Die Zahl der Selbstanzeigen wegen Steuervergehen hat in der ersten Jahreshälfte deutlich zugenommen. Doch die Finanzämter sind darauf nicht eingerichtet. Die Bearbeitung der Selbstanzeigen kostet viel Zeit, sodass die übrigen Steuererklärungen kaum noch geprüft werden können.
In der ersten Jahreshälfte 2013 gab es so viele Selbstanzeigen wie im gesamten Vorjahr, sagte Andrea Sauer-Schnieber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Für 2013 erwartet die stellvertretende Bundesvorsitzende der Fachgewerkschaft der Finanzverwaltung insgesamt 15.000 Selbstanzeigen. Und deren ist Bearbeitung sei zeitaufwändig.
„Da bleiben andere Dinge liegen“, sagt Schnieber, etwa die Bearbeitung von Steuererklärung: Ehrliche Steuerzahler müssten daher länger auf ihre Bescheide und auf ihre Steuerrückzahlungen warten. Das sorge mitunter für Unmut bei den Bürgern und auch bei den Beamten. Zudem könnten die Finanzämter Steuererklärungen nur stichprobenartig und bei Auffälligkeiten prüfen, so Schnieber. Sonst würden sie mit der Arbeit überhaupt nicht fertig werden.
„Selbstanzeigen lösen eine umfangreiche Ermittlungsarbeit aus“, sagt die Gewerkschafterin. Es müsse geprüft werden, ob die Selbstanzeigen vollständig seien. Dazu müsse man „zehn Jahre rückwärts ermitteln“ und alles an Einkünften überprüfen. Und wenn man unversteuerte Zinseinnahmen habe, dann könne dies bedeuten, dass auch weitere Steuern hinterzogen worden sind.
Die erhöhte Zahl der Selbstanzeigen in der ersten Jahreshälfte erklärt Schnieber vor allem mit dem Verfahren gegen den Chef des FC Bayern Uli Hoeneß, der wohl mit einem milden Urteil davonkommt (mehr hier). Doch auch der Ankauf von Steuer-CDs (hier) und die Diskussion um den automatischen Datenaustausch hätten eine Rolle gespielt.
Wenn klar werde, dass der automatische Datenaustausch tatsächlich kommt, oder wenn weitere berühmte Persönlichkeiten sich selbst anzeigen, dann „könnte dies eine Panik auslösen“, so Schnieber. Dann könnten die Finanzämter ihre Arbeit überhaupt nicht mehr bewältigen.
Schnieber hält einfachere Steuergesetze in Deutschland für unrealistisch. Sie fordert daher zur Bewältigung der Arbeit in den Finanzämtern die Schaffung von 11.000 zusätzlichen Stellen. Derzeit seien 110.000 Steuerbeamte tätig. „Wer an der Finanzverwaltung spart, der spart an den Steuereinnahmen“, so die Gewerkschafterin. Zudem fordert sie, dass der automatische Datenaustausch endlich kommt. Er würde die Arbeit der Finanzämter erleichtern.
Uli Hoeneß' Akte wird jedenfalls nun bevorzugt behandelt - allerdings nicht vom Finanzamt, sondern vom Oberlandesgericht München. Dieses will bis Ende September entscheiden, ob es dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anklageerhebung zustimmt. Kenner der Materie erwarten, dass es zu einem Prozess kommen wird.
Die Erklärung des OLG München:
Die Staatsanwaltschaft München II hat die Ermittlungen in dem Verfahren gegen Ulrich H. am 29.07.2013 abgeschlossen und am 30.07.2013 Anklage zur 5. Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts München II erhoben. Die Anklage, in der dem 61jährigen Präsidenten des FC Bayern München Steuerhinterziehung zur Last gelegt wird, wurde zwischenzeitlich zugestellt.
Die 5. Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts München II hat nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden. Angesichts des Umfangs der Ermittlungsakten sowie der Tatsache, dass der Verteidigung zunächst eine Äußerungsfrist von einem Monat zugebilligt wurde, ist mit einer Entscheidung des Gerichts über die Eröffnung voraussichtlich nicht vor Ende September 2013 zu rechnen.