Deutschland

Mehr als eine Million Senioren werden Grundrente bekommen

Etwa 1,3 Millionen Menschen sollen ab kommendem Jahr eine Grundrente erhalten. Doch nur bestimmte Rentner erhalten den vollen Aufschlag.
03.03.2020 16:50
Lesezeit: 2 min
Mehr als eine Million Senioren werden Grundrente bekommen
Nur bestimmte Rentner erhalten den vollen Aufschlag bei der Grundrente. (Foto: dpa) Foto: Jens Wolf

Die Renten von rund 1,3 Millionen Menschen mit kleinen Bezügen sollen ab kommendem Jahr aufgebessert werden. Nach monatelangem Streit beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch dafür den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Grundrente. Wer mindestens 33 Jahren Beiträge für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege geleistet hat, soll davon profitieren können. Im Startjahr 2021 soll die Grundrente die Steuerzahler 1,3 Milliarden Euro kosten.

Die maximale Höhe des Aufschlags soll laut Arbeitsministerium bei mehr als 400 Euro liegen. Im Schnitt beträgt sie 83 Euro. Damit die Pläne Gesetz werden, müssen Bundestag und Bundesrat noch zustimmen.

Heil sprach von der wohl größten sozialpolitischen Reform dieser Legislaturperiode. Leistungsträger verdienten nach Jahren harter Arbeit zu geringem Lohn "mehr als warme Worte". Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) machten bei einem gemeinsamen Auftritt mit Heil den "breiten Konsens in der CDU" zum dem Kompromiss deutlich, wie Spahn sagte. "Es ist ein Baustein, der in unserem Sozialstaat noch gefehlt hat", betonte Seehofer.

Bereits im vergangenen Frühjahr hatte Heil Pläne für die Grundrente vorgelegt. Der Union gingen diese zu weit. Über Monate stritten und verhandelten die Koalitionspartner. Dabei ging es vor allem darum, ob es eine Bedürftigkeitsprüfung geben soll. Nicht geprüft werden soll nun das Vermögen möglicher Grundrentenbezieher - aber ihr Einkommen.

Den vollen Aufschlag erhält nur, wer als Rentner maximal 1.250 Euro pro Monat verdient. Bei Ehepaaren und Lebenspartnern liegt die Grenze bei 1.950 Euro. Bei Einkommen über dieser Grenze sinkt die Grundrente.

"Uns war es wichtig, dass die Grundrente möglichst zielorientiert genau diejenigen erreicht, die lang und viel in ihrem Leben gearbeitet haben und trotzdem zu oft nicht über die Runden kommen", so Spahn. Er räumte ein, mit den Prüfungen sei auch Aufwand verbunden. Heil betonte, die geplante automatische Übermittlung von Daten der Finanzämter an die Rentenversicherung solle schnell aufgebaut werden. Die Grundrente solle am 1. Januar starten können. Die Deutsche Rentenversicherung meldete Zweifel an dem Zeitplan an: Der Aufwand für Prüfungen und Ermittlungen sei erheblich.

Den Gewerkschaften und Sozialverbänden gehen die Pläne nicht weit genug, die Arbeitgeber lehnten sie ab. Der IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Grundrente schiebe der "himmelschreienden Ungerechtigkeit" kleiner Renten nach langer Arbeit einen Riegel vor. "Die Ursache für Altersarmut wird damit aber nicht beseitigt, nämlich niedrige Löhne." DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach von einem "akzeptablen Kompromiss".

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer kritisierte, der Beschluss helfe nicht gezielt gegen Altersarmut. Die Chefin des Verbands Die Jungen Unternehmer, Sarna Röser, sagte der dpa: "Es ist unverantwortlich, dass immer mehr Lasten auf die Schultern der Beitrags- und Steuerzahler und der jungen Generation abgeladen werden."

Die Diakonie lobte hingegen: "Vielen Rentnerinnen und Rentnern bleibt zukünftig der Gang zum Sozialamt erspart." Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, forderte aber, dass schon nach 30 Jahren mit Beiträgen Grundrente fließt. Der Sozialverband Deutschland verlangte zudem, Zeiten der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen.

Kritik kam auch aus der Opposition. Von einem "bürokratischen und stumpfen Schwert im Kampf gegen Armutsrenten" sprach der Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald. Der FDP-Politiker Johannes Vogel kritisierte zudem Ungerechtigkeiten: Bei der Einkommensprüfung werde zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren unterschieden.

Spahn und andere Unionspolitiker pochten darauf, nun müsse die zur Finanzierung geplante Finanztransaktionssteuer realisiert werden. Ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte, "dass wir sehr zuversichtlich sind, dass sie kommt".

Im Gesetzespaket zur Grundrente sind auch Regeln enthalten, die Menschen mit besonders geringem Lohn Altersbezüge über der Grundsicherung bringen sollen. So soll es einen Freibetrag in der Grundsicherung von maximal 216 Euro für jene geben, die 33 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, aber besonders wenig verdient haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt SumUp-IPO 2026: Wie SumUp-Gründer Daniel Klein eines der größten Fintechs Europas an die Börse bringt
19.12.2025

Ob Taxi oder Dönerbude: Die kleinen weißen SumUp-Terminals haben die Kartenzahlung in deutschen Kleinstbetrieben etabliert. Nun führt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verbrenner-Aus: EU lockert Vorgaben und setzt den Fokus auf Unternehmen und Hersteller
19.12.2025

Die Europäische Kommission richtet ihre Verkehrsklimapolitik neu aus und verändert damit die Rahmenbedingungen für Industrie und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose 2026: Kurs erholt sich – Experten streiten über den weiteren Weg
19.12.2025

Der Bitcoin-Kurs schwankt, die Jahresendrally bleibt aus – und doch überbieten sich Experten mit kühnen Zielen. Zwischen 87.900 Dollar...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt die besten Dividenden-Aktien kaufen: Diese Titel überzeugen Experten von Morningstar
19.12.2025

Dividenden gelten für viele Anleger als stabiler Ertragsanker in unsicheren Marktphasen. Doch woran lässt sich erkennen, welche...

DWN
Politik
Politik E-Autos: Kfz-Steuerbefreiung bei Elektroautos bis 2035 verlängert
19.12.2025

Elektroautos sollen länger steuerfrei bleiben – doch die neuen Regeln haben einen Haken. Ein Beschluss im Bundesrat verschiebt Fristen,...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Finanzierung bis 2027: EU einigt sich auf 90 Milliarden Euro – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...

DWN
Politik
Politik Pendlerpauschale rauf, Mehrwertsteuer runter: Bundesrat billigt Steuerpaket
19.12.2025

Der Bundesrat hat ein Steuerpaket auf den Weg gebracht, das Pendler, Gastronomie und Ehrenamt spürbar berührt. Hinter der Entlastung...

DWN
Finanzen
Finanzen Schluss mit Spekulation: In welche Kryptowährung investieren?
19.12.2025

Tausende Kryptowährungen konkurrieren um Aufmerksamkeit. Doch nur wenige haben echtes Potenzial. Diese Analyse zeigt, wie sich seriöse...