Deutschland

Deutsche Rüstungsexporte steuern dieses Jahr auf neue Rekordmarke zu

Zwei Jahre lang gingen die Genehmigungen für Rüstungsexporte zurück. Jetzt zeigt die Kurve wieder steil nach oben - trotz verschärfter Richtlinien und eines Exportstopps für einen ehemaligen Top-Kunden.
07.10.2019 16:20
Lesezeit: 2 min
Deutsche Rüstungsexporte steuern dieses Jahr auf neue Rekordmarke zu
Drei Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2A6 und ein Schützenpanzer vom Typ Puma stehen bei einer Übung im Gelände. (Foto: dpa) Foto: Philipp Schulze

Die deutschen Rüstungsexporte steuern in diesem Jahr auf einen Spitzenwert zu. Bis Ende September stiegen die Ausfuhrgenehmigungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 75 Prozent auf 6,35 Milliarden Euro. Damit nähert sich das Exportvolumen den bisherigen Rekordwerten aus den Jahren 2015 und 2016 von 7,86 beziehungsweise 6,85 Milliarden Euro an. Die Zahlen der ersten drei Quartale gehen aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Bereits zur Jahreshälfte hatten die Exportgenehmigungen mit 5,3 Milliarden Euro die des gesamten Vorjahres (4,8 Milliarden) übertroffen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das mit der langen Hängepartie bei der Regierungsbildung nach der Wahl 2017 erklärt. Dadurch sei ein Entscheidungsstau entstanden und der sprunghafte Anstieg daher «nur scheinbar überraschend», sagte er damals.

Die mit Abstand meisten Exporte wurden mit 1,77 Milliarden Euro für den EU- und Nato-Partner Ungarn genehmigt. Die dortige rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban rüstet derzeit massiv auf und will die Verteidigungsausgaben verdoppeln. Dahinter folgt das an der von Saudi-Arabien geführten Kriegsallianz im Jemen beteiligte Ägypten mit 802 Millionen Euro. Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten ist ein weiteres Land aus diesem Bündnis, das gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft, unter den Top Ten der Empfängerländer. Mit 206 Millionen Euro steht der ölreiche Golfstaat auf Platz neun.

Inzwischen haben sich die VAE aber mit Saudi-Arabien überworfen und den Abzug ihrer Truppen aus dem Jemen angekündigt. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag im März 2018 vorgenommen, Exporten an die «unmittelbar» am Jemen-Krieg beteiligten Staaten einen Riegel vorzuschieben. Es wurden aber Ausnahmen zugelassen. Ein kompletter Exportstopp wurde nach der Ermordung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi allerdings gegen Saudi-Arabien verhängt.

Unter den zehn wichtigsten Empfängerländern deutscher Rüstungsgüter sind neben den VAE und Ägypten mit Algerien auf Platz 7 (238 Millionen Euro) und Katar auf Platz 8 (212 Millionen Euro) zwei weitere arabische Staaten. Daneben finden sich in den Top Ten vier Nato-Staaten (neben Ungarn sind das die USA, Großbritannien und Norwegen) sowie zwei Länder, die bei Rüstungsexporten ähnlich wie Nato-Staaten behandelt werden: Australien und Südkorea.

Im Juli hatte die Bundesregierung nach monatelangem Ringen ihre 20 Jahre alten Exportrichtlinien für Rüstungsgüter überarbeitet und leicht verschärft. Danach wird beispielsweise die Lieferung von Kleinwaffen in Länder außerhalb von Nato und EU nun grundsätzlich nicht mehr genehmigt.

Vor allem die SPD dringt in der Koalition auf eine restriktive Genehmigungspraxis. Der Grünen-Politiker Nouripour kritisierte aber, das sei angesichts anhaltender Lieferungen an die Jemen-Kriegsallianz «weniger wert als heiße Luft». «Es ist extrem bitter, dass der heutigen SPD die Gewinne der Rüstungsindustrie wichtiger sind als Frieden», sagte er.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion Sevim Dagdelen nannte die Exporte an Mitglieder der Jemen-Kriegsallianz sogar «verbrecherisch». Sie machten den Koalitionsvertrag «endgültig zur Farce» und müssten sofort gestoppt werden, sagte sie.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, der Umfang der Ausfuhrgenehmigungen sei alleine «kein tauglicher Gradmesser» für die Exportpolitik der Bundesregierung. Berücksichtigt werden müssten auch die Art der Güter und der Verwendungszweck. So würden sich in der Statistik beispielsweise auch Sicherheitsglas für Botschaftsgebäude oder Fahrzeuge für UN-Missionen finden. Die Bundesregierung gibt über einzelne Exportgeschäfte aber selbst in ihren Jahresberichten keine detaillierte Auskunft.

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