Deutschland

Butter aus Irland im Supermarkt: Überflüssig wie ein Kropf

Lesezeit: 2 min
09.05.2013 01:29
Die Nachfrage nach biologisch erzeugten Lebensmitteln steigt rasant. Der Zuwachs an ökologisch bewirtschafteten Flächen hinkt hinterher. Deutschland muss deshalb immer mehr Bio-Produkte importieren.
Butter aus Irland im Supermarkt: Überflüssig wie ein Kropf

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Wegen einer auf reine Größe abzielenden Förderpolitik werden Grundnahrungsmittel völlig überflüssigerweise aus dem Ausland nach Deutschland importiert. Die Bio-Bauern fristen dagegen ein Schatten-Dasein - obwohl Deutschland die meisten Lebensmittel zur Versorgung der Bevölkerung selbst herstellen könnte. Diesen Schluss ziehen Ulrich Köpke und Paul Küpper von der Universität Köln in einer aktuellen Studie, die sie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion erstellten.

Das Handelsvolumen bei Lebensmitteln aus ökologisch kontrolliertem Anbau hat sich von 2000 bis 2012 auf über 7 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Damit stellt Deutschland gut 30 Prozent des europäischen Bio-Marktes. Der Flächenanteil des ökologischen Landbaus dagegen stieg in den letzten zehn Jahren nur um 47 %. Trotz des großen Umsatzwachstums profitieren die deutschen Biobauern davon also kaum. Der Anteil der Öko-Schiene am gesamten Lebensmittelmarkt ist zwar leicht auf 3,9 Prozent gestiegen, bleibt aber weiter auf niedrigem Niveau.

Die wachsende Nachfrage ökologisch erzeugter Lebensmittel in Deutschland konnte somit nur durch steigende Importe gedeckt werden. Immer größere Mengen an Kartoffeln, Obst und Gemüse, Schweinefleisch und Milchprodukten werden aus dem europäischen Ausland eingeführt. Der Marktanteil der Importe vieler Produktgruppen hat in den letzten Jahren zwischen 5 und 20 % zugelegt, heißt es in der Studie. Dabei könnte der Mehrbedarf einwandfrei durch heimische Produktion abgedeckt werden. Unter Druck geraten sind die deutsche Bio-Produkte auch durch die massiven Importe von industriell hergestellten Lebensmittel aus der EU. Denn diese sind billiger - weil sie nicht vom Kunden, sondern vom Steuerzahler finanziert werden.

Die Butter aus Irland in den Regalen der deutschen Supermärkte ist also auch wirtschaftlich überflüssig wie ein Kropf.

Viele andere Länder haben das Potential erkannt und in die Umstellung auf Biolandbau investiert. So stiegen beispielsweise die Bio-Anbauflächen in Polen und den baltischen Ländern allein seit 2004 um 300 bis 500 Prozent, in Deutschland dagegen nur um 29 Prozent. In manchen Bundesländern sind die Flächen für die Biolandwirtschaft sogar rückläufig. Damit wird ein Wachstumsfeld ignoriert, in dem deutlich mehr Arbeitsplätze als in der konventionellen Landwirtschaft entstehen. Zudem gehen wichtige Impulse für den Umwelt- und Artenschutz verloren.

Als einen Hauptgrund für die Schwäche des heimischen Bio-Wachstums nennen die Studienautoren eine verfehlte Förderpolitik. Sie kritisieren Unsicherheiten bei der Förderung des ökologischen Landbaus und seiner Umweltleistungen. So hätte die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Europäischen Finanzrahmen Kürzungen im Bereich der ländlichen Entwicklung in Kauf genommen.

In den Bundesländern kämen dadurch 15 bis 20 Prozent weniger Gelder an. Das ist gerade deshalb brisant, weil bei den Landwirtschaftsförderungen immer wieder Fälle von Verschwendung hochkommen (hier). Von den Förderstrukturen profitieren vorrangig Großbauern. Erhebliche Summen an Steuergeld fließen zum Beispiel in den Rapsanbau zur Kraftstoff- und Biogas-Erzeugung.

Mitschuld ist auch der harte Preiskampf, insbesondere weil in den letzten Jahren auch die großen Einzelhandels-Ketten ins Biosegment eingestiegen sind. Auch durch einen immer schärferen globalen Wettbewerb geraten die Lebensmittel-Preise unter Druck. Nicht nur die Änderung der Rahmenbedingungen zugunsten nachhaltiger Landwirtschaft ist nötig, sondern auch die Bereitschaft der Endkunden, für diesen Mehrwert auch zu bezahlen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Legale Tricks: Steuern sparen bei Fonds und ETFs - so geht's!
20.05.2024

Steuern fressen einen großen Teil der Börsengewinne auf. DWN zeigt Ihnen 11 legale Wege, wie Sie Steuern bei Fonds und ETFs sparen und...

DWN
Panorama
Panorama In wenigen Klicks: Verbraucher finden optimale Fernwärme-Tarife auf neuer Plattform
20.05.2024

Eine neue Online-Plattform ermöglicht es Verbrauchern, die Preise für Fernwärme zu vergleichen, was eine bedeutende Rolle in der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft IEA schlägt Alarm: Rohstoffmangel gefährdet Klimaschutzziele
20.05.2024

Die Internationale Energie-Agentur warnt vor einem drohenden Mangel an kritischen Mineralien für die Energiewende. Mehr Investitionen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fußball-EM 2024: Bierbranche hofft auf Rückenwind
20.05.2024

Weil die Deutschen immer weniger Bier trinken, schrumpft der hiesige Biermarkt und die Brauereien leiden. Eine Trendwende erhofft sich die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Irreführende Praktiken“: Shein muss deutsche Website anpassen
20.05.2024

Nach einer Abmahnung durch deutsche Verbraucherschützer hat Shein eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Laut vzbv-Chefin Pop machen...

DWN
Technologie
Technologie BYD baut erstes Werk in der EU: Eine Gefahr für Deutschlands Autobauer?
20.05.2024

Bereits seit Dezember 2023 steht fest, dass BYD, Chinas wichtigste und staatlich geförderte Marke für Elektroautos, ein Werk in Szeged in...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat (zweiter Teil): Die Welt ist im Wasserkampf
20.05.2024

Jörg Barandat war unter anderem militärischer Berater im Auswärtigen Amt sowie Dozent für Sicherheitspolitik an der Führungsakademie...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat: „Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden.“
19.05.2024

Wasser sollte nicht getrennt von anderen Faktoren wie Energie und Klima betrachtet werden, sagt Jörg Barandat, langjähriger Berater...