Unternehmen

Die Ruhe vor dem Sturm? Bislang weniger eröffnete Insolvenzverfahren trotz Corona-Krise

Noch entwickelt sich die Zahl der Insolvenzen in Deutschland moderat. Mancher Experte erwartet infolge der Corona-Krise jedoch eine Welle von Firmenpleiten.
11.05.2020 13:05
Lesezeit: 2 min
Die Ruhe vor dem Sturm? Bislang weniger eröffnete Insolvenzverfahren trotz Corona-Krise
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Die Vollbremsung für die Wirtschaft wegen der Corona-Pandemie lässt die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland bislang nicht explodieren. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts nahm die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren im März 2020 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,6 Prozent zu. Im April sei die Zahl der eröffneten Verfahren dagegen deutlich um 13,4 Prozent gesunken, teilte die Wiesbadener Behörde am Montag mit.

"Die durch die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu deren Eindämmung verursachte wirtschaftliche Krise spiegelt sich im März und April somit nicht in einem Anstieg der eröffneten Insolvenzverfahren wider", zitiert die dpa die Statistiker. Dies sei jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht überraschend: Denn Unternehmen, die wegen der Corona-Krise zahlungsunfähig werden, hat der Gesetzgeber vorübergehend von der Pflicht zum Insolvenzantrag befreit. Zudem kann die Bearbeitung von Anträgen in manchen Gerichten derzeit länger dauern, weil auch dort der Betrieb teilweise nur eingeschränkt läuft.

Die Statistiker rechnen nicht damit, dass sich die amtlichen Zahlen, die das Bundesamt jeweils etwa zwei Monate später veröffentlicht, deutlich von der Schätzung unterscheiden werden. Über die Hälfte der Regelinsolvenzverfahren sind nach Angaben des Bundesamtes Unternehmenspleiten.

Daten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zufolge meldeten im März und April 1936 Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland Insolvenz an - und damit genauso viele wie im Vorjahreszeitraum. Grund zur Entwarnung sei dies jedoch nicht, hatte IWH-Experte Steffen Müller in der vergangenen Woche mitgeteilt: "Zum einen verfügen viele Unternehmen über Reserven und melden nicht sofort bei Ausbruch einer Krise Insolvenz an. Zum anderen dürften staatliche Maßnahmen geholfen haben, eine Pleitewelle zumindest aufzuschieben."

Der Kreditversicherer Euler Hermes rechnet mit einem starken Anstieg der Zahlen. Weltweit dürften die Insolvenzen in diesem Jahr um 20 Prozent steigen, heißt es in einer Analyse der Allianz-Tochter. Haupttreiber seien die USA mit einem Anstieg von 25 Prozent und Europa mit 19 Prozent mehr Insolvenzen. Für Deutschland erwartet Euler Hermes mindestens zehn Prozent mehr Pleiten als im Vorjahr.

Die deutschen Unternehmen würden durch die staatlichen Hilfen stabilisiert, sagte der Deutschland-Chef von Euler Hermes, Ron van het Hof. "Die Kehrseite dieser Medaille ist allerdings, dass die Schuldenlast für viele Unternehmen deutlich größer sein wird als vorher." Der Schuldenberg müsse auch wieder abgebaut werden. Im Euroraum gebe es bereits schätzungsweise 13 000 "Zombie-Unternehmen", die sich nur dank des Zinstiefs über Wasser halten könnten. "Doch durch Corona könnte es für viele eng werden", sagte van het Hof.

Amtliche Insolvenzzahlen liegen für Februar vor: In dem Monat, der von den Kontaktbeschränkungen in der Corona-Krise noch unbeeinflusst war, meldeten die deutschen Amtsgerichte 1529 Firmenpleiten. Das waren nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 3,2 Prozent weniger als im Februar 2019. Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Gerichte auf knapp eine Milliarde Euro. Ein Jahr zuvor waren es zwei Milliarden Euro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prognose: Startet die deutsche Wirtschaft 2026 endlich durch?
25.12.2025

Drei Jahre Flaute, kaum Wachstum – doch 2026 könnte die deutsche Wirtschaft endlich drehen. Prognosen deuten auf leichte Erholung,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Zahlungen per Smartphone steigen sprunghaft an
25.12.2025

Immer mehr Menschen zücken zum Bezahlen das Smartphone. Hinter den allermeisten Transaktionen stecken heute noch Debitkarten. Das könnte...

DWN
Finanzen
Finanzen Bankenpleite: Was passiert mit meinem Geld?
25.12.2025

Es ist eine tiefe Angst vieler Menschen – die eigene Bank, der man sein Erspartes anvertraut hat, geht bankrott. Erfahren Sie hier, wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Stablecoins vs. Digitaler Euro: Wie digitales Geld den globalen Zahlungsverkehr verändert
25.12.2025

Digitale Zahlungsmittel gewinnen zunehmend an Bedeutung und verändern, wie Geld transferiert und gespeichert wird. Stablecoins dringen in...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Debt im Fokus: Steigt das Risiko einer Finanzkrise an den US-Börsen?
25.12.2025

Die jüngsten Insolvenzen in der Autoindustrie haben an den internationalen Finanzmärkten eine neue Debatte über versteckte Risiken im...

DWN
Panorama
Panorama Initiative Jobsuche: Weshalb die Weihnachtszeit perfekt ist
25.12.2025

Während viele glauben, der Arbeitsmarkt schlummere zum Jahresende, öffnen sich gerade jetzt heimlich Türen. Eine erfahrene Coachin...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Tech-Aktien: Tech-Konzerne überflügeln Börsen und gewinnen neue Dominanz
25.12.2025

Die rasant steigenden Bewertungen der US-Techkonzerne verschieben die Kräfteverhältnisse an den globalen Finanzmärkten. Doch wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...