Unternehmen

Nur noch BMW und Daimler halten mit Mühe die Stellung: Carsharing hat sich als Flop erwiesen

Carsharing ist gescheitert. Dass BMW und Mercedes an ihrem gemeinsamen Projekt „Share Now“ dennoch festhalten, zeigt, wie verzweifelt die Autobauer nach neuen Geschäftsmodellen suchen.
06.09.2019 18:18
Aktualisiert: 06.09.2019 18:32
Lesezeit: 2 min
Nur noch BMW und Daimler halten mit Mühe die Stellung: Carsharing hat sich als Flop erwiesen
Ein Pkw von "Drive Now" in Berlin (Februar 2014). (Foto: dpa) Foto: Inga Kjer

Die Idee von Carsharing war durchaus clever: Menschen wurde die Möglichkeit gegeben, jederzeit über einen Pkw verfügen zu können, ohne einen finanziellen Kraftakt stemmen zu müssen und ohne sich anschließend um Steuern und Versicherung, um Reparaturen und Wartung kümmern zu müssen. Auch die Autobauer sollten profitieren: Menschen - vor allem junge Stadtbewohner - die sonst ausschließlich Taxi und öffentliche Verkehrsmittel benutzt hätten, sollten stattdessen zumindest einen Teil ihrer Wegstrecken im Auto zurücklegen. Und sollten auf den Geschmack gebracht werden: Früher oder später würde sich der eine oder andere Carsharing-Kunde ein eigenes Auto zulegen, so die Überlegung.

Aufgegangen ist das Konzept jedoch nicht. Bereits 2016 zog sich VW wieder aus dem Geschäft zurück, 2017 folgte Citroen, jetzt hat Mazda hingeworfen. Gescheitert ist das Geschäftsmodell zum einen an der Rücksichtslosigkeit der - zumeist jungen - Kundschaft. Die FAZ zitiert einen Flottenmanager: „Carsharing funktioniert einfach nicht. Die Autos werden rücksichtslos behandelt, verdreckt, beschädigt, irgendwo abgestellt. Viele Menschen kümmern sich eben nicht um Sachen, die nicht ihre eigenen sind. Unser Aufwand ist viel zu hoch.“

Zum anderen mussten die Anbieter feststellen, dass Carsharing nur in ausgesuchten Metropolen ohne große Verluste betrieben werden kann. Die Unternehmensberatung A.T. Kearney hat in einer Studie mit dem Titel „Die Entzauberung des Carsharing“ die Entwicklung des Geschäfts in den letzten Jahren nachgezeichnet. Unter anderem haben die Berater festgestellt, dass Carsharing in kleineren Großstädten fast immer verlustträchtig ist - so haben die Anbieter in Städten wie Dortmund, Dresden, Hannover und Nürnberg massive Minus-Bilanzen eingefahren.

Aber selbst in einer ganzen Reihe von großen Metropolen lohnte sich das neue Geschäftsmodell nicht - beispielsweise in London. Was Deutschland angeht, so ist das Geschäft nur in den drei größten Städten, nämlich Berlin, Hamburg und München, ohne Verluste zu betreiben.

Bis Anfang dieses Jahres betrieben BWM und Daimler noch ihre eigenen Carsharing-Unternehmen: Im Februar vereinigten sie dann jedoch „DriveNow“ und „car2go“ zu „Share Now“. Der Seitenauftritt lässt keinen Zweifel daran, wer die Zielgruppe des neuen Unternehmens darstellt: Urbane hippe junge Menschen. Die potentiellen Kunden werden geduzt, und es heißt tatsächlich: „Folge der Bewegung“. Die Registrierung erfolgt ausschließlich über eine App. Eins dürfte feststehen: Die Normalbevölkerung erreicht man auf diese Weise nicht - will man vielleicht auch gar nicht erreichen, weil sie für Carsharing einfach nicht zu begeistern ist.

Der Zusammenschluss zwischen den beiden Anbietern lässt sich auch als Zeichen der Schwäche des Geschäftsmodells interpretieren - offenbar war es notwendig, Ressourcen zu bündeln. Auf die Frage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, was sich BMW und Daimler bei dem Zusammenschluss dachten, gab ein Sprecher von „Share Now“ eine eher ausweichende Antwort: „Mit der Bündelung unserer Dienstleistungen wollen wir für den Kunden ein ganzheitliches Mobilitätserlebnis sicherstellen. … Außerdem werden unsere Kunden durch den neuen Flottenmix von der damit verbundenen höheren Verfügbarkeit und dem erweiterten Fahrzeugportfolio profitieren.“ Eines dürfte fürs Erste feststehen: Dass Carsharing nicht mehr als ein Nischenprodukt ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...