verbesserung der Trainingseffizienz durch Optimierung der statistischen Verfahren bei der Prozesssteuerung des Footbonaut.“
Für das Unternehmen und damit für den Profi-Fussball interessant wird es in der dritten Projektkomponente - der „Evaluation des Footbonaut“.
Dabei soll es unter anderem um folgende Fragen gehen:
• Welchen Einfluss haben Leistungssteigerungen im Footbonaut auf die Spielerperformance bei einem echten Fußballspiel?
• Welche Übungsformen im Footbonaut beeinflussen Erfolgsmerkmale auf dem Fußballplatz?
• Gibt es bei verschiedenen Spielertypen oder Positionen unterschiedliche Trainingsprogramme, für die die Leistungssteigerung optimiert werden kann?
• Wie lange brauchen Leistungszuwächse und wie schneidet der Footbonaut im Vergleich zu herkömmlichen Trainingsmethoden ab?
Sollten die streng wissenschaftlichen Ergebnisse dazu führen, dass der Footbonaut besser ist als andere Trainingsgeräte, dann würde das sicherlich die Weiterentwicklung beflügeln. Allerdings ist das großzügig geförderte Projekt an dieser Stelle ausgesprochen unlogisch: Was wird eigentlich evaluiert? Der alte Footbonaut, der angeblich hinter dem aktuellen Entwicklungsstand herhinkt? Oder aber der neue, den es noch gar nicht gibt.
Der Bund der Steuerzahler zeigt der Förderung daher „die rote Karte“ und kritisiert die Subventionen: „Ist eigentlich jemand mal auf die Idee gekommen zu fragen, ob die nutznießenden Profifußballklubs darin nicht ein sinnvolles Investment sehen?“ In kaum einer anderen Sportart fließe mehr Geld als im Profifußball, schreibt der BdSt in einer Stellungnahme. Steuergelder hätten bei der Entwicklung von Trainingsgeräten in diesem Bereich nichts verloren.
Das Geld könnte nämlich in marode Turnhallen und Sportplätze gesteckt werden - von denen es bundesweit mittlerweile zahlreiche gibt. Viele Schulen haben keine ausreichende Finanzierung, um den Erhalt der Sportstätten sicherzustellen. Der Grund: die Schuldenkrise in den Kommunen.
Dort, so möchte man meinen, wäre die Steuergelder richtig gut angelegt - zur Markwertsteigerung der deutschen Schüler.
Wenn die nämlich erfolgreich sind, werden sie einmal brav Steuern zahlen.
Das nennt man dann Investment.