Deutschland

Bundesregierung sieht Facebook-Geld als Bedrohung staatlicher Souveränität

Das Kabinett hat eine Strategie zur Blockchain-Förderung beschlossen, will jedoch gegen private "Parallelwährungen" vorgehen, um die staatliche Souveränität zu schützen.
18.09.2019 15:50
Aktualisiert: 18.09.2019 16:30
Lesezeit: 2 min
Bundesregierung sieht Facebook-Geld als Bedrohung staatlicher Souveränität
"Wir können eine Parallelwährung nicht akzeptieren", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz im Hinblick auf Facebooks Digitalwährung Libra. Foto: Kay Nietfeld

Die Bundesregierung hat am Mittwoch eine erste Strategie zum Umgang mit der Blockchain-Technologie beschlossen. Unter Federführung des Finanzministeriums wurden seit dem Frühjahr mehr als 150 Experten und Organisationen um Rat gefragt und über 6.000 Antworten ausgewertet. Die Opposition kritisiert, dass Deutschland zu spät handle. Aus der Wirtschaft kommen Forderungen, nun schnell konkrete Maßnahmen zu beschließen.

Die neue Technologie könne ein Baustein für das Internet der Zukunft sein, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz. "Gleichzeitig müssen wir die Verbraucher und die staatliche Souveränität schützen. Ein Kernelement der staatlichen Souveränität ist die Herausgabe einer Währung, wir werden sie nicht Privatunternehmen überlassen."

Der SPD-Politiker spielt damit auf die geplante Digitalwährung von Facebook namens Libra an, die 2020 starten soll. Bereits am Dienstag in Berlin hatte er gesagt: "Wir können eine Parallelwährung nicht akzeptieren. Das muss verhindert werden."

Experten trauen Facebook zu, mit Libra das Finanzsystem auf den Kopf zu stellen - weil Geldtransfers zwischen Personen und zwischen Ländern schneller und günstiger werden dürften. Allerdings zielt das weltgrößte Internet-Netzwerk aus dem Silicon Valley mit dem Projekt zunächst auf Nutzer ab, die keinen Zugang zu Bankkonten haben.

Die Blockchain ist eine Art digitales Register, in dem alle Daten einer Transaktion verschlüsselt gespeichert werden. Sie sind in der Regel für alle Nutzer offen einsehbar und sorgen dadurch für eine wesentlich höhere Transparenz. Die Technologie gilt als fälschungssicher. Da zahlreiche Nutzer Kopien der Datenbank verwalten, ist es quasi unmöglich, diese unbemerkt zu manipulieren.

Digitaler Euro würde Libra überflüssig machen

Konkret will die Regierung das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere öffnen. Die CDU-Digitalexpertin Nadine Schön sagte, noch 2019 solle ein Gesetzentwurf für Blockchain-Anleihen vorgelegt werden. Ein digitaler Euro der EZB würde zudem Libra und ähnliche Projekte überflüssig machen.

Der FDP-Politiker Florian Toncar kritisierte, dass die Niederlande und Frankreich im Finanzbereich schon deutlich weiter seien. Und China wird voraussichtlich noch in diesem Jahr als erstes Land der Welt eine digitale Zentralbankwährung herausgeben. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten der Geldpolitik und der staatlichen Kontrolle über die Geldflüsse.

Die Bundesregierung plant zudem Pilotprojekte mit Blockchain-basierten digitalen Identitäten in der Verwaltung. Dem Chef des IT-Verbandes Bitkom, Achim Berg, zufolge sind digitale Identitäten die Voraussetzung für viele Blockchain-Anwendungen. "Deutschland kann und sollte hier Standards setzen." Es brauche nun finanzielle Mittel für Grundlagenforschung und konkrete Projekte sowie eigene Blockchain-Professuren an den Hochschulen. Laut Bitkom haben auch viele Firmen Nachholbedarf. Nicht einmal jedes zwölfte Unternehmen ab 50 Mitarbeitern diskutiere über den Einsatz der Blockchain-Technologie.

Am weitesten verbreitet ist die Blockchain-Technologie bisher bei virtuellen Währungen wie Bitcoin. Diese seit einem Jahrzehnt bestehende Cyberwährung wird erstellt, indem Hochleistungsrechner in der Blockchain schwere Algorithmen berechnen. Wird eine Aufgabe gelöst, werden Bitcoin zugeteilt. So vergrößert sich das Volumen bis irgendwann eine maximale Anzahl von knapp 21 Millionen Stück erreicht ist. Derzeit gibt es rund 17,9 Millionen Stück.

Auch in der klassischen Finanzbranche wird schon seit längerem an der Blockchain getüftelt. So arbeitet etwa die Deutsche Börse an diversen Projekten, unter anderem in Kooperation mit der Bundesbank. Die niederländische ING und die britische Barclays Bank sitzen an Pilotprojekten für einen komplett digitalen Rohstoffhandel. Allerdings könnten den Banken durch Angebote auf der Blockchain auch Erträge wegbrechen. So könnten sie etwa im Zahlungsverkehr überflüssig werden, weil durch die Blockchain und nicht durch Systeme der Bank sichergestellt wird, dass das überwiesene Geld auf dem richtigen Konto landet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...