Finanzen

Italien sagt an, wohin Lagardes geldpolitische Reise gehen wird

Wenige Tage vor der ersten Sitzung der Europäischen Zentralbank unter Leitung der Französin Christine Lagarde machen die Italiener klar, wohin die geldpolitische Reise gehen soll. Die ohnehin angespannte Situation von Europas Bürgern, Banken und Versicherungen wird sich weiter verschärfen.
31.10.2019 12:14
Aktualisiert: 31.10.2019 12:24
Lesezeit: 1 min

Die italienische Zentralbank fordert öffentlich, dass die EZB ihre ultralaxe Geldpolitik auch in Zukunft beibehalten soll. Die EZB müsse entschieden gegen die niedrige Inflation und die wirtschaftliche Abschwächung vorgehen, sagte das EZB-Ratsmitglied und Präsident der italienischen Zentralbank, Ignazio Visco, am Donnerstag in Rom. Es gelte, ein weiteres Absinken der Inflationserwartungen und die Gefahr einer Deflation - einer gefährlichen Abwärtsspirale aus fallenden Preisen, sinkenden Investitionen und Löhnen - entschieden zu bekämpfen.

Visco empfahl auch gleich, welches Mittel er dafür als am geeignetsten erachtet: Untersuchungen legten nahe, dass in diesem Umfeld Anleihenkäufe wahrscheinlich das wirksamste Instrument seien, sagte Visco. "Die Inflation in der Euro-Zone verharrt auf einem zu niedrigen Niveau". Es entstehe ein Risiko, dass die Inflationserwartungen an den Börsen aus dem Ruder liefen. Um gegenzusteuern, hatte die EZB bereits vor einigen Wochen ein hochumstrittenes, umfassendes Kreditprogramm für die Wirtschaft beschlossen. Es umfasst eine Wiederaufnahme der Staatsanleihenkäufe, eine erneute Zinssenkung und Erleichterungen für Banken. Vor allem der Neustart der Wertpapierkäufe war unter den Euro-Wächtern aber sehr umstritten.

Der Grund für Viscos Eifer und seine Fürsprache für eine Beibehaltung der Geldpolitik Draghis durch Lagarde liegt in der immensen Verschuldung des italienischen Staates von mehr als 130 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Indem die EZB im Markt als Käufer von Staatsanleihen mit potenziell unbegrenzter Kaufkraft auftritt, drückt sie das Renditeniveau der Papiere und Italien muss weniger Zinsen bezahlen. Beobachtern ist seit Jahren klar, dass die Anleihekäufe der EZB letztlich nur dazu dienen, die hochverschuldeten Euroländer mit der Drückung des Zinsniveaus an der Schuldenfront zu entlasten.

Weil nicht nur Italien hochverschuldet ist – sondern auch eine ganze Reihe anderer Staaten wie Frankreich oder Spanien – wird die Französin Christine Lagarde selbstverständlich die massiven Manipulationen der Draghi-Ära auch in Zukunft als EZB-Präsidentin fortsetzen. Ansonsten drohen die Staaten in Zins-Schwierigkeiten zu geraten. Die Verlierer dieser Politik sind neben den Sparern auch Banken und Versicherungen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelspolitik ist von Unsicherheit geprägt: Experten erwarten weniger Investitionen
27.12.2025

Die Unsicherheiten in der Handelspolitik lassen die Investitionen schrumpfen und führen zu Wachstumsverlusten. Zölle schaden der...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase: Warum der Hype um die Nvidia und Co. gefährlich werden könnte
27.12.2025

Die weltweite Euphorie rund um künstliche Intelligenz treibt Aktien wie Nvidia und Microsoft in immer neue Höhen und heizt die Diskussion...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflationskrise USA: Warum 2026 zum gefährlichsten Jahr werden könnte
26.12.2025

Die Warnung eines führenden Ökonomen zeichnet ein düsteres Bild für die USA. Die Rückkehr einer hartnäckigen Inflationswelle könnte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Familienunternehmen Voelkel: Mit Ingwer-Shots zur größten Bio-Safterei der Welt
26.12.2025

Voelkel ist bekannt für seine Obst- und Gemüsesäfte aus biologischem Anbau. Stefan Voelkel leitet das Unternehmen in dritter Generation...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren: Bolt bringt chinesische Technologie nach Europa
26.12.2025

Europa erlebt eine neue Phase im Wettbewerb um autonome Mobilität, da chinesische Technologieanbieter zunehmend mit großen...

DWN
Panorama
Panorama Die spektakulärsten Weihnachtsbäume weltweit: Wenn Tradition zur Show wird
26.12.2025

Lichtermeere, Rekordhöhen und ungewöhnliche Kulissen: Rund um den Globus werden Weihnachtsbäume zu echten Spektakeln. Von italienischen...

DWN
Immobilien
Immobilien The Line: Saudi Arabiens hochgestapelte Megacity quer durch die Wüste
26.12.2025

Eines der wohl ambitioniertesten und innovativsten Infrastrukturprojekte unserer Zeit ist The Line. Die von Saudi-Arabien geplante...