Politik

China setzte die EU unter Druck, um einen kritischen Bericht zu blockieren

Lesezeit: 2 min
27.04.2020 15:12  Aktualisiert: 27.04.2020 15:12
China hat versucht, einen kritischen EU-Bericht über gezielte Desinformations-Kampagnen Pekings im Zusammenhang mit dem Corona-Virus zu unterdrücken.
China setzte die EU unter Druck, um einen kritischen Bericht zu blockieren
China, Peking: Ein chinesischer Polizist steht mit einer abwehrenden Geste vor einer Flagge der Europäischen Union. (Foto: dpa)
Foto: Michael Reynolds

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

China hat der EU mehrmals mit Konsequenzen gedroht, nachdem Einzelheiten eines internen EU-Berichts bekannt wurden, in dem darauf hingewiesen wurde, dass Peking in einer “globalen Desinformationskampagne sowohl offene als auch verdeckte Taktiken” einsetzt, um von der Schuld an der Corona-Pandemie abzulenken. Die Warnungen aus Peking kamen, nachdem Politico am vergangenen Dienstag Auszüge aus dem Bericht der EU gemeldet hatte. Eine Beschwerde wurde auf der Ebene der politischen Berater beim Hauptsitz des diplomatischen Dienstes der EU in Brüssel und zwei vom chinesischen Außenministerium in Peking eingereicht, teilte europäische Beamte den Financial Times mit.

Der EU wird vorgeworfen, den Bericht nach der Intervention der Chinesen abgeschwächt zu haben. Eine EU-Sprecherin sagte: “Wir kommentieren niemals Inhalte oder angebliche Inhalte interner diplomatischer Kontakte und die Kommunikation mit unseren Partnern aus anderen Ländern.” Ein anderer EU-Beamter, Reuters, sagte, der Desinformationsbericht sei wie gewohnt veröffentlicht worden und bestritt, dass etwas davon verwässert worden sei.

Wang Lutong, der Generaldirektor des chinesischen Außenministeriums für Europa, rief Nicolas Chapuis, EU-Botschafter in Peking, an. Wang bestritt, dass China Desinformation verbreitet wurde, und sagte, er sei alarmiert über Berichte, wonach die EU eine Erklärung abgeben werde, in der er sein Land kritisiert werden soll.

Chapuis antwortete, dass es die Pflicht der EU sei, Desinformation aus China und anderen Ländern zu dokumentieren, und fügte hinzu, dass solche Aktivitäten bekämpft und gestoppt werden müssen.

Yang Xiaoguang, ein Europa-Spezialist des chinesischen Außenministeriums, hatte zuvor die EU-Botschaft in Peking vor der Veröffentlichung der Schlussfolgerungen des Desinformationsdokuments gewarnt, wie Reuters meldet. Yang sagte, die Veröffentlichung würde die Zusammenarbeit zwischen der EU und China ernsthaft beeinträchtigen und Peking “sehr enttäuscht” und “sehr wütend” machen.

Mikko Huotari, Exekutivdirektor der Denkfabrik des Mercator-Instituts für Chinesische Studien: “Sie sind seit Monaten und Jahren dabei und setzen sich jetzt verstärkt dafür ein. Sie tolerieren keine Kritik und scheinen nicht zu erkennen, dass dies von außen Auswirkungen auf sie und ihre Glaubwürdigkeit hat.”

Die EU hat am vergangenen Freitag ein Bulletin veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass China in den sozialen Medien eine verdeckte chinesische Operationen durchführt. Die Jamestown Foundation hatte im vergangenen Jahr einen Bericht zum Informationskrieg der Chinesen in den sozialen Medien veröffentlicht.

Die Welt am Sonntag berichtet, dass die chinesische Regierung deutsche Beamte in den Bundesministerien kontaktiert habe, “mit dem Zweck, öffentliche positive Äußerungen über das Coronavirus-Management der Volksrepublik China zu bewirken”. “Wenn China die Aufklärung der Herkunft des Virus verhindert, stellt sich Peking einer effizienten Bekämpfung der Pandemie in den Weg”, kritisiert auch der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour.

Die G7-Staaten und die EU-Regierungen hatten sich in den vergangenen Wochen wiederholt mit “Desinformations-Kampagnen” in der Corona-Krise befasst, die man sowohl Moskau als auch Peking vorwirft. Stein des Anstoßes sind vor allem die groß gefeierten Hilfslieferungen mit medizinischer Schutzausrüstung an Staaten weltweit, mit denen China Sympathiepunkte sammeln will. Immer wieder gibt es Berichte, dass chinesische Diplomaten im Gegenzug zu den Hilfen eine freundlichere China-Berichterstattung einforderten - und dass keine Fragen mehr nach Wuhan gestellt werden sollten. Nur sieht man dies etwa in Berlin nicht als Grund, nach Sanktionen oder Schadensersatzleistungen zu rufen, so Reuters.

Mittlerweile wurde nachgewiesen, dass chinesische Textilarbeiter das Corona-Virus nach Europa brachten. Um ja keine Kritik aufkommen zu lassen, spielt das Reich der Mitte jetzt in Europa den fürsorglichen Helfer. Doch anstatt einmal Klartext mit Peking zu reden, bleibt Europa tatenlos.

Mehr zum Thema:

China lügt: Corona-Zahlen viermal so hoch wie offiziell angegeben

Geheimpapier: Republikaner wollen US-Wahlkampf mit übler Propaganda gegen China gewinnen

Erster US-Staat verklagt China wegen Corona-Virus


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...