Finanzen

Think Tank: Griechenland braucht bei Austritt Milliarden-Hilfe

Sollte sich Griechenland tatsächlich dazu entschließen, den Euro zu verlassen, käme nach heutigem Stand ein möglicher Finanzierungsbedarf von bis zu 259 Milliarden Euro auf die internationalen Gläubiger zu. Dies umfasst dem Think Tank Open Europe zufolge jedoch lediglich die kurzfristige, unmittelbare Hilfe.
04.06.2012 13:00
Lesezeit: 1 min

Der Think Tank Open Europe hat sich vor den neuen Parlamentswahlen in Griechenland am 17. Juni damit beschäftigt, welche Gelder der griechische Staat zunächst benötigen würde, sollte er sich für ein Verlassen der Eurozone entscheiden. „Aufgrund eines zu erwartenden Zusammenbruchs der Banken und eines drängendem Bargeldmangels“ würde Griechenland „zwischen 67 und 259 Milliarden Euro externe und unmittelbar, kurzfristige Unterstützung benötigen“, schreibt Open Europe. Dies beinhalte allerdings nicht die langfristige Unterstützung oder Kosten bei einer Ansteckung des „Rests der Eurozone“.

Diese Unterstützung könnte theoretisch zwischen dem IWF, der Eurozone und Nicht-Euro-Länder aufgeteilt werden, so der Think Tank. So würden „die Banken und Pensionsfonds eine Kapitalspritze von 55 Milliarden Euro benötigen“, um einen Bank-Run und große Verluste bei den Pensionsfonds zu verhindern. „Dies könnte Griechenland nur schwer ohne externe Hilfe aufbringen.“ Ende März waren die griechischen Bank stark abhängig von der EZB - sie hatten bei der Europäischen Zentralbank fast 79 Milliarden Euro geliehen, da sie teilweise von Interbankenmarkt abgeschlossen waren.  Zusätzlich dazu hielten sie unter der Notfall-Liquiditäts-Assistenz (Emergency Liquidity Assistance - ELA) über die griechische Zentralbank weitere 49 Milliarden Euro. Wenn Griechenland den Euro verlässt, würden beide Finanzierungswege sofort gestrichen werden, so Open Europe.

Darüber hinaus müsste die „neue griechische Zentralbank auch eine neue Währung in Höhe von 128 Milliarden Euro an Liquidität bereitstellen, um griechischen Banken liquide zu machen“. Dies entspricht rund 63 Prozent des BIP und würde wiederum zu einer hohen Inflation führen.

Eine Abwertung der neuen griechischen Währung in Höhe von 30 Prozent wäre die Folge. Einerseits würde das zwar die Exporte ankurbeln, allerdings auch die Kosten für Importe deutlich steigen lassen. Zusätzlich dazu kämen beispielsweise auch sofortige Einsparungen auf die griechische Regierung in Höhe von 12 Milliarden Euro zu, um verschiedene Rechnungen begleichen zu können, wie etwa für Krankenhäuser und Sozialausgaben.

Insofern würden zwei Schritte Open Europe zufolge die Aussichten auf einen geregelten Austritt Griechenlands deutlich erhöhen: Zunächst „müsste der Bankensektor rekapitalisiert, verkleinert, konsolidiert und restrukturiert“ werden. Es wäre jedoch auch notwendig, einen „primären Überschuss zu erzielen, damit der Staat seine laufenden Kosten ohne fremde Hilfe“ finanzieren könne.

Open Europe weist jedoch darauf hin, dass es zwar „klare wirtschaftliche Vorteile für Griechenlands bei einem Austritt aus der Eurozone“ gebe, warnt jedoch ausdrücklich vor den Risiken, die langfristig die kurzweiligen Vorteile überwiegen würden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...