Politik

China plant Gesetz für nationale Sicherheit in Hongkong

China hat ein neues Sicherheitsgesetz auf den Weg gebracht, welches das Hongkonger Parlament umgeht, um Peking weitgehende Eingriffsrechte zu geben. Nach monatelangen Protesten und Ausschreitungen ist man in Peking überzeugt, dass ausländische Kräfte in der Sonderverwaltungszone sehr aktiv sind. Hongkong dürften weitere turbulente Zeiten bevorstehen.
22.05.2020 14:07
Aktualisiert: 22.05.2020 14:07
Lesezeit: 3 min
China plant Gesetz für nationale Sicherheit in Hongkong
China, Peking: Delegierte drücken auf Abstimmungsknöpfe in der Großen Halle des Volkes. (Foto: dpa) Foto: Liu Weibing

Weiterer Ärger ist in Hongkong vorprogrammiert: Mit Sicherheitsgesetzen will die kommunistische Führung in Peking stärker als je zuvor in der halbautonomen chinesischen Sonderverwaltungsregion eingreifen, die seit einem halben Jahr Proteste gegen den Einfluss Pekings erlebt. Nicht nur soll das Hongkonger Parlament umgangen werden. Auch ist geplant, das chinesische Sicherheitsorgane “wenn nötig” eigene Außenstellen in Hongkong einrichten, “um die betreffenden Verpflichtungen zur Sicherung der nationalen Sicherheit nach dem Gesetz zu erfüllen”.

Zur Erfüllung der nationalen Sicherheit zielt das neue Gesetz insbesondere darauf ab, "Verrat, Sezession, Aufwiegelung und subversive Aktivitäten" in Hongkong zu unterdrücken. Die gut organisierten und teilweise sehr gewalttätigen Ausschreitungen in den vergangenen Monaten hatten in Peking zunehmend den Eindruck erweckt, dass neben regierungskritisch-demokratischen Oppositionsgruppen und deren legitimen Protest gegen die Führung der Sonderverwaltungszone auch ausländische Einflussgruppen und Geheimdienste die Fäden zogen.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang warb für die kontroversen Pläne, das Sicherheitsgesetz für Hongkong zu erlassen, so Bloomberg. Die prodemokratische Opposition in der chinesischen Sonderverwaltungsregion fürchtet, zum Ziel dieses Gesetzes zu werden. Es wird sich voraussichtlich gegen Aktivitäten richten, die Peking als subversiv empfindet oder die auf eine Unabhängigkeit abzielen könnten. Kritiker sehen einen Angriff auf den Grundsatz “ein Land, zwei Systeme”, nach dem die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China autonom verwaltet wird.

“Bei Bedarf werden relevante nationale Sicherheitsorgane der zentralen Volksregierung in Hongkong Agenturen einrichten, um relevante Aufgaben zur Wahrung der nationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit dem Gesetz zu erfüllen”, zitiert die BBC aus dem Gesetzesentwurf. Li Keqiang wörtlich: “Wir werden solide Rechtssysteme und Durchsetzungsmechanismen zur Wahrung der nationalen Sicherheit in den beiden Sonderverwaltungsregionen einrichten.”

Der Volkskongress soll über das Gesetz beraten und seinem Ständigen Ausschuss am Ende der Tagung am Donnerstag den Auftrag zur Verabschiedung geben. Es soll unter Anhang III des Hongkonger Grundgesetzes neben anderen gültigen nationalen Gesetzen eingefügt werden. Der Vizepräsident des Volkskongresses, Wang Chen, begründete das Vorgehen damit, dass der Hongkonger Legislativrat bis heute keine Sicherheitsgesetze verabschiedet habe, obwohl er nach Artikel 23 dazu nach dem Ende der britischen Kolonialzeit im Jahr 1997 verpflichtet gewesen sei. Die Pläne der Hongkonger Regierung zur Einführung eines eigenen Sicherheitsgesetzes waren 2003 auf Eis gelegt worden, nachdem mehr als eine halbe Million Menschen dagegen protestiert hatten.

Die chinesische Regierung veröffentlichte ihre Sicht der Dinge in einem Artikel in der Staatszeitung People's Daily, welcher am Freitagnacht veröffentlicht wurde: „Fakt ist, dass Hongkong vor 23 Jahren an China zurückgegeben wurde, aber die Ausarbeitung eines lokalen Sicherheitsgesetzes wurde ohne Fortschritte verschoben. Anti-China-Radikale haben diese Zeit häufig dazu genutzt, die Macht der Zentralregierung in Frage zu stellen und Unabhängigkeit, Sezession und aufwieglerische Tätigkeiten propagiert“, schreibt das Blatt. „Dies hat die Praxis der Losung „Ein Land, zwei Systeme“ und die Stabilität und Prosperität Hongkongs ernsthaft beeinträchtigt.“

Offenbar mit Blick auf die Proteste sagte Wang Chen, die nationalen Sicherheitsrisiken seien in Hongkong ein “herausragendes Problem” geworden. Energische Maßnahmen müssten ergriffen werden, um solche Aktivitäten “zu vermeiden, zu stoppen und zu bestrafen”. Das Gesetz soll sich auch gegen ausländische Einmischung richten. Kritiker warnen davor, dass das Gesetz einen sehr weiten Spielraum für Maßnahmen gebe. Bisher wurden Demonstranten in Hongkong unter dem Vorwurf des “Aufstands” angeklagt. Doch das neue Gesetz umfasst auch die Punkte “Verrat, Aufruhr und Subversion und sogar Terrorismus”.

Das Thema Hongkong ist längst Bestandteil der geopolitischen Auseinandersetzung zwischen den USA und China geworden. US-Präsident Donald Trump hatte im November 2019 zwei fast einstimmig vom Kongress beschlossene Gesetze unterzeichnet, welche die "demokratischen Kräfte" in der chinesischen Sonderverwaltungszone unterstützen sollen. China reagierte verärgert und sprach von "Einmischung". Nach der Unterzeichnung der Gesetze protestierte die chinesische Regierung gegen die "Einmischung in innere Angelegenheiten" und drohte mit "Gegenmaßnahmen". Mit den Gesetzen unterstützten die USA "gewalttätige Kriminelle, die unschuldige Menschen geschlagen und in Brand gesetzt" haben, sagte ein Außenamtssprecher. Er sprach von "bösen Absichten" und einem "Komplott der USA". "Wir raten den USA, nicht willkürlich zu handeln, ansonsten wird China entschieden Gegenmaßnahmen ergreifen."

Die US-Regierung hat die nun von China geplante Anordnung der Sicherheitsgesetze für Hongkong indes als "Todesstoß" für die weitgehende Autonomie der Millionenmetropole bezeichnet. Die USA verurteilten das geplante "einseitige und willkürliche" Verhängen solcher Gesetze, erklärte US-Außenminister Mike Pompeo am Freitag. Die USA forderten China auf, die "verheerenden Vorschläge" nochmals zu überdenken und sich anstatt dessen an die internationalen Vereinbarungen zu Hongkongs Sonderstatus zu halten, der Autonomie, Bürgerrechte und demokratische Institutionen garantiere, hieß es. Bedacht werden muss hierbei, dass die US-Regierung hinsichtlich anderer internationaler Vereinbarungen, aus denen sie sich in den vergangenen Jahren zurückgezogen hatte, weit weniger besorgt war. "Hongkong hat als Bastion der Freiheit floriert", erklärte Pompeo. Pompeo warnte, das Verhängen der restriktiven Sicherheitsgesetze werde auch Einfluss darauf haben, ob die USA Hongkong weiterhin einen Sonderstatus gewährten. Falls die USA Hongkong künftig schlicht als Teil Chinas behandeln sollten, könnten sich daraus erhebliche Nachteile für die Unternehmen und Bürger der Metropole ergeben.

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