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Lufthansa will 22.000 Stellen streichen

Lesezeit: 2 min
11.06.2020 15:58  Aktualisiert: 11.06.2020 15:58
Lufthansa und die Gewerkschaften ringen um ein Sparpaket für die angeschlagene Fluggesellschaft. Trotz Einstiegs des Staats bei der Lufthansa droht 22.000 Beschäftigten das Aus.
Lufthansa will 22.000 Stellen streichen
Ein Lufthansapilot inspiziert seine Maschine vor dem Abflug in die USA. (Foto: dpa)
Foto: Peter Kneffel

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Die Zeit drängt bis zur Hauptversammlung, die über das Rettungspaket für die Lufthansa entscheiden soll. Die Beschäftigten müssen sich auf herbe Einschnitte einstellen. Die Lufthansa bezifferte den rechnerischen Überhang auf 22.000 Vollzeitstellen, wie das Unternehmen am Mittwoch nach einem Tarifgipfel mit den Gewerkschaften Vereinigung Cockpit, Ufo und Verdi mitteilte. Zuletzt war von deutlich mehr als 10.000 Stellen die Rede. Ziel sei es, durch Kurzarbeit und Krisenvereinbarungen möglichst betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, erklärte Lufthansa.

«Ohne signifikante Senkung der Personalkosten während der Krise verpassen wir die Chance eines besseren Restarts aus der Krise und riskieren, dass die Lufthansa Group deutlich geschwächt aus der Krise hervorgeht», sagte Personal-Vorstand Michael Niggemann. Man setze alles daran, mit den Tarifpartnern bis zum 22. Juni 2020 zu konkreten Ergebnissen zu kommen.

Lufthansa rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Sie geht davon aus, dass die Flotte der Lufthansa Group nach der Krise rund 100 Flugzeuge weniger zählen wird. Hinzu kämen Überhänge in der Verwaltung und im Drittkundengeschäft der Servicegesellschaften.

Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo betonte, sie sei bereit, bis zur außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni eine Lösung zu erreichen. Zugleich forderte sie: «Die Mitarbeiter aller Airlines des Konzerns müssen einen Kündigungsschutz bekommen und daran glauben, dass das Management endlich einen gemeinsamen Kurs geht.» Ufo zufolge entspricht der rechnerische Überhang 26 000 Arbeitsplätzen.

«Es ist gut, dass wir uns heute so intensiv ausgetauscht haben. Allerdings hat es sich gezeigt, dass ein gemeinsamer Kraftakt noch in sehr weiter Ferne ist», sagte der Ufo-Vorsitzende Daniel Flohr. Ufo hat bislang eine Nullrunde für dieses Jahr und die Absenkung des Stundenzuschlags für besonders lange Flüge angeboten.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit bekräftigte ihre Bereitschaft zu Zugeständnissen in Höhe von 350 Millionen Euro. Für den einzelnen Piloten bedeute dies einen Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent. «Im Gegenzug erwarten wir einzig vom Konzernvorstand, dass er sich zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekennt», erklärte VC-Präsident Markus Wahl. Eine Verwendung des Beitrags zur Auslagerung von Arbeitsplätzen zu schlechteren Bedingungen wäre völlig inakzeptabel. Zugleich appellierte Wahl an die Aktionäre, dem Rettungspaket für die Lufthansa zuzustimmen.

Aus der Politik kommt Kritik an der Lufthansa und an den geplanten Staatshilfen. «9 Milliarden für ein Unternehmen, das 4 Milliarden wert ist und Verzicht auf jede Mitsprache. Wenn die Lufthansa 22 000 Arbeitsplätze streichen sollte, ist die Bundesregierung verantwortlich!», schrieb Linken-Parteichef Bernd Riexingerauf Twitter.

Aus Sicht von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat das Rettungspaket fatale Auswirkungen, weil es keine Sicherheiten für die Beschäftigten enthalte. Zudem seien keine harten Vorgaben zum Klimaschutz gemacht worden: «Die Bundesregierung sollte sich angesichts der neuesten Entwicklungen dringend noch einmal mit der Lufthansa an einen Tisch setzen und das Rettungspaket nachverhandeln.»

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer erklärte: «Die Bruchpiloten Altmaier, Scholz und Scheuer haben ein böses Eigentor geschossen. Durch den Staatseinstieg bei der Lufthansa wurden falsche Hoffnungen geweckt, die mit massiv geschäftsschädigenden Auflagen direkt wieder konterkariert wurden.»

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums betonte: «Das Unterstützungspaket für die Lufthansa war und ist wichtig, damit Lufthansa als zentraler deutscher Carrier erhalten bleibt. Ohne das Unterstützungspaket der Bundesregierung hätte das Unternehmen keine Zukunft.»

Die Corona-Pandemie mit den Reisebeschränkungen hatte die Geschäfte der Lufthansa mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Der Konzern benötigt daher staatliche Hilfe. Im Gegenzug für ein neun Milliarden schweres Rettungspaket einschließlich Beteiligung des Bundes an dem Unternehmen muss die Lufthansa 24 Start- und Landerechte an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.

Die Aktionäre müssen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni noch grünes Licht für Paket geben. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will der Hauptversammlung ein Sparkonzept präsentieren. Der Konzern, der im ersten Quartal einen Milliardenverlust eingeflogen hatte, beschäftigt rund 138000 Mitarbeiter.


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