Technologie

Mit Bits und Bytes auf dem Acker

Die deutschen Bauern standen sowieso schon seit geraumer Zeit unter Druck. Nun hat die Corona-Pandemie ihre Probleme noch vergrößert. Doch Not macht erfinderisch.
10.05.2020 12:00
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Mit Bits und Bytes auf dem Acker
Dank neuer Technik und digitaler Planung können Prozesse weiter optimiert werden. (Foto: DJI-Agras auf Pixabay)

Noch vor kurzer Zeit hatten die deutschen Bauern riesige Probleme für die Ernte auf sich zukommen sehen. Denn die Bundesregierung hatte wegen der Corona-Pandemie für osteuropäische Erntehelfer ein Einreise-Stopp verhängt. Und gerade die Polen und Rumänen sind für die deutsche Landwirtschaft besonders wichtig, weil sie als gute Arbeitskräfte für die Spargel- und Erdbeer-Ernte gelten. Gewöhnlich kommen hunderttausende von ihnen zwischen April und Oktober nach Deutschland. Skeptiker befürchteten sogar, dass deswegen ab Mai die gesamte Obst- und Gemüseversorgung in Gefahr sei.

Doch macht Not oft erfinderisch – und bringt in diesem Fall sogar die Digitalisierung in der Branche voran: So hat das Bundesministerium für Landwirtschaft die Onlineplattform „Das Land hilft“ vorgestellt, die es in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Maschinenringe entwickelt hat – einem Verband landwirtschaftlicher Betriebe.

Diese Plattform ist eine Art Jobbörse, die Erntehelfer an Betriebe und umgekehrt vermittelt. Auf einer Karte kann man Angebote und Gesuche nach Region suchen und finden. Auf diese Weise wird versucht, Mitarbeiter zu finden, die aufgrund der Pandemie ihrer ursprünglichen Arbeit nicht nachgehen können.

Und so wie es aussieht, war der Start des Projektes ein Erfolg. Denn bereits innerhalb von nur 24 Stunden wurden 15.000 Inserate auf der Website platziert. Wenig später waren es schon 17.000. Zur Zeit der höchsten Auslastung der Plattform benötigte die Seite acht zusätzliche Server, die Microsoft in München bereitstellt.

„Der Ansturm und die Resonanz waren groß“, erklärt Erwin Ballis, der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Maschinenringe, der die Idee für dieses Projekt hatte. Sein Team hatte die Plattform innerhalb von nur sechs Tagen aufgebaut. Ein bayerisches Software-Unternehmen unterstützte die Kollegen beim Programmieren. Die Website basiert auf einer Vorgänger-Plattform – einer ehemaligen Futtermittelbörse.

Diese neue Website, die aus der Not geboren worden ist, zeigt, wie wichtig für die Bauern die Digitalisierung ihrer Industrie ist. Das ist auch eine wichtige Aussage einer Analyse, die das Finanzinstitut DZ Bank herausgegeben hat. Die Fachleute haben festgestellt, dass die Landwirte gerade durch besondere Digitalisierungsprojekte, die sie in den vergangenen Jahren in Angriff genommen haben, ihre Produktivität steigern konnten.

Grundsätzlich stehen die Höfe unter Druck – und zwar unter anderem deswegen, weil ihre Produkte im internationalen Vergleich verhältnismäßig teuer sind. Deshalb benötigen die Landwirte verstärkt moderne digitale Lösungen, damit ihre Betriebe konkurrenzfähig bleiben.

„Die Bauern haben immer moderne Maschinen eingesetzt, deren technische Ausstattung immer besser geworden ist“, so der Ton der Studie. Letztlich habe damit auch der auf den ersten Blick vielleicht etwas „altmodisch“ erscheinende Agrarsektor vom Siegeszug der Digitalisierung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten profitiert, berichten die Fachleute der Bank und sprechen sogar vom „digital farming“ und „smart farming“, das zunehmend in den Höfen Einzug gehalten habe.

Hintergrund: Die Hofzahlen sind unter anderem aufgrund des internationalen Wettbewerbs in den vergangenen Jahren stark gesunken und liegen derzeit bei etwa 267.000. Trotzdem war die Nachfrage nach Nahrungsmitteln stabil. Deswegen war es besonders wichtig, dass sich die Produktivität jedes einzelnen Hofes verbessert hat. Doch nicht nur aufgrund der Digitalisierung hat sich die Effizienz jedes einzelnen Betriebes erhöht. Darüber hinaus waren technische Fortschritte bei der Düngung und der chemischen Schädlingsbekämpfung zu beobachten, die den Betrieben wichtige Impulse gegeben haben.

Eine besonders wichtige technische Neuerung ist das GPS, das in den Landmaschinen eingesetzt wird. Diese Technik erlaubt den Landwirten etwa eine zentimetergenaue Steuerung ihrer Traktoren und Mähdrescher. Das vermeidet doppelte Wege und erleichtert den optimalen Einsatz der Maschinen.

Der Landwirt kann zudem über Wetter- und Bodendaten, die beispielsweise Informationen über die Feuchtigkeit oder den Nährstoffgehalt erteilen, gleichermaßen die Pflanzung, die Düngung, die Bewässerung und die Ernte optimieren. Damit wird der Ernteertrag vergrößert. Zusätzlich verringern sich der Zeitaufwand sowie die Kosten – beispielsweise für Treibstoff, Samen und für Düngemittel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Gefälschtes Gold: So schützen sich Anleger vor wachsenden Risiken
14.09.2025

Vertrauen allein reicht nicht: Jeder zwanzigste Käufer von Goldbarren wird getäuscht. Wir zeigen, wie Sie gefälschtes Gold erkennen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmenskrise: Generationenwechsel gefährdet deutschen Mittelstand
14.09.2025

Noch nie wollten in Deutschland so viele Unternehmensinhaber ihr Unternehmen an eine jüngere Generation abgeben oder ihren Betrieb...

DWN
Technologie
Technologie DNA-Datenspeicherung: Litauen präsentiert Technologie der Zukunft
14.09.2025

Ein litauisches Startup will Daten in DNA speichern – kompakt, langlebig, ökologisch. Die Technologie könnte Server und Clouds bald...

DWN
Politik
Politik Bahnverbindung nach Aserbaidschan: Türkei baut Teil der Neuen Seidenstraße für 2,4 Milliarden Euro
14.09.2025

Die Türkei baut eine 224 Kilometer lange Bahnverbindung nach Aserbaidschan – als Teil der Neuen Seidenstraße. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China jenseits der Schlagworte: Ein Insider berichtet – Megastädten und ländliche Transformation
14.09.2025

Uwe Behrens hat 27 Jahre in China und Indien gelebt und gearbeitet – lange bevor Schlagworte wie „Belt and Road Initiative“ bekannt...

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...