Wirtschaft

TANAP-Pipeline eingeweiht: Gastransit von Aserbaidschan nach Europa könnte bald beginnen

Die Transanatolischen Erdgaspipeline, die über die Türkei nach Europa verläuft, wurde fertiggestellt und eingeweiht. Nun liegt es in den Händen der EU, ob sie ihre Gasversorgung diversifizieren möchte.
02.12.2019 16:00
Lesezeit: 2 min
TANAP-Pipeline eingeweiht: Gastransit von Aserbaidschan nach Europa könnte bald beginnen
Die Pipelines TANAP und TAP. (Grafik: Minenergy.gov.az)

Die Türkei und Aserbaidschan haben am Samstag offiziell die Fertigstellung der Transanatolischen Erdgaspipeline (TANAP) gefeiert, welche als Meilenstein in einem Großprojekt zur Verringerung der Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas angesehen wird. An der Eröffnungszeremonie in der türkischen Stadt Ipsala nahmen der türkische Präsident Tayyip Erdoğan und der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev teil. Nachdem im vergangenen Jahr der erste Abschnitt der TANAP-Pipeline an einer türkischen Entladestelle in Eskisehir fertiggestellt wurde, erfolgte nun auch die Fertigstellung der Transferinfrastruktur nach Griechenland.

TANAP umfasst die längste Strecke des 40 Milliarden US-Dollar teuren südlichen Gaskorridors, der aus einer Reihe von Pipelines besteht, die Gas vom aserbaidschanischen Shah Deniz II-Feld nach Europa transportieren sollen.

Die 6,5 Milliarden US-Dollar teure TANAP durchquert die Türkei von Ost nach West und könnte bis zu 16 Milliarden Kubikmeter (bcm) aserbaidschanisches Gas pro Jahr transportieren. Europa erhält zehn Milliarden bcm, während sechs Milliarden bcm für den türkischen Markt bestimmt sind. Doch die Kapazität könnte mit zusätzlichen Investitionen auf 31 Milliarden bcm erweitert werden. “Neben der Absicherung des Energiebedarfs unseres Landes mit TANAP wollten wir einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit in Europa leisten. TANAP ist der beste Beweis für die friedlichen Absichten unseres Landes”, zitiert der türkischsprachige Dienst von euronews den türkischen Präsidenten.

Die Pipeline schließt an die im Bau befindliche Transadria-Pipeline (TAP) an, die bis zu zehn Milliarden bcm Gas nach Griechenland, Albanien und Italien befördern soll. Allerdings liegt es von nun an den Europäern, ob sie Milliarden von Kubikmeter an Gas über die Türkei beziehen möchten. Denn ohne die vollständige Fertigstellung der TAP-Pipeline, die an die TANAP-Pipeline andockt, ist dies nicht möglich. Erdoğan wörtlich: “Die eigentliche Verantwortung liegt fortan bei unseren Nachbarn auf der anderen Seite der Grenze. Die Transadria-Pipeline muss so schnell wie möglich fertiggestellt werden, damit der Gastransfer nach Europa beginnen kann.”

Die Aktionäre der TAP sind zu jeweils 20 Prozent BP (Großbritannien), Socar (Aserbaidschan), Snam (Italien), zu 19 Prozent Fluxys (Belgien), zu 16 Prozent Enagás (Spanien) und zu fünf Prozent die Schweizer Axpo Holding. Die EU unterstützt die Fertigstellung der TAP-Pipeline mit Nachdruck. Allerdings sind die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei angespannt und anfällig für Provokationen. Die Aktionäre der TANAP sind zu 51 Prozent Socar, zu 30 Prozent BOTAŞ (Türkei), zu zwölf Prozent BP und zu sieben Prozent Socar Turkey.

Die TANAP-Pipeline umgeht zwar Russland, um Europa mit Gas zu versorgen, weshalb die Russen ursprünglich Gegner des Projekts waren. Doch Ankara konnte Moskau besänftigen, indem den Russen zugebilligt wurde, die russische Pipeline TurkStream über die Türkei zu bauen, um die Ukraine zu umgehen und Europa über den südlichen Gaskorridor mit Gas zu beliefern. Erdoğan hat bereits angekündigt, dass die Eröffnungszeremonie für TurkStream am 8. Januar 2019 in Istanbul stattfinden werde. Der erste Strang der Pipeline soll türkische Inlandskunden beliefern, während der zweite Strang voraussichtlich von Bulgarien nach Serbien und Ungarn verlaufen wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Schufa öffnet Blackbox: Neuer Score ab Ende März einsehbar
02.12.2025

Ab Ende März 2026 können Verbraucher den neuen Schufa-Score kostenfrei einsehen. Die Berechnung orientiert sich an zwölf...

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktie steigt: Supreme Court prüft Glyphosat-Urteil
02.12.2025

Die Bayer-Aktie klettert auf ein neues Jahreshoch, beflügelt durch die Unterstützung des US-Generalstaatsanwalts. Analysten sehen Chancen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwacher Werbemarkt: RTL Deutschland streicht 600 Stellen
02.12.2025

Einbrechende Werbemärkte und eine schwache Konjunktur zwingen RTL Deutschland zu einem tiefen Einschnitt. Der Konzern streicht 600 Stellen...

DWN
Politik
Politik Trump-Friedensplan: Washington schickt unerwarteten Verhandler ins Zentrum der Ukraine-Gespräche
02.12.2025

Ein unbekannter Mann aus der zweiten Reihe rückt plötzlich ins Zentrum globaler Machtpolitik. Während Donald Trump seinen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland im freien Fall
02.12.2025

Die deutsche Industrie rutscht tiefer in die Krise, der BDI warnt vor einem historischen Tiefpunkt. BDI-Präsident Peter Leibinger...

DWN
Technologie
Technologie Deutsche Start-ups setzen auf Roboterküchen
02.12.2025

Kochroboter erobern Kantinen, Kliniken und Supermärkte. Zwei deutsche Start-ups wollen rund um die Uhr frisch kochen lassen und dabei den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückkehr in den Arbeitsmarkt: Immer mehr Rentner gehen auf Jobsuche
02.12.2025

Die Aktivrente soll Arbeit im Ruhestand attraktiver machen. Auch wenn die Koalition sich noch über das Rentenpaket streitet, planen viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Das italienische Wunder: Geschaffen mit EU-Geld und Schattenwirtschaft
02.12.2025

Italien feiert eine Hochstufung seiner Bonität und spricht vom „neuen Wirtschaftswunder“. Doch unter der Oberfläche zeigen sich...