Politik

AfD-Spitze setzt kompletten Landesvorstand im Saarland ab

Paukenschlag an der Saar: Der AfD-Bundesvorstand setzt den Landesvorstand der Partei im Saarland ab. Die Vorwürfe wiegen schwer. Der Saar-AfD-Chef will sich das Absägen nicht gefallen lassen.
31.03.2020 15:09
Lesezeit: 1 min
AfD-Spitze setzt kompletten Landesvorstand im Saarland ab
Jörg Meuthen ist Bundessprecher und Alice Weidel Vize-Bundessprecherin der AfD. (Foto: dpa) Foto: Stefan Puchner

Die AfD-Bundesspitze hat den saarländischen Landesvorstand unter Führung von Josef Dörr mit sofortiger Wirkung abgesetzt. Grund seien "schwerwiegende Verstöße gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei", begründete der Bundesvorstand seinen Beschluss vom Dienstag. Im Bundesvorstand sitzen Jörg Meuthen, Alice Weidel, Tino Chrupalla, Stephan Brandner, Beatrix von Storch, Klaus-G. Fohrmann, Carsten Hütter, Joachim Kuhs und fünf weitere Beisitzer.

Der Landesverband der Saar soll vorerst von einem Notvorstand geleitet werden, der aus den Bundesvorstandsmitgliedern Carsten Hütter, Joachim Paul und Stephan Protschka besteht. Ein Antrag dazu werde an das zuständige Schiedsgericht der Partei gestellt, teilte die AfD in Berlin mit.

Die Absetzung begründete die AfD-Bundesvorstand unter anderem damit, der saarländische Vorstand habe "den Prozess der Mitgliederaufnahme dadurch manipuliert, dass er Aufnahmeanträge nicht bearbeitet, bewusst erheblich verzögert oder Aufnahmen missbräuchlich durch Ausübung seines Widerspruchsrechts" vereitelt habe, so die dpa. Zudem habe er "durch seine Mitglieder zielgerichtet Delegiertenwahlen in den Kreisverbänden manipuliert".

Saar-Vorsitzender Dörr bezeichnete den Beschluss des Bundesvorstandes als "absolut hirnrissig" und kündigte Widerstand an: Er werde "alle rechtlichen Möglichkeiten" ausschöpfen. "Die Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen. Wir haben alles schon widerlegt", sagte der 81-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. Zur Begründung der Absetzung sagte er: "Das ist lächerlich. Wir nehmen nur keine Mitglieder auf, die wir nicht kennen." Dörr ist seit 2015 AfD-Landeschef und seit 2017 Fraktionsvorsitzender im Landtag.

Für den Beschluss stimmten per Telefonkonferenz zehn Mitglieder des Bundesvorstandes. Drei Teilnehmer des Spitzengremiums enthielten sich der Stimme. Nach Einschätzung des saarländischen AfD-Bundestagsgeordneten Christian Wirth landet das Verfahren beim Bundesschiedsgericht. Der Bundesvorstand habe sich seine Entscheidung auf der Grundlage von vielen Unterlagen der vergangenen Jahre "reiflich" über mehrere Sitzungen überlegt, sagte er.

In der AfD-Saar tobt seit Jahren ein Machtkampf. Einer der Kritiker von Dörr, der AfD-Landtagsabgeordnete Lutz Hecker, sagte zum Beschluss: "Ich halte die Entscheidung für absolut notwendig. Leider kommt sie sehr spät." Es werde nun "sehr schwierig" werden, den Landesverband rechtzeitig zur Vorbereitung der Bundestagswahl wieder "handlungsfähig" zu machen. Die AfD hat im Saarland laut Dörr rund 480 Mitglieder.

Der Parteivorstand kündigte an, er werde die Ordnungsmaßnahme dem nächsten Bundesparteitag zur Überprüfung vorlegen. Wann dieser Parteitag stattfinden wird, ist allerdings offen. Ein für Ende April geplanter Bundesparteitag war wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden.

Der AfD-Bundesvorstand hatte im Frühjahr 2016 schon einmal eine Auflösung an der Saar beschlossen - wegen angeblicher Kontakte des Landesverbandes zu Rechtsextremen. Das Bundesschiedsgericht hatte im Oktober 2016 den Antrag abgelehnt: Eine Auflösung des Landesverbandes sei unverhältnismäßig, hieß es damals.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheidung: Leitzinsen der Eurozone bleiben erneut unverändert
18.12.2025

Die EZB-Zinsentscheidung ist gefallen: Wie erwartet lassen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank den Leitzins für die Eurozone...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Urbane Zukunft – von Smart-Cities bis hin zu futuristischen Utopien
18.12.2025

Städte entscheiden, wie Freiheit, Wohlstand und Klimaschutz in der nahen Zukunft zusammengehen. Zwischen Sensoren, Sanierungswellen und...

DWN
Technologie
Technologie SMR in Schweden: Blykalla sichert fast 48 Mio Euro für KI-Energie
18.12.2025

Blykalla sammelt fast 48 Millionen Euro für kleine modulare Reaktoren (SMR) ein. Investoren aus Schweden, den USA und Japan setzen auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuersenkung in Restaurants: Warum Gäste kaum profitieren
18.12.2025

Die Politik senkt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie - wird der Restaurantbesuch damit endlich wieder erschwinglicher? Wohl kaum....

DWN
Politik
Politik Trumps Rede an die Nation: Eigenlob und Schweigen im Walde
18.12.2025

Zwischen Weihnachtsbäumen und Selbstlob inszeniert Donald Trump seine Rede an die Nation als Erfolgsgeschichte. Er verspricht...

DWN
Politik
Politik EU-Gipfel in Brüssel: Streit um russisches Vermögen und Mercosur-Freihandelsabkommen
18.12.2025

In Brüssel beginnt ein EU-Gipfel, der über Milliarden und Handel entscheidet. Es geht um festgesetztes russisches Vermögen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: Kryptowährung für den Euroraum kommt – EU-Finanzminister ebnen den Weg
18.12.2025

Die EU-Finanzminister haben sich zweieinhalb Jahre nach dem Start des Gesetzesverfahrens auf eine Kryptowährung für die Eurozone...