Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?
Ich sehe keine Renationalisierung in einer Welt, in der sich wirtschaftlich, demographisch und politisch Gewichte zu unseren Ungunsten verschieben. Europa ist nicht nur die Antwort auf die Katastrophen des 20. Jahrhunderts, sondern genauso auf die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Für mich gilt dabei das Prinzip der Subsidiarität: Der Nationalstaat erfüllt die Aufgaben, die er lösen kann. Die Probleme, die er nicht selbst lösen kann, sollten wir gemeinsam europäisch angehen. Brüssel muss sich keine Gedanken um das deutsche Sparkassen- und Genossenschaftswesen machen. Wohl aber um Felder, die vor nationalstaatlichen Grenzen keinen Halt machen. Ich plädiere dafür, dass wir über das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit einer Gruppe von Mitgliedsstaaten nachdenken, die das Tempo auf bestimmten Feldern vorgeben kann. Bei der Finanzmarkttransaktionssteuer ist das ja schon der Fall.
Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?
Wir befinden uns bereits in einer Haftungsunion und zwar knietief – das traut sich Frau Merkel nur nicht zu sagen. In dem Moment, als die EZB im Mai 2010 die erste griechische Staatsanleihe aufgekauft hat, wurde eine Haftungsgemeinschaft gegründet. Wenn diese und all die anderen Staatsanleihen nicht oder nur teilweise zurückgezahlt werden können, haftet Deutschland mit 27 Prozent. Ich sage ganz klar: Es wird Deutschland Geld kosten, dieses Europa zusammenzuhalten. Frau Merkel muss endlich erklären, ob nach der Wahl ein neues Hilfspaket für Griechenland aufgelegt werden soll und ob sie wirklich zulassen wird, dass Banken auf direktem Weg Geld europäischer Steuerzahler erhalten.
Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?
Ich spreche keinem Politiker ab, sich verantwortungsbewusst um das Geld der Steuerzahler zu kümmern. Wichtig sind die richtigen Prioritäten, dann sind Menschen auch bereit, ihren Beitrag für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten. Im Falle des Betreuungsgeldes zum Beispiel darf man aber mit Fug und Recht von der Verschwendung von Steuergeldern sprechen. Allerdings würde ich der schwarz-gelben Koalition kein Bußgeld, sondern den Ruhestand verordnen.