Finanzen

Schwerwiegende Fehler: Schwedens Zentralbank kritisiert nationale Statistikbehörde

Schwedens Statistikbehörde hat über mehr als ein Jahr fehlerhafte Arbeitslosendaten veröffentlicht, die bei Entscheidungen von Regierung und Zentralbank als wichtige Grundlage dienten.
15.11.2019 15:00
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Schwerwiegende Fehler: Schwedens Zentralbank kritisiert nationale Statistikbehörde
Eine Kursanzeige. (Foto: dpa) Foto: Fredrik von Erichsen

Die schwedische Zentralbank hat die Statistikbehörde des Landes scharf kritisiert. Denn es hat sich herausgestellt, dass die von der Behörde bereit gestellten Daten zur Arbeitslosigkeit, die bei der Zentralbank als wichtige Grundlage für geldpolitische Entscheidungen dienen, über Monate voller Fehler waren. Unterdessen macht die Behörde einen Subunternehmer für ihre Datenfehler verantwortlich.

"Was da passiert ist, ist eine Katastrophe", zitiert Bloomberg den stellvertretenden Gouverneur der Riksbank, Henry Ohlsson. Schwedens Statistikbehörde musste ihre Schätzungen für die Arbeitslosigkeit im September in einer Erklärung vom Donnerstag von 7,4 Prozent auf 6,6 Prozent deutlich nach unten korrigieren. Doch nicht nur die Arbeitslosenquote für den Monat September musste korrigiert werden, sondern fast alle Daten seit Juli 2018.

Die Korrekturen der Arbeitslosenstatistik kommen vor dem Hintergrund einer angespannten Debatte darüber zusammen, ob die schwedische Zentralbank im Dezember den Leitzins von -0,5 Prozent wieder erhöhen sollte. Die niedrigeren Arbeitslosenquoten geben jenen politischen Entscheidungsträgern Rückenwind, die eine Zinsanhebung befürworten. Denn extrem niedrige Zinsen, die in der Regel als Ankurbelung der Wirtschaft gerechtfertigt werden, scheinen nun nach mehr als drei Jahren weniger nötig.

Nicht nur die Zentralbank, sondern auch die schwedische Regierung und ihre Ökonomen verlassen sich auf die Arbeitskräfteerhebung der Statistikbehörde, um ihre Prognosen zu erstellen. Unter anderem werden die Daten zur Arbeitslosigkeit auch in die Schätzungen zum Wirtschaftswachstum einbezogen, die nun möglicherweise ebenfalls überarbeitet werden müssen.

"Ich hätte nie gedacht, dass es auf diese Weise ungenau sein könnte", sagte Finanzministerin Magdalena Andersson dem schwedischen Nachrichtendienst TT. Der Leiter der Statistikagentur wurde vom Parlament einberufen, während Finanzministerin Andersson sagte, dass die Beschäftigungsdaten von Statistics Sweden bei politischen Entscheidungen in Zukunft eine geringere Rolle spielen werden.

Im Mittelpunkt des Debakels steht das Beratungsunternehmen Evry, das im Jahr 2017 von der Statistikbehörde beauftragt worden war, bei den Telefoninterviews zu helfen, die als Grundlage für die Arbeitsmarktdaten dienen. Der Chef von Statistics Sweden, Joakim Stymne, sagte den schwedischen Medien, dass diese Aufgabe zum Teil aus Kostengründen ausgelagert wurde.

Evry hat nach eigenen Angaben das Beratungsunternehmen EY mit einer Überprüfung der "angeblichen Abweichungen" beauftragt. Die schwedische Zeitung Aftonbladet hatte berichtet, dass Evry seinen Mitarbeitern Geld vom Gehalt abgezogen hat, wenn diese während der Arbeitszeit auf die Toilette gingen.

"Wir werden ständig von den Vorgesetzten unter Druck gesetzt, schneller zu arbeiten, und es gibt viel Angst unter allen, die dort arbeiten", sagte demnach ein anonymer Mitarbeiter. "Da wir keine Beschäftigungssicherheit haben, können wir unsere Arbeitsplätze jederzeit verlieren."

Eine Reihe von Mitarbeitern sagte zu Aftonbladet, dass regelmäßig gefälschte Telefoninterviews im Rahmen der Arbeitskräfteerhebung an Statistics Sweden geschickt wurden. Evry hat die Behauptungen zurückgewiesen und der Zeitung gesagt, dass sie die Gründe für die Qualitätsmängel noch nicht kennt.

Statistics Sweden hat die Zusammenarbeit mit Evry eingestellt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...

DWN
Panorama
Panorama Frost, Dürre, steigende Kosten: Weihnachtsbäume werden teurer
13.09.2025

Weihnachtsbäume stehen schon jetzt im Fokus: Frost, Trockenheit und steigende Kosten setzen Tannenbaumproduzenten unter Druck. Zwar gibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tariftreuegesetz: Schutz vor Lohndumping – oder Gefahr für den Mittelstand?
13.09.2025

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll faire Bedingungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass vor...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Saxony: Mikroelektronik-Chip-Standort in Dresden wächst weiter - Sachsens enge Verbindung zu Taiwan
12.09.2025

Wer bei KI und Computerchips am Ball bleiben will, braucht Halbleiter. Das Hightech-Land Taiwan sucht die Zusammenarbeit mit Deutschland,...