Unternehmen

ŠKODA schickt gegen schlechte Konjunktur neuen Octavia ins Rennen

Die Autobranche steht weltweit unter Druck. Jetzt kommt der tschechische Hersteller ŠKODA mit der neuesten Version des Octavia - eines seiner wichtigsten Modelle. Die Präsentation war ein riesiges Politikum und fast schon ein nationales Kulturereignis. Der Produzent gilt als "Perle von VW".
15.11.2019 15:00
Lesezeit: 3 min
ŠKODA schickt gegen schlechte Konjunktur neuen Octavia ins Rennen
Preist den neuen Octavia an: Der Vorstands-Chef von Skoda, Bernhard Maier. (Foto: dpa) Foto: Radek Petr

Lauter und plakativer geht es kaum: ŠKODA-Chef Bernhard Maier hat gerade im Messepalast der Prager Nationalgalerie die vierte Generation des Kompakt- und Mittelklasse-Wagens Octavia vorgestellt – eines Modells, das für die Geschäfte des Autobauers besonders wichtig ist.

„Eine Weltpremiere“, sagte der Top-Manager vor 700 geladenen Gästen. Das Unternehmen hatte sogar den Kölner Jazz-Professor Jesse Milliner beauftragt, ein „Opus Octavia“ zu komponieren, das die Musiker des Orchesters der Tschechischen Philharmonie vortrugen.

Der neue Octavia soll dem tschechischen Hersteller wieder wichtige Wachstumsimpulse bringen. Denn wie alle Autobauer hat das VW-Tochter-Unternehmen mit der Auto-Konjunktur zu kämpfen, die sich immer mehr abkühlt

So haben sich die Verkäufe von ŠKODA nach aktuellen Zahlen bis Ende Oktober im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp zwei Prozent auf 1,038 Millionen Fahrzeuge verringert. Zwölf Monate zuvor hatte es noch einen Zuwachs von 6,1 Prozent gegeben.

Entsprechend pompös präsentierte Maier die neue Version des Modells, das der Vorstandsvorsitzende damit schon fast in den Rang eines Politikums oder eines nationalen Kulturereignisses hob. Wobei ŠKODA tatsächlich wirtschaftlich enorm wichtig ist, da die Jahreserlöse des Herstellers fast zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beisteuern und damit einen spürbaren Abdruck auf der gesamtwirtschaftlichen Rechnung hinterlassen.

Und insbesondere der Octavia ist für ŠKODA von besonderer Wichtigkeit, weil sein Absatz in der Regel ein Drittel zu den Gesamtverkäufen beisteuert. Zur Einordnung: Der tschechische Produzent hat nach eigenen Angaben 2018 einen Umsatz von etwa 17 Milliarden Euro erzielt – also ungefähr sieben Prozent an den Gesamterlösen der Konzernmutter VW. Das operative Ergebnis betrug 1,4 Milliarden Euro, während der Mutterkonzern insgesamt einen Gewinn auf der operativen Ebene von 13,9 Milliarden Euro erreichte.

Entwicklung von ŠKODA kann Deutsche Börse beeinflussen

Folglich kann die geschäftliche Entwicklung von ŠKODA auch den Aktienkurs von VW beeinflussen, das mit einer Marktkapitalisierung von 90 Milliarden Euro derzeit im Dax die Nummer fünf ist. Das Tschechen-Geschäft des Wolfsburger Konzerns wirkt somit direkt auf die Deutsche Börse und die deutsche Wirtschaft.

Deswegen verfolgte die deutsche Presse die Präsentation des neuen Modells auch ganz genau. Der Octavia verfügt über ein erhebliches Prestige am Markt. Die internationale Fachjournalisten, die Händler und andere Autoexperten überschlagen sich regelmäßig mit Lobeshymnen über den Kompakt- und Mittelklassewagen.

Für manche Händler gilt der Octavia als „Herzstück“ des tschechischen Produzenten. „Applaus ŠKODA!“ titelte beispielsweise die „Bild-Zeitung“. „Der neue Octavia wird zum Maß aller Klassen“, schrieben die Fachjournalisten des deutschen Boulevard-Blattes.

Diese Anerkennung am deutschen Markt ist für den tschechischen Produzenten deswegen besonders wichtig, weil dies der zweitgrößte Absatzmarkt für das Unternehmen ist – gleich nach China. Die Verkäufe in Deutschland machen etwa 14 Prozent an den Gesamtvolumina aus. Die Geschäfte im Reich der Mitte hingegen steuern hingegen rund ein Viertel bei. Der einheimische Markt Tschechien liegt mit acht Prozent auch ganz weit vorne in der Bilanz.

Erfolgsrezept: Alte starke Marke mit deutscher Technik zu relativ kleinem Preis

Gerade im Westen mit einer alten osteuropäischen Marke Erfolg zu haben, gilt als riesige Leistung, da dort viele Produkte, die aus der Zeit des Ostblockes stammten, immer abgelehnt wurden. Wie groß dieser Erfolg ist, den der tschechische Produzent erzielt, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass seine Fahrzeuge die größte Importmarke in Deutschland sind. Das geht aus den Statistiken des Kraftfahrzeugbundesamtes (KBA) hervor.

Die Erklärung dafür ist denkbar einfach: Die tschechischen Autos verfügen grundsätzlich über deutsche Technik, die vergleichsweise kostengünstig ist. Darüber hinaus war die Marke schon immer sehr anerkannt – auch schon zur kommunistischen Zeit.

Oft denken die Konsumenten, sie kaufen einen VW, der eben billiger ist, selbst wenn das Fahrzeug vielleicht nicht immer den allerneuesten technischen Stand hat wie die Wagen, die direkt im Mutterkonzern produziert werden. „ŠKODA ist schon immer eine Marke mit Potenzial gewesen“, hatte der damalige VW-Vorstandsvorsitzende Matthias Müller im Jahr 2016 erklärt. Anlass war das 25ährige Jubiläum der Übernahme des tschechischen Herstellers durch den Mutterkonzern.

Erneute Diskussion: ŠKODA lieber als Billigmarke?

Damit machten die Modelle von ŠKODA nicht selten den Fahrzeugen von VW Konkurrenz. So gab es in Vergangenheit immer mal wieder Überlegungen des Managements, den tschechischen Autobauer zu einer richtigen Billigmarke zu machen. Der tschechische Produzent übernähme dann eine ähnliche Rolle wie die Dacia bei Renault, die rumänische Tochter des französischen Herstellers.

Diese Diskussion ist jetzt in den vergangenen Wochen wieder aufgeflammt. Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns, will einem Medienbericht zufolge die Marken seines Konzerns neu ordnen und gewichten. Das berichtet „die Süddeutsche Zeitung“. Dadurch soll es weniger Überschneidungen bei den Zielgruppen geben. „Der große Verlierer bei dieser Rochade könnte ŠKODA sein“, mutmaßen die Journalisten.

Der Bericht ließ die Emotionen bei den tschechischen Mitarbeitern des Herstellers dermaßen die Wogen hochkochen, dass ŠKODA-Chef Maier höchstpersönlich einschreiten musste. In einem Brief, den der Manager direkt an sie richtete, versuchte er, seine Angestellten wieder zu beruhigen.

Trotzdem wurde der Zeitungsbericht weiter diskutiert. „Wenn der Hersteller billigere Modelle an den Markt bringt, dann ist dies ein richtiger Schritt”, findet der tschechische Marktanalyst Petr Pelc, der für Cyrrus arbeitet – ein tschechisches Finanzinstitut. „Denn die derzeitige Produktion ist hinsichtlich der Qualität mit VW vergleichbar“, so der Analyst. „Das Problem beruht darauf, dass die Preise auch schon auf einem ähnlichen Niveau sind“, fügte der Experte hinzu. „Diese sind für den Großteil der Kunden in Tschechien unnötig hoch“, zitiert das tschechische Portal "E15.cz" den Fachmann.

„Wenn ŠKODA für die Tschechen Modelle produziert, die nicht so teuer sind, dann vergrößert es seine Anteile am einheimischen Markt, der auch nicht klein ist“, erklärte Pelc. „Die tschechischen Konsumenten haben ein patriotisches Sentiment zur Marke ŠKODA“, unterstrich der Fachmann.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen USA Börsen: Überraschend deutlicher Rückgang der US-Inflation beflügelt die Aktienmärkte
18.12.2025

Die im letzten Monat überraschend stark abgekühlten US-Inflationsdaten befeuerten die Hoffnung, dass im Jahr 2026 weitere Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheidung: Leitzinsen der Eurozone bleiben erneut unverändert
18.12.2025

Die EZB-Zinsentscheidung ist gefallen: Wie erwartet lassen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank den Leitzins für die Eurozone...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Urbane Zukunft – von Smart-Cities bis hin zu futuristischen Utopien
18.12.2025

Städte entscheiden, wie Freiheit, Wohlstand und Klimaschutz in der nahen Zukunft zusammengehen. Zwischen Sensoren, Sanierungswellen und...

DWN
Technologie
Technologie SMR in Schweden: Blykalla sichert fast 48 Mio Euro für KI-Energie
18.12.2025

Blykalla sammelt fast 48 Millionen Euro für kleine modulare Reaktoren (SMR) ein. Investoren aus Schweden, den USA und Japan setzen auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuersenkung in Restaurants: Warum Gäste kaum profitieren
18.12.2025

Die Politik senkt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie - wird der Restaurantbesuch damit endlich wieder erschwinglicher? Wohl kaum....

DWN
Politik
Politik Trumps Rede an die Nation: Eigenlob und Schweigen im Walde
18.12.2025

Zwischen Weihnachtsbäumen und Selbstlob inszeniert Donald Trump seine Rede an die Nation als Erfolgsgeschichte. Er verspricht...