Politik

Die “Steinmeier-Formel” soll den Konflikt in der Ukraine lösen

Kiew und die Rebellen der Ost-Ukraine haben offenbar eine vorläufige Einigung erzielt. Gemäß der “Steinmeier-Formel” sollen die Rebellengebiete Luhansk und Donezk einen Sonderstatus erhalten.
02.10.2019 11:46
Aktualisiert: 02.10.2019 11:52
Lesezeit: 2 min

Im Ringen um Frieden im Kriegsgebiet in der Ostukraine haben die Konfliktparteien eine wichtige Einigung erzielt. Vertreter der ukrainischen Regierung und der Rebellen aus Luhansk und Donezk unterzeichneten am Dienstag eine Vereinbarung über einen Sonderstatus der umkämpften Regionen. Damit sei der Weg frei für ein Gipfeltreffen im so bezeichneten Normandie-Format mit den Staaten Frankreich, Deutschland, der Ukraine und Russland, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Ein Datum für das Treffen solle demnächst folgen.

In der weißrussischen Hauptstadt Minsk hatte zuvor die Kontaktgruppe in dem Konflikt getagt. Die an den Gesprächen beteiligte Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilte mit, dass auch ein weiterer Rückzug von Truppen vereinbart worden sei. Dieses als Entflechtung bezeichnete Verfahren soll bei den Ortschaften Petriwske und Solote zu einer Entmilitarisierung führen. Nach OSZE-Angaben soll diese am 7. Oktober neu beginnen. Schon im Herbst 2016 waren beide Frontabschnitte kurzzeitig entmilitarisiert worden.

Konkret geht es bei der Vereinbarung zum Sonderstatus um die sogenannte “Steinmeier-Formel” für das Kriegsgebiet Donbass. Die nach dem Bundespräsidenten und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier benannte Formel sieht vor, dass die von der Ukraine abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk einen vorläufigen Sonderstatus erhalten.

“Die Steinmeier-Formel wird in ein neues Gesetz eingearbeitet, das es noch nicht gibt”, sagte Selenskyj nach der Sitzung der Kontaktgruppe. Russland hatte der Ukraine zuletzt einen Boykott der Formel vorgeworfen. Selenskyj bekannte sich nun öffentlich dazu. Gleichwohl gibt es zur Umsetzung dem Vernehmen nach weiter unterschiedliche Auffassungen.

Die von Russland unterstützten Rebellen verstehen sie so, dass der Status vorerst vorübergehend gilt, bald Wahlen unter Beobachtung der OSZE abgehalten werden und es anschließend zu einer Entwaffnung kommt. Nach der Anerkennung des Urnengangs durch die OSZE soll es zu einem dauerhaften Sonderstatus kommen. Dagegen sagte Selenskyj, dass es demokratische Wahlen unter vorgehaltenen Sturmgewehr-Läufen nicht geben könne.

Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte zuletzt kritisiert, dass die Ukraine die bereits getroffenen Vereinbarungen des Friedensplans von Minsk 2015 ändern und neue Bedingungen stellen wolle. Er führte das auch als eine Erklärung dafür an, warum der von Frankreich und Deutschland immer wieder geforderte Gipfel mit der Ukraine und Russland im so bezeichneten Normandie-Format nicht zustande kommt. Gleichwohl hatte die russische Seite zuletzt immer wieder Bereitschaft dazu signalisiert.

Für einen Gipfel sei es nötig, auf dem Bisherigen aufzubauen und weitere Ergebnisse in den Blick zu nehmen, hatte Peskow gesagt. Seit dem Machtwechsel in der Ukraine im Frühjahr gibt es international die Hoffnung, dass unter Selenskyj Frieden in der Ukraine möglich ist. Am 7. September hatten Kiew und Moskau 70 Gefangene - 35 auf jeder Seite - ausgetauscht. Das war in Russland, aber auch international als Zeichen möglicher Fortschritte bei einer Lösung des Ukraine-Konflikts gewertet worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wie Apple Donald Trumps Zölle umgehen kann
16.04.2025

Der Technologieriese Apple plant, mehr iPhones aus Indien in die USA zu liefern, um den Schaden durch mögliche Zölle zu mildern. Dies...

DWN
Politik
Politik Ministerposten: Spahn statt Linnemann? CDU-Politiker Linnemann wird nicht Wirtschaftsminister
15.04.2025

Nachdem Union und SPD ihren Koalitionsvertrag vereinbart haben, geht das Geschachere um die Ministerposten los: CDU-Politiker Carsten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steuerfreie Überstunden ab 2025? – Das plant die neue Koalition
15.04.2025

Überstunden steuerfrei ab 2025? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...

DWN
Politik
Politik Beamtenstaat: fragwürdige Last-Minute-Beförderungen - vor allem in SPD geführten Ministerien
15.04.2025

Beförderungswelle nach Ampel-Bruch: Die Parteien der Ampel-Regierung konnten in einem Punkt produktiv und schnell sein – teure...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maul- und Klauenseuche: Entwarnung - Deutschland offiziell MKS-frei
15.04.2025

Rund drei Monate nach dem Ausbruch in Brandenburg gilt Deutschland offiziell als frei von der Maul- und Klauenseuche (MKS). Die...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Wohnen, Investieren, Absichern - den Immobilienmarkt verstehen und davon profitieren
15.04.2025

Immobilien sind weit mehr als bloße Gebäude aus Beton, Stahl und Glas. Sie sind Zuhause, Investition und Lebensraum zugleich. Doch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftswachstum in Deutschland 2025: Norden legt zu, Süden bleibt zurück
15.04.2025

Regionale Konjunkturdaten zeigen ein Gefälle in der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Während im Süden und Osten vielerorts...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rüstungsriese Rheinmetall greift zu – und die Aktie explodiert
15.04.2025

Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall erweitert sein Geschäftsfeld mit dem Kauf des Kampfmittelbergers Stascheit. Der...