Weltwirtschaft

Zuviel Angebot, zu wenig Nachfrage: Kapazitätsgenzen bei der Lagerung von Öl sind erreicht

Lesezeit: 2 min
10.04.2020 14:52  Aktualisiert: 10.04.2020 14:52
Die Kapazitätsgrenzen bei der Lagerung der Ölvorräte sind weltweit aufgrund der geringen Nachfrage und einer anhaltenden hohen Öl-Produktion erreicht.
Zuviel Angebot, zu wenig Nachfrage: Kapazitätsgenzen bei der Lagerung von Öl sind erreicht
Ölpumpen stehen im Sonnenuntergang auf einem Ölfeld bei Los Angeles. (Foto: dpa)
Foto: epa Paul Buck

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Eine Woche nach der Meldung des größten Ölvorratzuwachses seit 2016 hat die US-Energieagentur EIA erneut schlechte Nachrichten für Ölbullen: Die Vorräte stiegen in der Woche bis zum 3. April um 15,2 Millionen Barrel. Eine Woche zuvor hatte es einen Zuwachs der Ölvorräte im Volumen von 13,8 Millionen Barrel gegeben.

Die EIA berichtete auch, dass die Benzinvorräte um 10,5 Millionen Barrel und die Vorräte an Destillatbrennstoffen um 476.000 Barrel gestiegen waren. Eine Woche zuvor stiegen die Benzinbestände um 7,5 Millionen Barrel - verglichen mit einem Rückgang des Destillatbrennstoffbestands um 2,2 Millionen Barrel.

In Bezug auf die weltweiten Lagerkapazitäten teilt UniCredit in einer Mitteilung mit: “Als Folge einer kollabierenden globalen Nachfrage und einer boomenden Ölförderung steht der Ölmarkt kurz davor, seine Kapazitätsgrenzen bei der Lagerung zu testen. Ende Mai könnten die Lagermöglichkeiten bereits weltweit erschöpft sein. Eine umfassende Vereinbarung zur Drosselung der Förderung ist notwendig, um die Preise zu entlasten und den physischen Markt zu stabilisieren. Wir bezweifeln, dass sich die OPEC+ und andere G-20-Mitglieder glaubwürdig zu einer Förderkürzung um 10 mb/d verpflichten können (auf Basis der Förderung im April oder 5 mb/d auf Basis der Zahlen für das 1Q20). Eine Drosselung um 8 mb/d ist wahrscheinlicher und könnte den Brentpreis bei etwa USD 35-40/bbl stabilisieren.”

Die Welt werde von Erdöl überflutet. Der Preiskrieg zwischen Russland und Saudi-Arabien in Verbindung mit dem Zusammenbruch der weltweiten Nachfrage infolge der Corona-Krise habe nicht nur mehr Erdöl auf den Markt gebracht, als die Weltwirtschaft aufnehmen kann, sondern führe auch zu einem Überschuss an Rohöl, der das Fassungsvermögen der Tanks an ihr Limit bringen dürfte, so UniCredit. Dies sei das erste Mal in der Geschichte, dass Ölproduzenten dabei sind, die Grenzen der Lagerkapazität der Ölindustrie zu testen.

Ohne eine umfassende Vereinbarung, die die Förderung für den Rest des Jahres erheblich einschränkt, werde so viel Rohöl den Markt überschwemmen, dass die Spotpreise für Brent weiter fallen werden, während die Futures-Kurve durch den starken Anstieg der Lagerkosten vermutlich steiler werden wird. Die Bank wörtlich: “Geht man von einer unveränderten Nachfrage aus, würde es nur sechs Monate dauern, bis die verbleibende Speicherkapazität erschöpft ist. Da der Ausbruch von COVID-19 jedoch einen sehr hohen Tribut an die Wirtschaftstätigkeit fordert, könnten die Produzenten schon Ende Mai nicht mehr wissen, wo sie ihr Erdöl unterbringen sollen, wenn man von einem Nachfragerückgang für das 2Q20 von 10 mb/d ausgeht.”

Die dpa teilt mit: “Der Nachfrageausfall infolge der Corona-Epidemie hält derweil an. Marktbeobachter sprachen in einigen Weltregionen von einem Rückgang um 70 Prozent. In den USA werden zur Zeit laut Angaben der Regierung nur noch 14,4 Millionen Barrel am Tag nachgefragt, das wäre das niedrigste Niveau seit 1990. Der starke Einbruch der Nachfrage aufgrund der Beschränkungen in zahlreichen Ländern zeige sich laut Aussage von Händlern auch in der Gesamtschau: Normalerweise verbrauche die Welt ungefähr 100 Millionen Barrel Öl am Tag, einige Händler sprachen zuletzt nur noch von 65 Millionen Barrel täglich.”

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Kommt die Wegzugsbesteuerung für deutsche Fondsanleger? Neues Hindernis gegen die Abwanderung ins Ausland beschlossen
23.11.2024

Eine geplante Wegzugsbesteuerung bei Investmentfonds soll zunehmende Abwanderung von Geld und Fachkräften aus Deutschland stoppen! Wie die...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
23.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
23.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Panorama
Panorama 2050: Was erwartet Kinder in der Zukunft?
23.11.2024

Klimawandel, technologische Entwicklungen und demografische Veränderungen werden das Aufwachsen von Kindern in der Zukunft prägen, so die...

DWN
Technologie
Technologie Elektrifizierung: Wind und Solar boomen, doch Kohle bleibt der weltweit bedeutendste Energieträger
23.11.2024

Der Ausbau emissionsfreier Energieerzeugungskapazitäten schreitet in Rekordtempo voran. Doch auch die Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung...

DWN
Panorama
Panorama Plastikmüll bekämpfen: UN-Abkommen soll globale Umweltverschmutzung eindämmen
23.11.2024

Plastikmüll ist eine wachsende Gefahr für Umwelt und Meere. Forschende aus den USA zeigen, wie vier Maßnahmen den falsch entsorgten...

DWN
Politik
Politik Deutschland prüft Vorgehen nach Haftbefehl für Netanjahu
23.11.2024

Die Bundesregierung steht nach dem Haftbefehl gegen Israels Regierungschef vor einem Dilemma. Noch ist offen, wie sie sich positioniert....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Regierung: Google muss Chrome-Browser verkaufen
23.11.2024

Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Webbrowser Chrome trennen muss. Das...