Chinas Volkskongress hat die Pläne für ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt. Zum Abschluss ihrer Jahrestagung beauftragten die Abgeordneten den Ständigen Ausschuss des Parlaments, das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Chinas Sonderverwaltungsregion zu erlassen, berichtet die dpa.
Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament und richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv, separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Das Vorhaben wäre der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie, wo es über Monate starke gegen China gerichtete Demonstrationen und gewaltsame Ausschreitungen gab. Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenständiges Territorium regiert, ist aber völkerrechtlich Teil Chinas und Peking bestimmt zudem die Außen- und Sicherheitspolitik Hongkongs.
Die Umgehung des Hongkonger Parlaments durch Peking wurde nötig, weil der Hongkonger Legislativrat es seit der Übergabe an China im Jahr 1997 nicht schaffte, ein in der Hongkonger Verfassung geforderte eigene Sicherheitsgesetz zu erlassen. Zuletzt wurde im Jahr 2003 ein Versuch angestrebt, dorch die Ausarbeitung eines Sicherheitsgesetzes wurde damals durch Massendemonstrationen verhindert.
Der Hauptgrund für das Sicherheitsgesetz wurzelt in der Überzeugung der chinesischen Regierung, dass die gewaltsamen, monatelangen Proteste in Hongkong - welche sich im Sommer 2019 an einem inzwischen zurückgenommenen Auslieferungsgesetz entzündet hatten - von ausländischen Geheimdiensten und Einflussgruppen geschürt und teilweise instrumentalisiert wurden. Das Gesetz wendet sich denn auch dezidiert gegen ausländische Einmischung. Zur Durchsetzung sollen «wenn nötig» sogar chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die oppositionellen Kräfte fürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden. Das geplante Gesetz «wird der chinesischen Regierung weit größere Zugriffsmöglichkeiten auf Menschen und Organisationen in Hongkong erlauben», sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. Es gebe die «berechtigte Angst», dass Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft, aber auch internationaler Austausch massiv eingeschränkt werden.
Die Pläne stoßen vor allem in westlichen Medien auf Kritik. Die Bundesregierung hat sich sehr besorgt geäußert, die US-Regierung erwägt sogar Sanktionen. So hält die US-Regierung den vorteilhaften Sonderstatus für Hongkong wegen der zunehmenden Einmischung Chinas in der Metropole nicht mehr für gerechtfertigt, wie US-Außenminister Mike Pompeo sagte. Für Hongkongs Firmen und Bürger steht dabei viel auf dem Spiel - von höheren Zöllen bis zur Visa-Vergabe für Reisen in die USA. Auch die Bedeutung des auch für China wichtigen Finanzstandortes könnte in Gefahr geraten. Details sind noch unklar.
In Asien sind die Reaktionen gemischt. So kommentiert Yonden Lhatoo in der South China Morning Post mit Blick auf die mutmaßliche Einmischung ausländischer Geheimdienste in den monatelangen massiven Protesten:
Um zu verstehen, was hier wirklich passiert, muss man sich die gesellschaftlichen Ausschreitungen und gewalttätigen regierungsfeindlichen Proteste im vergangenen Jahr anschauen – im Kontext der Beschwerden Pekings hinsichtlich der Einmischung der „Schwarzen Hand“ in Hongkongs Angelegenheiten, besonders mit Blick auf Washington, welches Hongkong als Hebel im sino-amerikanischen Machtkampf benutzt.
Dies sind keine Verschwörungstheorien, nur die direkten Provokationen der Protestler, welche die US-Flagge schwenken, die amerikanische Nationalhymne singen während sie die chinesische Flagge bespucken und auf ihr herumtrampeln und nach Präsident Donald Trump rufen, welcher die Stadt von seiner Regierung „befreien“ solle, Oppositionspolitiker erfolgreich den US-Kongress zu Strafmaßnahmen aufhetzen und während all dem amerikanische Politiker in Hongkong auftreten, um – auf chinesischem Boden – den Anti-China-Gospel zu predigen.....die Liste ließe sich noch weiterführen.
Die rund 2900 Abgeordneten in der Großen Halles des Volkes billigten auch den Haushalt mit einer starken Steigerung des Militäretats um 6,6 Prozent. Um die Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln, plant die Regierung bei fallenden Einnahmen höhere Staatsausgaben, neue Anleihen sowie eine Senkung von Steuern und Abgaben. Dafür soll das Haushaltsdefizit über die kritische Marke von drei Prozent auf mehr als 3,6 Prozent steigen. Das nicht frei gewählte chinesische Parlament hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage abgelehnt.
Aus Angst vor einem allzu großen Anstieg der Schulden und wegen der anhaltenden Ungewissheiten fallen die Maßnahmen zur Ankurbelung der zweitgrößten Volkswirtschaft nach Einschätzung von Experten geringer aus als nach der globalen Finanzkrise 2008. Erstmals seit fast zwei Jahrzehnten verzichtet die Regierung wegen der Unsicherheiten auch auf eine Zielvorgabe für die chinesische Wirtschaft. Es war im ersten Quartal um 6,8 Prozent eingebrochen. Im Vorjahr lag das Wachstum mit 6,1 Prozent innerhalb der Vorgabe von 6,0 bis 6,5 Prozent.
Die Zielvorgabe dient sonst als Rahmen für die Wirtschaftspläne der häufig planwirtschaftlich agierenden Provinzen und Kommunen. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping erläuterte in Diskussionen mit Abgeordneten, dass ein konkretes Wachstumsziel in diesem Jahr dazu führen könnte, dass zu viel Stimulusmaßnahmen ergriffen werden. Offenbar will die Regierung noch nachlegen können, falls sich die Wirtschaftskrise verschlechtert. Regierungschef Li Keqiang hatte wohl vorgegeben, dass neun Millionen neue Jobs geschaffen werden sollen. Dafür wären nach Expertenansicht rund drei Prozent Wachstum nötig.
Wegen des Ausbruchs des Coronavirus hatte die Jahrestagung im März verschoben werden müssen - erstmals in der jüngeren Geschichte der Volksrepublik. Indem die Sitzung nachgeholt wurde, demonstrierte China auch, dass es das Virus unter Kontrolle hat. Allerdings wurden strenge Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Die rund 2900 Abgeordneten wurden mindestens zweimal auf Sars-CoV-2 getestet. Viele reisten in Sonderzügen und nicht mit der normalen Bahn oder im Flieger an. Auch wurde die Tagung von sonst meist 10-12 Tagen auf eine Woche verkürzt.