Politik

Bayern: 8 Millionen Euro aus Steuermitteln für Politiker-Familien

Das kennen wir eigentlich nur aus Griechenland: Politiker versorgen ihre Verwandten großzügig aus Steuermitteln. In Bayern gab es diesen Brauch allerdings auch. Er kostet den Steuerzahler Millionen.
26.04.2013 02:34
Lesezeit: 2 min

Eigentlich ist es im Bundestag und in den Landtagen verboten, die eigenen Ehefrauen bzw. Ehemänner und Kinder aus Steuermitteln zu bezahlen. In Bayern jedoch nicht generell. Im bayerischen Landtag gibt es insgesamt 17 Abgeordnete, die enge Familienmitglieder beschäftigen und mit Steuergeldern entlohnen. Bei insgesamt 92 CSU-Abgeordneten im Landtag ist das immerhin jeder Fünfte. 7.500 Euro stehen den Abgeordneten monatlich zur Verfügung, um Angestellte in ihren Büros zu bezahlen. Clever genutzt, wanderte das Geld der Steuerzahler so in der Familienkasse der CSU-Abgeordneten.

Besonders viel Aufsehen hinsichtlich dieser Praxis erregte in den vergangenen Tagen der CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Er beschäftigte seine eigene Frau im Büro. In den  vergangenen Monaten soll sie Rechnungen zwischen 3.500 und 5.500 Euro gestellt haben, gab Schmid an. Aufgrund der immensen Kritik gab der CSU-Fraktionschef am Donnerstag nun seinen Rücktritt bekannt.

Er ließ mitteilen:

Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung, dass ich mich immer rechtlich und politisch korrekt verhalten habe. In den vergangen Jahren habe ich mit voller Kraft für eine gute Zukunft unserer Heimat Bayern gearbeitet und meinen Beitrag geleistet, die Erfolgsgeschichte Bayerns fortzuschreiben. Die öffentliche Diskussion bindet mich aber in einem Umfang, der mir nicht mehr erlaubt, meine Arbeit an der Spitze der CSU-Fraktion so zu erfüllen, wie ich das selbst von mir erwarte.

Angestoßen hatte die Debatte das aktuelle Buch des Verfassungsrechtlers Hans Herbert von Armin. Daraufhin veröffentlichte der Bayerische Landtag eine Liste derjenigen Abgeordneten, die enge Familienangehörige beschäftigen. 17 CSU-Abgeordnete standen auf der Liste.

Eine Ausnahmeregelung für Altverträge ermöglichte diese Vetternwirtschaft. Seit dem Jahr 2000 dürfen auch im bayerischen Landtag keine Arbeitsverträge mehr mit Verwandten ersten Grades geschlossen werden. Doch es gab ein Schlupfloch für die Abgeordneten. Der Landtag erlaubte es nämlich trotzdem, die Arbeitsverhältnisse, die schon vor 2000 bestanden, auf unbekannte Zeit weiterzuführen.

Da diese Ausnahmeregel für alte Arbeitsverträge auch weiterhin ihre Gültigkeit hat, bleibt der CSU-Fraktion nur ein Appell an die eigenen Abgeordneten:

Der Geschäftsführende Vorstand der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hat heute die Frage der Beschäftigung von Verwandten ersten Grades in Abgeordnetenbüros beraten und dabei beschlossen:

„Wir stellen fest, dass die von allen Fraktionen beschlossene so genannte Bestandsschutzregelung aus dem Jahre 2000 aus heutiger Sicht ein politischer Fehler war.

Wir empfehlen dringend, die noch bestehenden Beschäftigungsverhältnisse mit Verwandten ersten Grades sofort zu beenden.

Wir halten es für angemessen, dass die betroffenen Abgeordneten für die notwendige Transparenz bei diesen nach 2000 weitergeführten Beschäftigungsverhältnissen sorgen.“

Geht man davon aus, dass diese 17 Abgeordneten vielleicht nur 3.000 Euro monatlich für ihre angestellten Familienangehörigen ausgegeben haben, wären das allein im vergangenen Jahr 612.000 Euro, die der Steuerzahler dafür gezahlt hätte. Da diese Arbeits-Verträge aber wegen der Neuregelung vor dem Jahr 2000 geschlossen worden sein müssen, wären das ausgegebene Steuermittel für mindestens 13 Jahre in Höhe von insgesamt fast 8 Millionen Euro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Sondertribunal Den Haag wegen Ukraine Krieg: Putin nicht vor Gericht - Keine Aburteilung in Abwesenheit
11.04.2025

Ein geplantes Sondertribunal zur Untersuchung mutmaßlicher Aggressionsverbrechen Russlands gegen die Ukraine wird den russischen...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Sekthersteller Rotkäppchen-Mumm: Vom ostdeutschen Sanierungsfall zum Marktführer
11.04.2025

Rotkäppchen-Mumm entwickelt sich wertmäßig bei Schaumwein und Wein deutlich über dem Marktniveau. Der Marktanteil ist mit 38 Prozent so...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Rückgang des Dollars setzt sich fort – ein Grund zur Sorge
11.04.2025

Der US-Dollar, jahrzehntelang Symbol wirtschaftlicher Stabilität und globaler Dominanz, verliert zunehmend an Strahlkraft – und das...

DWN
Panorama
Panorama Neue Pandemie der Kurzsichtigen: Augenärzte sprechen von einer Pandemie der Myopie
11.04.2025

Warum Augenoptik ein Handwerk mit großer Zukunft ist: Um 2050 wird Prognosen zufolge die halbe Menschheit kurzsichtig sein. Epidemiologen...

DWN
Politik
Politik Rebellion im Inneren – Republikaner stellen sich gegen Trumps Handelskrieg
11.04.2025

In der Republikanischen Partei gärt es: Immer mehr Abgeordnete und Senatoren wenden sich gegen Donald Trumps kompromisslose...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steuerentlastung 2025: Was geplant ist und wie Firmen sich vorbereiten können
11.04.2025

Mit der Bundestagswahl im Februar 2025 richteten sich viele Hoffnungen auf die neue Regierung unter Führung von Friedrich Merz (CDU/CSU)....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle haben sich trotz Rückzug versechsfacht: Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman warnt
11.04.2025

Die vermeintliche Entspannung auf dem globalen Handelsparkett nach der Ankündigung von Donald Trump, seine Zollerhöhungen temporär...

DWN
Politik
Politik Treffen mit Putin? US-Sondergesandter erneut in Russland
11.04.2025

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff ist nach Russland gereist und in St. Petersburg gelandet. Nach Angaben des Kremls wird Putin im...