Politik

Michael Recha (AfD)

Michael Recha (Alternative für Deutschland) ist Schriftführer für den Landesverband Niedersachsen, Direktkandidat im WK 37 Lüchow-Dannenberg Lüneburg und Kandidat der Landesliste Niedersachsen.
16.09.2013 23:01
Lesezeit: 3 min

Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?

Wir brauchen eine starke Union der europäischen Nationalstaaten, die ihren Bürgern dank offener Grenzen wirtschaftliche und politische Freiheiten garantiert. Wir benötigen auch eine engere Bindung mit wichtigen Nachbarländern wie der Türkei und insbesondere der Ukraine, diese jedoch im Sinne privilegierter Partnerschaft oder einer Assoziierung, nicht jedoch einer Vollmitgliedschaft.

Im Zentrum der Europäischen Union muss noch viel stärker als in der Vergangenheit der kulturelle und Bildungsaustausch speziell der Jugend, aber auch der Verwaltung und Wirtschaft stehen. Die Vielfalt in Europa als Ideen- und Entwicklungsmotor zu pflegen, Vielfalt auch als Vorteil gegenüber anderen globalen Wirtschaftsräumen anzusehen, wenn wir uns als Union eigenverantwortlicher Demokratien organisieren, das ist der Kerngedanke der EU, der Frieden und Sicherheit garantiert.

Die Frage der Organisation von so vielen Staaten mit so unterschiedlichen Mentalitäten darf niemals mit einem Zentralstaat beantwortet werden. Das lehrt die Geschichte. Und die Bürger in Europa wollen ihn nicht. Dennoch befindet sich die EU seit 2009 auf diesem Weg - am Volk vorbei, außerhalb bestehender Europäischer Verträge und per Ermächtigungsgesetz.

Auf diesem Weg der Zentralisierung der EU - speziell der Euro-Zone - ergibt sich derzeit eine Art Dauerkonferenzzustand mit dem Ergebnis einer Art "organisierter Verantwortungslosigkeit". Dieser Zustand ist instabil - wie die Zypern-Entscheidung im November 2012 zeigte, als 17-Euro-Finanzminister an einem Freitag knapp 10 Mrd. Euro an Steuergeldern ausgaben, jedoch am Montag bereits 16 Minister in der Presse erklärten, sie seien eigentlich gar nicht für diese Entscheidung gewesen.

Der aktuelle Zustand der EU ist unverantwortlich, weil wir handlungsunfähig werden - in der Außen- und Sicherheitspolitik ist dies klar erkennbar. Die Zuständigkeiten der EU-Verwaltung müssen so verändert werden, dass klare Verantwortlichkeiten entstehen. Dabei darf sich die EU-Bürokratie jedoch nicht verselbständigen - und wie bereits geschehen Gouverneursräte ohne parlamentarische Kontrolle etablieren oder Gremien ohne persönlich verantwortliche Entscheidungsträger!

Folglich müssen die Nationalstaaten mit Ihren Parlamenten wieder eigenverantwortlich in vielen Themenfeldern werden. Wenn Vielfalt und Wettbewerb wirklich gewünscht sind, braucht davor niemand Angst zu haben - weder die Grünen, noch die FDP.

Bei der Konzentration der EU-Bürokratie auf weniger, aber dann auch europäische Handlungsfelder sollten wir uns weniger an den Briten orientieren. Diese verstehen sich seit jeher als Insel, die aus Tradition Sonderrechte gegenüber dem Kontinent beanspruchen kann. Dieses Modell funktioniert für Großbritannien, nicht jedoch für die gesamte EU.

Vielversprechender ist der von einer breiten Parteienmehrheit in den Niederlanden getragene Vorschlag, einzelne Themenfelder ausschließlich auf die europäische Ebene zu geben, einen weitaus größeren Teil jedoch an die Nationalstaaten zurück zu übertragen.

Entscheidend ist, daß Souveränität immer einer Regierung bedarf, die den "checks and balances" eines funktionierenden Parlaments unterliegt, das noch Bezug zu den Bürgern ermöglicht. Alle zentralen Politikfelder müssen daher künftig in nationalstaatlicher Verantwortung liegen.

Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?

Wen kennen Sie in Ihrem Privatleben, der sich für seinen Nachbarn unbegrenzt und bedingungslos als Bürge verpflichtet? Niemand, der Verantwortung für sich, Familie oder Freunde trägt, kann dies tun, so sympathisch der Nachbar auch sein mag. Denn das Risiko, vollkommen überlastet zu werden, ohne dies selbst verhindern oder beeinflussen zu können, würde jegliche eigene Handlungsfreiheit rauben. Und damit die Möglichkeit, die eigene Familie zu versorgen.

Ohne die eigene Haftung gibt es in der Demokratie keine Verantwortlichkeit in der Politik, die Verschuldung der Staatshaushalte moderat zu halten. Jeder Staat in Europa muss daher für seine eigenen Schulden haften.

Wer jetzt die Solidarität in Europa anführt, dem sei gesagt: um zu helfen, muss man dazu in der Lage sein und bleiben. Wer den Zusammenbruch des gesamten Wirtschaftsraumes bzw. eine Währungsreform im Euro-Raum riskiert, handelt unverantwortlich, ja zutiefst unsozial und unsolidarisch, da im Fall eines Zusammenbruchs die Schwächsten am meisten leiden werden.

Solidarität müssen wir in Europa üben, indem wir die öffentlichen Infrastrukturen in Krisenmomenten stabilisieren und damit die Bürger unterstützen, nicht jedoch Schuldenspiralen verlängern und vergrößern helfen. Den Betrieb von Krankenhäusern und Schulen, die Versorgung mit Strom und sauberem Trinkwasser müssen wir unterstützen, nicht jedoch mit Steuergeldern Bankenbilanzen korrigieren.

Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?

Diese Frage folgt dem Stammtisch-Gedanken, wer schuldig ist, soll seine gerechte Strafe erhalten. Es wäre jedoch immer eine politische Frage, wer einen Rechtsbegriff "nachweisliche Verschwendung von Steuergeld" wie definiert. Das ist ebenso wenig realistisch, wie den Begriff "soziale Gerechtigkeit" juristisch fassen zu wollen. Der Gedanke funktioniert nicht so einfach und lenkt ab:

Sprechen wir über Korruption? Dann müssen wir feststellen, daß dieser Kampf eine Kernaufgabe ist, wenn wir die Demokratie mit überwiegend unabhängigen Entscheidungsträgern erhalten wollen. Hier müssen wir eine unabhängige Justiz mit einem integeren Amtsverständnis deutlich stärken und Rechtsverfahren prüfen, ob sie in immer komplexeren Tatbeständen heue noch zu Ergebnissen führen, die Korruption wirksam vermindern.

Sprechen wir davon, daß Regierungen mehr ausgeben, als sie über Steuern einnehmen? Hier wäre es weitaus wirksamer, die Ruhestands- und Abfindungsansprüche von Spitzenbeamten und Politikern an die Schuldenentwicklung zu koppeln. Steigen die Schulden und Steuerlasten, sinken die Versorgungsbezüge.

Die Motivation - und zwar die persönliche Motivation - wäre sofort eine andere als sie heute ist: keine Wahlversprechen, die nur durch Schulden oder Steuererhöhungen gedeckt sind.

Ein solcher Vorschlag ist sicher nicht zu allen Zeiten und in allen Situationen angebracht, aber für die aktuelle Lage in Deutschland und der Euro-Zone passt es recht gut.

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