Wirtschaft

Wird der Angriff in Saudi-Arabien die Benzinpreise in Deutschland in die Höhe treiben?

Ob der aktuelle Ölpreisanstieg und die Angriffe auf eine saudische Öl-Raffinerie sich erheblich auf die deutschen Kraftstoffpreise auswirken wird, ist eher unwahrscheinlich. Autofahrer an der US-Westküste dürften die Auswirkungen weitaus stärker spüren
17.09.2019 11:53
Aktualisiert: 17.09.2019 11:56
Lesezeit: 2 min

.

Nach den Drohnenangriffen auf die saudische Öl-Raffinerie Abqaiq ist in Deutschland bei Autofahrern die Befürchtung aufgekommen, dass sich der daraus resultierende Ölpreis-Anstieg zu steigenden Benzin- und Dieselpreisen führen könnte. Ob es zu einer Erhöhung der Preise kommt, bleibt nach Angaben des Mineralöl Wirtschafts Verbands (MWV) derzeit offen, es ist aber eher unwahrscheinlich.

In einer Mitteilung meldet der MWV: “Ob es Auswirkungen auf die Tankstellenpreise in Deutschland gibt, ist noch offen. Der Ölpreis ist gegenüber Freitag deutlich gestiegen, aktuell sind jedoch keine Preisreaktionen darauf an den Stationen zu beobachten. Aufgrund der hohen Benzin- und Dieselbesteuerung in Deutschland als fester Preissockel erreichen höhere Ölnotierungen die Tankstellen grundsätzlich nicht eins zu eins (...) Im Übrigen: Der aktuelle Ölpreis der Nordsee-Sorte Brent liegt deutlich unter früheren Höchstständen von weit über 100 Dollar je Barrel (159 Liter).”

Doch in den USA sieht die Situation offenbar anders aus. Der englischsprachige Dienst von Reuters meldet: “Die US-amerikanischen Autofahrer sind am wahrscheinlichsten von den steigenden Benzinpreisen infolge der Angriffe auf die Ölfazilitäten Saudi-Arabiens an der Westküste betroffen, auf die fast die Hälfte aller US-amerikanischen Rohölimporte aus dem Königreich entfällt (...) Laut Analysten dürften die US-amerikanischen Tankstellenpreise in den kommenden Tagen steigen, da die Benzin-Futures am Sonntag um mehr als zehn Prozent zulegten. Der landesweite Durchschnittspreis für Normalbenzin lag (...) bisher bei 2,57 US-Dollar pro Gallone.”

Insbesondere Autofahrer in Kalifornien könnten aufgrund des Mangels an einer funktionsfähigen Pipelinestruktur zwischen dem Öl-Bundesstaat Texas und Kalifornien massiv betroffen sein. Kalifornien ist deshalb auf Öl-Importe aus dem Ausland angewiesen. 47 Prozent der Öl-Importe aus Saudi-Arabien fließen an die Westküste der USA.

Von Juni 2018 bis Juni 2019 importierte die US-Westküste jeden Monat durchschnittlich 11,40 Millionen Barrel (ein Barrel entspricht 159 Litern) saudischen Rohöls. Ein Großteil davon ging an eine Reihe von Raffinerien mit Sitz in Kalifornien, so die US-Energieinformationsbehörde EIA. “Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Preise an der Westküste stärker auswirken werden als in anderen Regionen, da diese stärker an saudische Importe gebunden sind”, meint Patrick DeHaan, Leiter der Erdölanalyseabteilung bei GasBuddy.

Deutschland ist im Gegensatz zu den USA nicht abhängig von saudischen Ölimporten. Ein Sprecher des Mineralöl-Wirtschaftsverbands (MWV) führt in einer Stellungnahme aus: “Die Versorgung Deutschlands mit Rohöl beruht auf verschiedensten Importquellen weltweit. Daher droht kein Versorgungsengpass. Hauptquellen sind Russland, Norwegen, Großbritannien und Kasachstan.”

Der MWV führt aus: “Im Jahr 2018 wurden gut 85 Millionen Tonnen Rohöl nach Deutschland importiert. Der Anteil Saudi-Arabiens daran betrug gerade einmal 1,7 Prozent (siehe Grafik). Im ersten Quartal 2019 – aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor – sank der Ölimport-Anteil von Saudi-Arabien auf 0,8 Prozent. Die Bundesrepublik ist bei Rohöleinfuhren stark diversifiziert und bezieht Öl aus rund 30 Ländern. In den ersten drei Monaten dieses Jahres lag die Russische Föderation mit 34 Prozent an der Spitze vor Norwegen mit 13 Prozent und Großbritannien mit 11 Prozent.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelspolitik ist von Unsicherheit geprägt: Experten erwarten weniger Investitionen
27.12.2025

Die Unsicherheiten in der Handelspolitik lassen die Investitionen schrumpfen und führen zu Wachstumsverlusten. Zölle schaden der...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase: Warum der Hype um die Nvidia und Co. gefährlich werden könnte
27.12.2025

Die weltweite Euphorie rund um künstliche Intelligenz treibt Aktien wie Nvidia und Microsoft in immer neue Höhen und heizt die Diskussion...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflationskrise USA: Warum 2026 zum gefährlichsten Jahr werden könnte
26.12.2025

Die Warnung eines führenden Ökonomen zeichnet ein düsteres Bild für die USA. Die Rückkehr einer hartnäckigen Inflationswelle könnte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Familienunternehmen Voelkel: Mit Ingwer-Shots zur größten Bio-Safterei der Welt
26.12.2025

Voelkel ist bekannt für seine Obst- und Gemüsesäfte aus biologischem Anbau. Stefan Voelkel leitet das Unternehmen in dritter Generation...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren: Bolt bringt chinesische Technologie nach Europa
26.12.2025

Europa erlebt eine neue Phase im Wettbewerb um autonome Mobilität, da chinesische Technologieanbieter zunehmend mit großen...

DWN
Panorama
Panorama Die spektakulärsten Weihnachtsbäume weltweit: Wenn Tradition zur Show wird
26.12.2025

Lichtermeere, Rekordhöhen und ungewöhnliche Kulissen: Rund um den Globus werden Weihnachtsbäume zu echten Spektakeln. Von italienischen...

DWN
Immobilien
Immobilien The Line: Saudi Arabiens hochgestapelte Megacity quer durch die Wüste
26.12.2025

Eines der wohl ambitioniertesten und innovativsten Infrastrukturprojekte unserer Zeit ist The Line. Die von Saudi-Arabien geplante...