Finanzen

Gigantischer Überfluss, aber keine Kaufkraft: Werft die Notenpresse an, gebt endlich Helikopter-Geld aus!

DWN-Gastautor Werner Königshofer stellt ein Konzept vor, wie die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden kann - ohne die Inflation anzuheizen.
15.06.2020 11:32
Lesezeit: 2 min
Gigantischer Überfluss, aber keine Kaufkraft: Werft die Notenpresse an, gebt endlich Helikopter-Geld aus!
Kann Helikopter-Geld die Wirtschaft wieder ankurbeln? (Foto: dpa) Foto: Andreas Arnold

Noch nie in der Geschichte gab es – zumindest in der westlichen Welt – einen derartigen Überfluss an Waren wie heute. Aber: Viele Menschen können am Konsum dieses Überflusses nur bedingt, teilweise auch gar nicht, partizipieren. Es ist geradezu pervers, dass die Geschäfte und Lager voll, die Geldbörsen der Bürger aber leer sind! Grotesk ist diese Situation vor allem deshalb, weil oft gerade diejenigen, die die Produkte erzeugen, nicht in der Lage sind, sie sich zu leisten.

Wir erleben derzeit also eine klassische Deflation, beziehungsweise sind kurz davor, sie zu erleben: Die Bürger haben zu wenig Geld gemessen an der großen Menge an verfügbaren Waren und Dienstleistungen. Nun ist eines klar: Die Notenbank kann ganz einfach die Geldmenge anheben, indem sie die Notenpresse anwirft. Aber: Das beschwört die Gefahr des Gegenteils der Deflation herauf, der Inflation. Auf einmal wäre zu viel Geld da im Verhältnis zur Menge an Waren und Dienstleistungen – der Wert des Geldes würde verfallen. Und das ist natürlich nicht Sinn der Sache. Was also tun?

„Helikopter-Banking“ lautet eine Methode, die – bildlich gesprochen – darin besteht, Geld einfach von einem Hubschrauber aus über den Menschen abwerfen, auf diese Weise breit zu verteilen und so die Deflation zu bekämpfen. Es handelt sich dabei um eine Idee von Milton Friedman, Wirtschafts-Nobelpreisträger 1976, die heute von Ben Bernanke, dem ehemaligen Chef der amerikanischen Notenbank Federal Reserve, propagiert wird. Es handelt sich um eine sinnvolle Methode, die natürlich auf so einfache Weise – also per Abwurf aus dem Hubschrauber – nicht umgesetzt werden kann. Das heißt, man muss sie in machbare Modelle umformen.

Ein solches Modell ist die Wörgler Notgeld-Idee aus den 1930er Jahren. Die dahinter steckende einfache, aber höchst wirkungsvolle Idee ist, allen Bürgern mehr Kaufkraft zur Verfügung zu stellen! Die Notenbank würde Sondergeld emittieren, das an die Bürger ausgegeben wird, wobei es in mehreren festgelegten Phasen seinen Wert reduziert – beispielsweise monatlich um zehn Prozent – damit es von den Bürgern auch tatsächlich für aktuelle Konsumzwecke ausgegeben wird. Angenommen werden dürfte es nur von inländischen Kaufleuten, Handwerkern und Dienstleistern, die es wiederum über ihre Banken mit der Notenbank rückverrechnen. Wichtig: Als Einlage darf dieses Schwundgeld von den Banken nicht angenommen werden – denn ein Gelddepot auf der Bank dient der Ankurbelung der Wirtschaft in keiner Weise.

Man stelle sich jetzt vor, jeder der knapp neun Millionen österreichischen Bürger bekäme ohne Unterschied einen Betrag von 1.000 Euro Sondergeld direkt von der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zur Verfügung gestellt. Das wäre eine Kaufkraft von knapp neun Milliarden Euro, die eine unmittelbare Konjunktur-Rakete zünden würde. EU-weit angedacht wären das 450 Milliarden Euro, die nicht über diverse Rettungsschirme den Banken und Pleite-Staaten, sondern direkt den Menschen zu Gute kämen. Die Bürger wären als Konsumenten glücklich, Handel und Gewerbe ebenso, auch der Finanzminister wegen der vermehrten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Aber auch die Notenbank, die aus dem Dilemma der Deflationsängste herauskäme, Inflationsängste jedoch nicht zu befürchten hätte, weil diese künstlich erzeugte Geldmenge schon wieder verbraucht wäre, noch bevor die Geldentwertung eine galoppierende Phase erreicht. Im Bedarfsfall wäre auch eine Wiederholung möglich!

Abschließend meine ich, dass man diese Ultima Ratio zur Lösung eines volkswirtschaftlichen Problems ernsthaft überdenken, praktisch ausformulieren und so rasch wie möglich umsetzen sollte. Denn: es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Dies gilt auch für die Geldpolitik.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...