Politik

Özil attackiert mit seiner China-Kritik die Türkei

Die Kritik des Fußballers Mesut Özil, wonach die “muslimischen Brüder” zur Lage der Uiguren in China schweigen würden, richtet sich direkt gegen die dialogorientierte China-Politik der Türkei und gegen die Neue Seidenstraße.
17.12.2019 17:00
Lesezeit: 2 min
Özil attackiert mit seiner China-Kritik die Türkei
07.06.2019, Türkei, Istanbul: Recep Tayyip Erdogan (2.v.r), Präsident der Türkei, spricht auf der Hochzeit von Fußballer Mesut Özil (2.v.l) und seiner Ehefrau, der Schauspielerin Amine Gülse. (Foto: dpa) Foto: Uncredited

Der weltbekannte Fußballer Mesut Özil hatte in einem Tweet die muslimischen Staaten für ihre Zurückhaltung in der Uiguren-Frage Chinas kritisiert. In türkischer Sprache bemängelte der Ex-Weltmeister das “Schweigen der muslimischen Brüder”, während das Thema von westlichen Regierungen und Medien aufgegriffen worden sei. Özil zielte mit seiner Kritik insbesondere auch - ob bewusst oder unbewusst - auf die China-Politik der türkischen Regierung ab.

Denn die Türkei versucht seit geraumer Zeit, enge Beziehungen zu China aufzubauen, um am Projekte zur Neuen Seidenstraße mitzuwirken. Im November 2019 überquerte dann schließlich der erste Transportzug des China Railway Express die Eisenbahnstrecke Baku-Tiflis-Kars über Ankara und Istanbul nach Europa. Der Startpunkt befand sich in der westlichen chinesischen Provinz Xinjiang, welche die Heimat der Uiguren ist.

Der Zug hatte eine Länge von 820 Metern und verfügte über 42 Container, berichtet TRT Haber. Im Juli 2019 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei einem Staatsbesuch in Peking gesagt, dass die Neue Seidenstraße einen “gemeinsamen Traum” von Türken und Chinesen darstellen würde, den es zu verwirklichen gelte. Die Türkei und China hätten die Aufgabe, die Neue Seidenstraße gemeinsam zu schützen, zitiert die Nachrichtenagentur Ihlas Erdoğan.

Um die türkischen Befindlichkeiten im Zusammenhang mit der Behandlung der Uiguren zu zerstreuen, bot Peking Ankara an, Menschenrechtsbeobachter in die Region Xinjiang zu entsenden. Offenbar versuchen beide Regierungen damit, ihr Verhältnis zu verbessern und in angelsächsischen Medien geäußerte Vorwürfe zu entkräften. Daraufhin erschienen in den türkischen Medien Berichte, die die Vorwürfe gegen China entkräfteten. Es kam auch der chinesische Botschafter in Ankara, Deng Li, zu Wort. Die Zeitung Aydınlık zitiert Deng: “In Xinjiang leben 12 bis 13 Millionen Muslime und es gibt 25.000 Moscheen. Auf 530 Personen fällt eine Moschee. Ich habe mir die Zahlen aus Deutschland angeschaut. Dort fallen auf 1.600 bis 1.700 eine Moschee. Der Regierungschef in der Region Xinjiang ist ein Uigure. Im regionalen Parlament sind 60 bis 70 Prozent unserer Abgeordneten Mitglieder von ethnischen Minderheiten (...) Die Vorwürfe, wonach die chinesische Regierung den Muslimen und Minderheiten Probleme bereiten, sind erlogen. Wir haben keine Probleme mit diesen Menschen. Unser Anspruch ist lediglich, gegen separatistische, terroristische und gewalttätige Organisationen vorzugehen.”

Im Zusammenhang mit den Umerziehungslagern sagt Deng: “Diese Zentren haben vier Ziele: Dort werden die Menschen in Mandarin und rechtlichen Grundlagen unterrichtet. Sie erhalten Ausbildungen und es wird versucht, extremistische Gedanken einzudämmen. Es haben viele Leute diese Bildungsgänge durchgemacht und sind mittlerweile wieder nach Hause zurückgekehrt (...) Wenn jemand eine Straftat begangen oder sich terroristisch betätigt hat, ist das ein Fall für die Justiz. Doch wenn es nur darum geht, dass jemand extremistische Gedanken hat, die ihm schaden, ist es eigentlich eine globale Aufgabe die Probleme dieser Menschen zu lösen.”

Die Aussagen von Deng, der ein großes Vertrauen in die aktuelle türkische Regierung hegt, dürften beim Fußballer Özil, der die Eigenschaft besitzt, Massen zu beeinflussen, keinen Zuspruch finden. Özil wörtlich: “Korane werden verbrannt (...) Moscheen werden geschlossen (...) muslimische Schulen werden verboten (...) religiöse Gelehrte werden einer nach dem anderen umgebracht (...) Brüder werden gewaltsam in Lager gesperrt.”

Der Standpunkt von Erdoğan weicht von der Wahrnehmung Özils ab. “Es gibt Herangehensweisen, die zur Ausbeutung der Uiguren-Frage führen. Diese Art der Ausbeutung hat einen negativen Effekt auf die türkisch-chinesischen Beziehungen. In diesem Zusammenhang dürfen wir diesen Ausbeutungsversuchen keine Chance geben”, so der türkische Präsident.

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