Den Welthandel könnte der Coronavirus auf Monate belasten. Obwohl China seine Häfen nicht geschlossen hat, fahren Reedereien Branchenkennern zufolge die Volksrepublik weniger an, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Zahlreiche Routen müssten deshalb verlegt werden. Hintergrund ist die Abschirmung von Städten und die Schließung von Fabriken, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Die drei größten Containerreedereien - Maersk, MSC und CMA CGM - haben Fahrten nach China reduziert, wie sie in den vergangenen Tagen erklärten. Das führt zu einem Rückstau, der die Branche noch länger beschäftigen dürfte.
Darauf deuten auch die Lagerbestände in Hafen von Busan in Südkorea. Dort sind 78 Prozent der Lagerkapazitäten für Container belegt, wie ein Vertreter des Hafenbetreibers sagte. Üblicherweise sind es 70 Prozent. Sollte die Quote 80 Prozent übersteigen, sei es kaum noch möglich, den Hafen effizient zu betreiben. Einige Analysten rechnen mit Unterbrechungen bis in den März hinein.
Die Hamburger Reedereien Hapag-Lloyd und Hamburg Süd gaben den Deutschen Wirtschaftsnachrichten eine Einschätzung der Lage:
„Ja, wir haben im Zuge des Chinesischen Neujahrsfestes und dessen Verlängerung sowie des Coronavirus unsere Frequenz um einzelne wöchentliche Abfahrten reduziert. Nähre Details finden Sie auf unserer Website“, sagte ein Sprecher von Hapag-Lloyd. Anders sieht es dagegen beim Konkurrenten Hamburg Süd aus: „Die Hamburg Süd und Maersk verfügen über einen gemeinsamen Flottenpool. Die roten Hamburg Süd-Schiffe werden hauptsächlich in den Nord-Süd-Verkehren von Europa und Nordamerika nach Südamerika eingesetzt, wo die Anzahl der Abfahrten regulär ist. Im globalen Ost-West-Verkehr werden hauptsächlich sehr große Schiffe der Maersk-Flotte sowie des Allianzpartners MSC eingesetzt. Hier ist die Anzahl der Abfahrten derzeit reduziert. Hierzu muss man jedoch insgesamt wissen, dass während und nach dem Neujahrsfest in China die Abfahrten jedes Jahr reduziert werden, da die Fabriken in China in diesen Wochen geschlossen sind und weniger Exportvolumen anfällt. Durch die Maßnahmen der chinesischen Regierung gegen die Corona-Ausbreitung – etwa die Verlängerung der Neujahrsferien – verlängert sich auch diese so genannte Slack Season.“
Zu den allgemeinen Auswirkungen des Coronavirus auf das Geschäft äußerten sich beide Reedereien zurückhaltend: „Was Transportvolumina angeht, können wir Ihnen leider keine konkreten Zahlen mit auf den Weg geben. Die Auswirkungen des Coronavirus ließen sich ohnehin nur schwer isoliert betrachten, da wir ja auch den Chinese New Year-Effekt haben und grundsätzlich viele Faktoren auf die Nachfrage sowie die Transportvolumina wirken“, sagte Hapag-Lloyd. „Die Auswirkungen in unseren Büros in China sind überschaubar. Die Büros sind zwar derzeit noch geschlossen, werden aber am Montag, den 17. Februar, wieder regulär geöffnet. Bis dahin sind die Mitarbeiter mobil zu erreichen und arbeiten von zu Hause. In manchen chinesischen Häfen staut sich derzeit die Import-Abfertigung, zum Beispiel in Shanghai und Xingang, von Kühlladung, die deshalb teilweise umgeleitet werden muss, da in den Häfen keine ausreichende Anzahl an Reefer-Plugs frei ist. Das bedeutet zusätzliche organisatorische Aufwände und auch Kosten für die Kunden“, sagte eine Sprecherin von Hamburg Süd.
Die in Agenturberichten geäußerte Verlagerung der China-Aktivitäten nach Südkorea sehen beide Reedereien kritisch: „Die Hamburg Süd ist zwar auch in Nachbarländern Chinas wie Süd-Korea präsent, aber die Umleitung der Kühlladung macht nur Sinn, wenn der Kunde als Eigentümer der Ladung dort auch alternative Verwendung für die Ware hat. Man würde hier eher versuchen, auf andere chinesische Häfen auszuweichen oder die Kühlcontainer in Inland-Depots zwischenzulagern, wo ausreichend Steckdosen (Plugs) vorhanden sind. In Hong Kong ist dies derzeit zum Beispiel der Fall.“
„Bei diesem Punkt stellt sich uns die Frage, wie ein Hafen in Südkorea als Ersatzziel für chinesische Häfen praktikabel sein soll – insbesondere wenn man sich den Transport von Südkorea an die Destination in China anschaut. Jedoch konnten wir bereits im letzten Jahr die Verschiebung von Handelsströmen nach Südostasien/Indochina im Zuge des Handelskonfliktes zwischen China und den USA beobachten“, heißt es bei Hapag-Lloyd.