Finanzen

Gold-ETFs sind kein Schutz gegen eine Bankenkrise

In den letzten Wochen haben Gold-ETFs weltweit Zuflüsse in Rekordhöhe verzeichnet. Doch aufgrund ihrer Struktur bieten sie im Falle einer Finanzkrise voraussichtlich keinen Vermögensschutz.
21.04.2020 17:27
Aktualisiert: 21.04.2020 17:27
Lesezeit: 3 min
Gold-ETFs sind kein Schutz gegen eine Bankenkrise
Ein Mann hebt einen 12,5 Kilo schweren Goldbarren der Deutschen Goldreserve an, der in einer Vitrine gesichert ist. Die Ausstellung "Wir Kapitalisten - Von Anfang bis Turbo" ist - soweit Corona es wieder zulässt - noch bis 12. Juli in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Laut den neuesten Zahlen des World Gold Council (WGC) halten die weltweiten Gold-ETFs derzeit knapp 3.300 Tonnen Gold. Damit verwalten sie ein Vermögen von insgesamt 180 Milliarden Dollar - ein historischer Rekordstand. Die Zuflüsse von Gold in ETFs haben eine beträchtliche Wirkung auf den Weltgoldmarkt insgesamt, da sie die Gesamtnachfrage nach Gold erhöhen.

Allein im März erreichten die globalen Goldzuflüsse in ETFs netto 151 Tonnen. Auch das Handelsvolumen mit Gold-ETFs erreichte Rekordhochs, da die Volatilität beim Gold im März so stark war wie zuletzt während der Finanzkrise. Dabei verzeichneten die europäischen ETFs mit einem Plus von 84 Tonnen Gold die größten absoluten Zuflüsse. Die Bestände der börsengehandelten Gold-Fonds in Nordamerika wuchsen um 57 Tonnen, die Bestände in Asien (vor allem in China) um 4,9 Tonnen und in den anderen Regionen um 4,7 Tonnen.

Der World Gold Council, der führende Branchenverband der globalen Goldbergbauindustrie, sieht zwei entscheidende Gründe für die starke Nachfrage nach Gold im Allgemeinen und nach Gold-ETFs im Speziellen. Beide Gründe werden nach Ansicht des Verbands auch weiter anhalten. Dies ist zum einen die weit verbreitete Marktunsicherheit im Hinblick auf die Folgen der Corona-Krise. Zum anderen wird das Halten von Gold attraktiver, wenn die Zinsen niedrig oder gar null sind.

"Da die Fed die Zinssätze auf absehbare Zeit bei Null belassen wird, könnte Gold gut abschneiden, da es dazu neigt, in Zeiten einer Lockerung der Geldpolitik eine besser Performance zu erzielen", so der World Gold Council. Darüber hinaus könnten sich massiven staatlichen Ausgaben im Corona-Kampf als inflationär erweisen - "eine Entwicklung, die den Goldpreis auf lange Sicht stützen könnte".

Die starken weltweiten Zuflüsse von Gold in die ETFs im März werfen jedoch Fragen auf. Denn seit Ausbruch der Corona-Krise herrscht weltweit eine drastische Knappheit an physischem Gold (und noch stärker an physischem Silber). Diese Knappheit ist vor allem eine Folge der starken Nachfrage. Und es kommt hinzu, dass zahlreiche Gold-Raffinerien infolge der Corona-Maßnahmen geschlossen werden mussten.

Am stärksten ist die Goldknappheit im Einzelhandel zu spüren, wo Käufer gerade auch in Deutschland seit vielen Wochen entweder gar keine Goldmünzen und Goldbarren mehr kaufen können oder dafür massive Aufpreise auf den Spotpreis zahlen müssen. Am Dienstagnachmittag betrug der Aufpreis auf eine Krügerrand-Unzenmünze selbst beim billigsten Anbieter knapp 8 Prozent, was weiterhin unüblich viel ist.

Ein langjähriger Kritiker von Gold-ETFs ist Egon von Greyerz von Matterhorn Asset Management. Seiner Ansicht nach muss Gold, wenn man es zur Vermögenssicherung einsetzen will, in physischer Form und außerhalb des Bankensystems gehalten werden. Gold-ETFs hingegen seien eine Form von Papiergold. Das heißt: "Der Anleger verfügt über nichts anderes als einen Zettel, auf dem steht, dass er X Anteile am ETF hält."

Zudem seien Gold-ETFs eine Anlage, die innerhalb des Finanzsystems gehalten wird, sodass Anleger im Fall von Bankrotten ihre Investitionen möglicherweise nicht zurückbekommen. Nur sehr wenige ETFs würden ihre Anteile zu 100 Prozent mit physischem Gold decken. Dies habe sich in der Vergangenheit daran gezeigt, dass ETF-Zuflüsse keine entsprechenden Abflüsse aus den Raffinerien nach sich gezogen hätten.

Beim ETF-Gold handelt es sich laut von Greyerz meist nur um Buchungseinträge. Der Verwalter des größten Gold-ETFs sei die Bank HSBC, Unterverwalter seien Banken wie JPMorgan und Barclays oder die britische Zentralbank. Wenn die Fonds aufgrund von neuen Investorengeldern Gold erwerben müssen, so würden die Verwalter nur Buchungseinträge anlegen, unter Benutzung des Goldes, das sie für Zentralbanken halten.

"Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein kleinerer oder größerer Teil dieses Goldes doppelt gezählt wird und nicht nur einer, sondern mehreren Parteien gehört", so von Greyerz. Deswegen gebe es auch keine entsprechenden physischen Bewegungen auf Seiten der Raffinerien, wenn die ETFs Zuflüsse von Gold melden.

Die meisten börsengehandelten Goldfonds ermöglichen ihren Kunden auch keine physische Auslieferung ihres Goldes. Aus all diesen Gründen sei es unwahrscheinlich, dass ETF-Investoren im Falle einer schweren Finanzkrise physisches Gold oder wenigstens den baren Gegenwert "ihres" Goldes erhalten werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinsentscheid: US-Notenbank senkt Leitzins – was das für Investoren bedeutet
29.10.2025

Die US-Notenbank hat erneut an der Zinsschraube gedreht. Mitten in einer Phase politischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheit...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis stabilisiert sich nach Korrektur – Anleger hoffen auf neue Aufwärtswelle
29.10.2025

Der Goldpreis schwankt heftig – zwischen Rekorden und Rücksetzern. Nach der jüngsten Korrektur hoffen Anleger nun auf eine neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Paketbranche bereitet sich auf starkes Weihnachtsgeschäft vor
29.10.2025

Die Paketbranche steht vor der größten Bewährungsprobe des Jahres: dem Weihnachtsgeschäft. Millionen Sendungen, volle Lager, steigende...

DWN
Politik
Politik Kritische Rohstoffe: Warum die EU im Wettlauf um seltene Erden gegen China und die USA verliert
29.10.2025

Seltene Erden und kritische Rohstoffe prägen die globale Wirtschaftspolitik. Während China und die USA ihre Interessen durchsetzen,...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn-Erhöhung: Bundesregierung beschließt Anhebung in zwei Stufen – wer zahlt und wer profitiert
29.10.2025

Der gesetzliche Mindestlohn steigt deutlich – doch was bedeutet das für Arbeitnehmer, Unternehmen und Preise? Die neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: KI-Gigant Nvidia vor Sprung über 5-Billionen-Dollar-Marke
29.10.2025

Die Nvidia-Aktie steht kurz davor, eine historische Marke zu überschreiten – und die Weltbörsen staunen. Doch was steckt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparplan? Deutsche sparen viel, aber oft ohne klare Strategie
29.10.2025

Die Deutschen lieben das Sparen, doch vielen fehlt ein klarer Sparplan oder Wissen über den Vermögensaufbau. Sicherheit steht meist über...

DWN
Finanzen
Finanzen Porsche-Aktie in der Analyse: Wenn der Mythos wankt und die Rendite schmilzt
29.10.2025

Porsche schreibt fast eine Milliarde Euro Verlust – und das mitten im Strukturwandel. Der Sportwagenhersteller kämpft mit schwachen...